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auf’s Leben Appetit

      Kolorit, Kolorit

      lässt dich fliegen, ohne Flügel

      auf ’ner Wolke, über Hügel

      ist der reinste Farbentrip

      ein Fleckchen hier, ein Kleckschen da,

      gleich fühlst du dich wunderbar.

      Und das Leben wird erträglich,

      Glück erfasst dich – schier unsäglich

      dank Kolorit, Kolorit, Kolorit.

      „Danke, das reicht!“, wurden sie von Barock unterbrochen, der noch nie ein guter Sänger war und dem beim Tanzen allein vom Zusehen schlecht wurde. Der Pinsel wirbelte die zierliche Zeichenfeder noch ein letztes Mal herum, bevor er außer Atem vor dem Zeichenblock innehielt.

      „Na, wie war ich, Barock?“, wollte Pilo wissen und warf dem Block einen erwartungsvollen Blick zu.

      „Wie eine Zahnbürste … beim Schornsteinfegen!“, nahm sich der Block kein Blatt vor den Mund, da ihm die Überheblichkeit des Borstenpinsels mächtig auf den Karton ging.

      „Pah!“, schaubte Pilobolus verächtlich und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Was versteht auch ein Zeichenblock von körperorientierter Ausdruckskraft?“

      „Nichts“, konterte Barock, „und bin stolz drauf!“, fügte er bestimmt hinzu. „Dafür habe ich eine Ahnung von Karten, und deswegen sind wir hier, wenn ich Euer Tanzbein daran erinnern darf!“

      „Spielverderber!“, rief der Malpinsel.

      „Angeber!“

      „Schluss jetzt damit? Wollt ihr euch weiterhin zanken oder einen Blick auf die Koloritkarte werfen?“, fragte Sagittarius und musterte die beiden kopfschüttelnd.

      „Blick auf die Karte werfen“, waren sich Block und Pinsel einig.

      „Also dann!“, teilte das Hörnchen den beiden mit, und deutete auch Filomena, Vincent und Huf näher zu kommen, die sich sogleich um 111 scharten, um einen Blick auf die geheimnisvolle Rarität zu werfen.

      „Wir befinden uns hier“, zeigte das Farbhörnchen mit seinem Pfötchen auf eine blaue Stelle, doch Vincent schenkte seinen Worten kaum Beachtung. Erstaunt ruhte sein Blick auf der schönen Reliefkarte, die Städte, Straßen, Berge und Seen und viele andere Details dreidimensional darstellte. Was Vincent so verblüffte, war nicht das eigentümliche Leuchten der Farben oder die plastische Darstellung der geografischen Besonderheiten des Landes, sondern die Tatsache, dass sich die Karte veränderte. Und das beinahe augenblicklich. Ausgehend vom Westen her, dehnte sich eine Ansammlung grauer Flecken kontinuierlich aus und versuchte, möglichst viele bunte Flächen zu verschlingen. „Wir werden den Sieg erringen“, schien ihre eindeutige Absicht zu sein, doch die bunten Flecken ließen sich diesen nicht so leicht aufzwingen, stellten sich mutig den grauen Flächen und drängten diese zurück, wo immer sie auf sie trafen. Ungeachtet aller Widrigkeiten bahnten sich die farbigen Felder ihren Weg in die grauen Zonen, bis sie ihrerseits wieder auf Widerstand stießen und von diesen verschluckt wurden. Die Konfrontation forderte den bunten Feldern einiges ab; viele verloren an Farbe, wurden beinahe durchsichtig oder verschwanden zur Gänze. Doch nur um an anderer Stelle wieder aufzutauchen, farbiger, schöner und leuchtender als je zuvor.

      „Das sieht lustig aus!“, fand Vincent und beobachtete, wie ein grauer Fleck von zwei roten, drei violetten und einem blauen regelrecht umzingelt wurde und kurz darauf von der Kartenoberfläche verschwand.

      „Ist es aber nicht“, erwiderte Sagittarius ernst. „Es herrscht Krieg in unserem Land, und Krieg ist niemals lustig!“

      „Das weiß ich“, erwiderte der Maler mit gedämpfter. Einmal mehr war er voll ins Fettnäpfchen getreten und kam sich wie ein Idiot vor.

      „Was er jedoch nicht weiß“, warf Pilobolus ein, „ist, dass er in diesem Krieg unsere Geheimwaffe ist. Mit seiner Hilfe werden wir Monotonia die Stirn bieten und sie für immer aus Kolorien hinausmalen!“ Der Maler, der sich sehr über Pilobolus’ Vertrauen in ihn freute, hob ein wenig seinen Kopf und schenkte dem Pinsel ein halbes Lächeln.

