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Aurelie in der Welt der Wesentlichen. Bernadette Schmon
Читать онлайн.Название Aurelie in der Welt der Wesentlichen
Год выпуска 0
isbn 9783753175577
Автор произведения Bernadette Schmon
Издательство Bookwire
„Wie ihr alle wisst, hat unser tapferer Marlon Bell vor acht Jahren im Kampf gegen Det Onda sein Leben gelassen“, Dr. Marvelus schluckte.
Seine Worte wühlten längst verdrängte Erinnerungen an einen grausamen Krieg auf.
„Aber es gibt etwas, was er all die Jahre vor uns allen geheim hielt. Er war verheiratet. Mit der wunderschönen Alice Bell. Einer Unwesentlichen.“
Lady Mc Grath fasste sich mit der rechten Hand stöhnend auf die Brust, als ob sie just in diesem Moment einen Herzinfarkt erleiden würde.
„Aus dieser Beziehung ging ein Kind hervor. Ein kleines Mädchen mit Namen Aurelie“, sprach der Ratsvorsitzende weiter.
„Vor wenigen Stunden zeichneten die Satelliten der Agency verbotene magische Aktivität im Antlitz Unwesentlicher auf“, Dr. Marvelus unterbrach seinen Vortrag kurz und überlegte, wie er die unglaubliche Botschaft am besten überbringen sollte.
„Wie es scheint, meine Freunde, ist Marlon Bells Tochter eine Zauberin.“
Ungläubig starrten die Ratsmitglieder in die Augen des kolossalen Mannes.
„Das ist absolut ausgeschlossen“, empörte sich Lady Mc Grath.
Die pompöse Frau schüttelte ihren Kopf so wild, dass sich die rotbraunen Haarsträhnen aus dem strengen Gefängnis ihrer gesteckten Frisur lösten. Dass aus einer Verbindung eines Wesentlichen mit einer Unwesentlichen niemals ein Spross magischer Natur hervorgehen konnte, wusste schließlich jedes Kind.
„Die Agency ist doch wirklich für nichts zu gebrauchen. Ich frage mich, wofür meine Familie Unmengen an Geldern investiert, wenn offensichtlich nur unfähigen Mitarbeiter beschäftigt werden“, die Stimme der schimpfenden Frau wurde bei jeder Silbe lauter und schriller.
„Ich kann Ihnen versichern, dass kein Fehler vorliegt, Teuerste. Ich habe mich höchstpersönlich davon überzeugt“, versuchte Dr. Marvelus die hyperventilierende Dame zu beschwichtigen.
„Das ist erstaunlich“, murmelte Dr. Dr. Marcelus Omnisciens unverständlich in sein faltiges Kinn.
Er blätterte wild in dem quadratischen Notizbuch, das er unter seinem Talar hervorgezaubert hatte. Der schwarze Einband war abgewetzt und mit klebrigen Essensrückständen übersäht. Auf den weißen Seiten fanden sich kreuz und quer gezeichnete Skizzen, Formeln und Anmerkungen in unleserlicher krakeliger Schrift.
„Es muss so sein, sie ist die Rettung oder das Verderben.“
„Marcelus, willst du uns etwas sagen?“, fragte Dr. Marvelus in Richtung seines alten Freundes, der ohne den Kopf nur eine Sekunde zu erheben, seine Gedanken mit den Anwesenden teilte.
„Vor acht Jahren gelang es uns mit Müh und Not Det Onda mit dem Excilium-Zauber an die Gitter des uneinnehmbaren Verlieses im verborgenen Wald zu fesseln. Fast hätten wir den Kampf verloren. Noch nie zuvor hatten wir uns solchen Kräften stellen müssen. Um so mächtig zu werden, muss sich ein Zauberer gänzlich der schwarzen Magie hingeben. Durch den Corrupta-Zauber verschließt sich das Herz für immer vor der Liebe und die Seele verfällt zu einer dunklen leeren Hülle. Der Corrupta erfordert den Verzehr von sieben Herzen unschuldiger Wesen und gilt als der grausamste Zauber überhaupt. Wie der Excilium ist er unumkehrbar. Einmal ausgesprochen, kann er nicht mehr zurückgenommen werden.“
„Wir sind ja alle sehr dankbar für die Aufklärung, mein Freund. Aber das ist doch nichts Neues. Was hat das alles mit Marlon Bell zu tun?“, versuchte Dr. Marvelus den Professor, der für seine langspurigen, oft in unverständliche Theorien ausufernden Vorträge bekannt war, anzuspornen endlich zum Punkt zu kommen.
„Natürlich, natürlich, Constantin“, Dr. Dr. Marcelus Omnisciens kritzelte während er sprach mit einem schwarzen Kugelschreiber Pfeile und Symbole in sein Notizbuch.
