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tagelang mit hohem Fieber im Krankenhaus verweilte, schafften wir es, erneut an die Oberfläche vorzudringen und zum ersten Mal erkannte er, wer wir wirklich sind.

      Dieses besondere Geschenk seiner Seele an uns und an sein eigenes Bewusstsein gab uns endlich die Möglichkeit, von nun an in unserer echten Form an Michael heranzutreten. Nicht verblümt, beschönigt, sondern als reale Wesen.

      Wie es voraus zu sehen war, wehrte er sich gegen die Vorstellung, dass wir nicht, seine märchenhaften Zwerge waren und wie erwartet, nahm er sodann den Kampf gegen uns auf. Er versuchte uns aus dem von Gott an ihn ausgeliehenen Körper zu vertreiben, uns, die Brut des Teufels. Doch er scheiterte in seinem Bestreben.

      Als er wieder genesen war, durfte er erkennen, dass wir noch immer zugegen waren. Selbst als er uns zu ignorieren versuchte oder sich gegen uns auflehnte, blieben wir neben und in ihm bestehen und je mehr er uns endlich annahm als das, was wir nun einmal sind, desto besser begriff er sich und uns als den Mittelpunkt seiner selbst.

      Kurze Gespräche war er inzwischen wieder bereit mit uns zu führen und daraus fruchteten alsbald kontroverse Diskussionen und wir schafften es in der gegenseitigen Toleranz die Möglichkeit zur Koexistenz im selben Bewusstsein und im gleichen fleischlichen Leib zu führen.

      ***

      Auch wir schwelgen zuweilen in Erinnerungen und denken gern an die Jahre zurück, in welchen wir Michael prägten, nach unseren Maßstäben formten und ihn zu dem machten, was er heute ist.

      Wir sind niemals fern und schreiten ein, um ihn zu beratschlagen, lieben dann und wann kleine Streitereien mit ihm oder steuern sein Gedankengut auf das Wesentliche, auf das Wahre.

      Wir sind immer zugegen, wenn sein Wille versagt. Dann übernehmen wir für ihn die Kontrolle über seinen Geist und seinen Körper, damit er die ihm auferlegte Aufgabe erfüllt!

      Doch selbst wenn wir gern sein Geschick und seine Entscheidungen lenken, ist es auch schön ihn dabei zu beobachten, wie er in seine Rolle als Priester und Seelsorger schlüpft. Wir lehnen uns gemütlich zurück und entlassen ihn für diese Momente in seine kleine Welt, im sicheren Wissen, dass er bald schon das von uns in ihm Gesäte, ausleben wird.

      Nun aber darf ich mich als der Redeführende vorstellen:

      Ich bin einer der Sieben.

      Jener, der aus dem Lichte geboren und in den Urzeiten durch Michaels Schwertstreich niedergestreckt zum gefallenen Engel verurteilt worden war.

      Ich bin Luzifer.

       Kapitel 1 Ich bin...

      ... ausgesprochen erleichtert, dass dieses Treffen endlich beendet ist, denn all die scheinheiligen Kollegen lasse ich gern im Tagungszentrum in Bristol zurück. Natürlich bin ich mir sicher, dass einige von ihnen den Tag erneut nutzen werden, um sich nochmals eifrig um Bischoff Reynolds zu scharen, weil sie ihm den Hintern küssen wollen. Dies jedoch kann mir herzlich egal sein.

      Diesen Männern steht deutlich ins Gesicht geschrieben, dass ihnen das Wohlergehen ihrer Gemeindemitglieder nicht wirklich vordergründig am Herzen liegt, lediglich auf die Mehrung ihrer Schäfchen kommt es ihnen an, um den Erhalt ihres Kirchenbezirks zu sichern. Mir wurde während der ganzen Zeit übel dabei, all die Kandidaten zu betrachten, die sich um höhere Posten bemühen. Leider ist damit wieder einmal bewiesen, dass auch in der Kirche das Machtstreben allerorts gegeben ist, dem wir unserem Glauben entsprechend, entsagen sollten.

      Connecticuts Bristol, auch Mum City genannt, besticht mich seit jeher mit dem wundervollen, allgegenwärtigen Duft nach Chrysanthemen, die hier gezüchtet werden. Es ist mit seinen einzigartigen kleinen Museen, dem Lake Compounce und einem eigenen Fernsehstudio durchaus sehenswert.

      Zumindest, solange man sich hier als Tourist aufhält. Jedoch im zwanghaften Rahmen einer Priestertagung, mit dem Themenschwerpunkt Unzucht und Pädophilie, entgleitet die Freude daran, sich in dieser schönen Stadt umzusehen.