      „Ich hoffe nur, dass der Märchenmaler deiner hohen Meinung gerecht wird und das möglichst bald, da gerade die Hauptstadt von Monotonias Schergen angegriffen wird“, lehnte sich das Farbhörnchen nach vor und zeigte auf Belle Couleur, das tatsächlich von einem Ring grauer Flecken belagert wurde.

      „Ich muss sofort aufbrechen“, wieherte Huf aufgebracht. „Oborona braucht meine Hilfe“. Und schon erhob er sich in die Luft, worauf ihm die übrigen Regenbogenpferde, die sich in der Zwischenzeit in der Nähe ein wenig ausgeruht hatten, folgten.

      „Was … was hat das zu bedeuten?“, wollte Vincent wissen und sah den Tieren besorgt nach.

      111 reckte überrascht sein Stupsnäschen nach vor. „Du verstehst wohl immer noch nicht, Märchenmaler?“

      Vincent schob eine Augenbraue in die Höhe und runzelte seine Stirn. „Was soll ich nicht verstehen?“, sah er das Tier verwundert an. „Die Karte spiegelt wider, was im Land vor sich geht und zeigt jeden Fleck bzw. jede Änderung an.“

      „Nein, das kann nicht sein“, schüttelte Vincent seinen Kopf. „Keine Karte kann das!“ Dann warf er abermals einen Blick nach unten und sah, wie immer mehr graue Flecken Belle Couleur einkesselten.

      „Diese schon!“, meinte das Farbhörnchen schnell und summte leise die Melodie des Koloritliedes. Der junge Mann begann zu verstehen. Jetzt begriff er auch das ehrfürchtige Staunen, das sich allein bei der Erwähnung der Karte auf den Gesichtern seiner Freunde abgezeichnet hatte. Ungläubig blickte er auf die schimmernde Landkarte hinunter. „Wo wird Farbenfein gefangen gehalten?“, fragte er leise.

      „Hier, in Tristesse, der Burg der Schatten“, zeigte Sagittarius mit seiner Pfote auf eine düstere Befestungsanlage im Westen, die in dichte, graue Nebelschleier gehüllt war. „Was hast du nun vor, Märchenmaler?“, wollte das Farbhörnchen wissen, während sein Blick fest auf den jungen Mann gerichtet war.

      Vincent zog seine Brauen zusammen. Erwartungsvoll warteten seine Freunde auf eine Antwort. Der Künstler starrte auf die Karte. Bis vor kurzem hatte er weder ein Ahnung von Kolorien noch von seiner bezaubernden Hüterin gehabt, und jetzt befand er sich mitten in einem Krieg, der nicht der seine war. Während Vincent über eine Antwort nachdachte, registrierte er beiläufig, wie die grauen Flecken um Belle Couleur immer mehr wurden. Innerlich drängte es ihn, sofort den Regenbogenpferden in die Hauptstadt zu folgen, um Huf in seinem Kampf gegen die Grauschatten und Farbenfresser zu unterstützen. Andererseits, sagte er sich, würde sich damit an der bestehenden Situation nichts ändern. Immer mehr wurde ihm bewusst, dass es nur einen Weg gab, den Frieden in Kolorien wieder herzustellen, und dieser führte direkt nach Westen, nach Tristesse, in die Hochburg der Grauen Hexe.

      „Ich gehe nach Westen“, ließ der Märchenmaler seine Freunde wissen und zeigte mit seiner rechten Hand auf die in undurchdringliche Nebel gehüllte Festung, obwohl er innerlich von der Richtigkeit seiner Entscheidung nicht vollständig überzeugt war, jedoch angestrengt versuchte, zumindest so auszusehen.

      Pilobolus riss die Augen auf. „Nur über meine Borsten!“, rief er aufgebracht.

      „Das ist unüberlegter Wahnsinn!“, meinte Filomena bestürzt und auch Barock sah ziemlich betroffen aus.

      „Ich hätte wissen müssen, dass ein Gespräch mit euch reine Zeitverschwendung ist“, seufzte Sagittarius und machte Anstalten, wieder in der Erde zu verschwinden. „Ruft mich, wenn jemand mit Hirn zwischen den Ohren vorbei kommt.“

      „Warte!“, hielt Vincent das Tier zurück, worauf sich 111 ruckartig umdrehte. „Du musst mir sagen, wie ich am schnellsten nach Tristesse gelange!“, bat ihn der Maler und der eindringliche Unterton in seiner Stimme machte deutlich, dass er kein Verständnis dafür hatte, wenn das Hörnchen ihm seine Bitte abschlüge.

      „Muss ich nicht!“, verdüsterte

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