      Mit dieser schwerverdaulichen Thematik im Hinterkopf ist offensichtlich ein jeder der Tagungsteilnehmer aus einem inneren Zwang heraus dazu angehalten, fortan an allen Ecken Verführer und Vergewaltiger zu sehen. Zumindest ging dies deutlich bei den gemeinsamen Essen aus ihren Äußerungen hervor. In Zukunft betrachte ich sicherlich die Gesichter der Menschen im Park, die der Gäste und Bedienungen im Café, aller auf der Straße befindlichen Zeitgenossen vor allem aber die meiner Kollegen und ich frage mich dann, ob wohl schon der eine oder jener andere ansatzweise die Gelüste empfunden hatte, sich an einem Kind zu vergreifen. Tatsächlich aber war es nicht das Vergehen der zivilen Bevölkerung gewesen, den menschlichen Fleischeslüsten nachzugeben, das den Ausschlag gegeben hatte, dieses Thema am diesjährigen Treffen aufzugreifen. Viel mehr das von den Medien seit geraumer Zeit in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückte Fehlverhalten so mancher Gottesmänner gestaltete diese drei Tage zum Alptraum all jener, die sich mit Leib und Seele dem Menschen verschrieben haben.

      Bischoff Reynolds sah sich während der gesamten Zeit von einem unliebsamen, mehr als unangenehmen Schatten begleitet. Dieser Zeitgenosse hatte Theologie studiert, und als Nebenfach Psychologie belegt. Das machte er sich zunutze, um jeden von uns intensiv zu durchleuchten. Im persönlichen Gespräch betrachtete er unsere Mimik und Gestik, während er es zunächst mit irgendwelchen Belanglosigkeiten eröffnete und dann gezielt seine Fragen lenkte. Dabei versuchte er abnorme Neigungen zu erfühlen und zeigte sich eher enttäuscht als erfreut, wenn wir als völlig gesund und vor allem als offensichtlich enthaltsam lebende Priester aus dem Gespräch entlassen werden mussten.

      Meine Freunde, die ich während der drei Tage tief in mir verborgen vor den Kollegen versteckt gehalten habe, riefen mich vehement zur offenen Rebellion auf.

       Ja, ja, scheiss Weicheier sind das alle. Zeig den Stinkefinger, Michael und schwing deinen Arsch hier raus!

      Natürlich kam ich ihrem Wunsch nicht nach, obwohl es mich schon sehr nach Hause zog. Nach Hause, nicht dorthin, wo ich aufgewachsen war, sondern in das von mir vor einigen Jahren bezogene Pfarrhaus meiner kleinen, von mir betreuten Kirchengemeinde, unweit meines elterlichen Heimes.

      Nach dieser völlig unsinnig genutzten Zeit vermisse ich jeden einzelnen meiner Gemeindemitglieder. Auch diejenigen, die scheinbar mit Hörnern ausgerüstet stets gegen mich und meine Glaubensfestung anzustürmen gewillt sind. Ja selbst sie liebe ich bedingungslos und unumstößlich. Es sind eben jene, um die ich mich mit besonderer Hingabe kümmere, weil ich weiß, dass es gute Menschen sind, die nur vorübergehend ein wenig vom rechten Weg abgekommen waren.

      ***

      Als ich endlich in der Einfahrt zum Pfarrhaus parke und die Reisetasche aus dem Kofferraum hebe, steigt mir der wunderbar süße Blumenduft entgegen, der unseren gesamten Vorgarten einnimmt.

      Meine Haushälterin Mrs. Carpenter eilt mir entgegen und begrüßt mich freudig. Sicherlich hat sie in den vergangenen Tagen meiner Abwesenheit verzweifelt nach Arbeiten gesucht, um die Zeit bis zu meiner Rückkehr zu überbrücken

      „Ich bin ja so glücklich, dass Sie zurück sind, Herr Pfarrer! Wie war es denn?“ Sie verschnauft kurz. „Wurden Sie wenigstens anständig verköstigt?“

      Ich lache und freue mich, diese herzliche Frau wiederzusehen.

      „Sie glauben ja nicht, wie dankbar ich bin, wieder hier bei Ihnen zu sein Mrs. Carpenter. Es war, nun ja, interessant und aufschlussreich. Und zur Verköstigung kann ich nur sagen: Halleluja, gelobt sei der Herr, ich bin wieder zu Hause!“

      Daraufhin strahlt meine Haushälterin mit feurig roten Wangen. Ich lege ihr die Hand auf die Schulter und wir gehen gemeinsam ins Haus.

      In der Küche gieße ich mir frisch aufgebrühten Kaffee in meine Lieblingstasse. In die, mit der Karikatur von Jesus. Breit lachend sieht er mir darauf entgegen. Mrs. Carpenter hasst diese Tasse, das äußerte sie schon oft genug, empfindet sie als respektlos dem Herrn gegenüber. Umso mehr erfreue ich mich an ihr, weil ich das Bild eines fröhlichen Jesus sehr viel lieber mag, als das eines leidenden. Ich frage mich, als sie auf den

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