„Der Legende nach wird eines Tages ein besonderer Unwesentlicher geboren. Er allein soll in der Lage sein das Unumkehrbare aufzuheben.“
„Wollen Sie damit sagen, dass dieses unwesentliche Kind Det Onda kampfunfähig machen kann? Dass die Welt endlich von dieser abscheulichen Kreatur befreit wird?“, Prinz Efonijus eisblaue Augen funkelten wie kleine Sterne während er seine hoffnungsvollen Worte hinausposaunte.
„Oder das Kind befreit Det Onda aus dem Verlies und er wird uns alle elendig zu Grunde gehen lassen“, zischte die Medusa zornig und pochte dabei so laut mit den Fäusten auf die glatt polierte Tischplatte, dass die zitronengelben Schlangenköpfe aus ihrem tiefen Schlaf gerissen wurden.
Sie rissen ihre feuerroten runden Augen weit auf, erhoben sich von den Schultern ihrer Herrin empor und peitschten neben deren Kopf wild in alle Richtungen.
Auf Lady Mc Graths Stirn bildeten sich dicke Schweißperlen. Sie zog ein bunt besticktes Hermes-Seidentuch aus der kleinen Seitentasche des schwarzen Talars hervor und fächerte sich damit keuchend Luft zu.
„Was sollen wir nur tun? Was sollen wir nur tun? Diese Unreine ist ganz bestimmt unser Untergang“, wimmerte sie und wippte dabei verstört immer wieder vor und zurück.
„Zerquetschen“, grummelte der Riese aus windiger Höhe seinen Genossen, die er nur aus der Vogelperspektive betrachten konnte, zu.
Dabei stampfte er mit seinen verdreckten schweren Lederstiefeln so fest auf den spiegelnd-glänzenden Marmorboden, dass dieser zu beben begann.
Eine wilde Diskussion entbrannte zwischen den ungleichen Ratsmitgliedern. Sie sprachen ungesittet durcheinander, fielen sich gegenseitig ins Wort und warfen sich unschöne Dinge an den Kopf. Dr. Marvelus beobachtete einen Moment lang das Schauspiel, das ihn eher an einen Pausenhofkonflikt erinnerte, als an eine lösungsorientierte Gesprächsrunde der Regierenden. Er verschränkte die Arme nachdenklich vor der Brust. Gerade als der großgewachsene Mann beginnen wollte Ruhe zu stiften, wurde das hitzige Wortgefecht durch das laute Kreischen einer kleinen Dame mit weißrotem Lockenschopf, die auf einmal in die hohe Halle gestürmt kam, übertönt.
„Constantin Emil Marvelus, was fällt dir ein, einfach hinter meinem Rücken eine geheime Ratssitzung einzuberufen. Es geht hier schließlich um meine Enkelin!“, keifte die resolute Zauberin, die wenig abwechslungsreich eine rotkarierte Schürze über ihrem knielangen Kleid aus grünem Samt trug.
Sie presste die Hände an die Hüfte und starrte mit zornig zusammengekniffenen Augen in Richtung des Ratsvorsitzenden.
„Agatha, wie schön dich zu sehen“, Dr. Marvelus gab sich wenig Mühe den Sarkasmus in seinen Worten zu verbergen.
Er hatte zwar damit gerechnet, dass Agatha Bell vom Treffen erfahren würde, ein kleiner Teil in ihm hatte jedoch dennoch gehofft, dass die ohnedies besorgniserregende Lage nicht noch durch emotionale Ausbrüche einer Großmutter verkompliziert würde. Er kannte Agatha Bell schon seit so vielen Jahren. Obwohl sie kein Ratsmitglied war, hatte sie sich noch nie den Mund verbieten oder gar ausschließen lassen. Sie steckte ihre kleine gepunktete Nase nur zu gern in Angelegenheiten, die ihre Kompetenzen überschritten.
„Wir dürfen uns in dieser Sache nicht von Emotionen leiten lassen, Agatha. Daher hielt ich es besser, dich vorerst nicht miteinzubeziehen. Das ist eine Entscheidung, die allein der Wesentlichenrat zu fällen hat.“
„Ist das ein schlechter Scherz? Nicht von Emotionen leiten lassen? Ist das etwa der Dank an die Bell Familie? War es nicht mein Sohn, der sich in den Dienst des Rates begab und dort ohne mit der Wimper zu zucken an vorderster Front kämpfte, um Det Onda den Gar auszumachen? Und so wollt ihr ihn ehren? Ihr zieht doch nicht etwa in Erwägung ihm zu rauben, was er mit all seiner Kraft beschützen wollte? Ist euch denn überhaupt nichts mehr heilig?“, Agatha Bell schrie so laut, dass sie am Ende des letzten Satzes die Stimme verlor und keuchend nach Luft schnappen musste.
Die Ratsmitglieder verstummten und blickten beschämt nach unten, als ob man gerade ein Kleinkind beim Stehlen ertappt hätte. Agatha Bell hatte nicht ganz Unrecht. Dieses Kind war das Erbe von Marlon Bell. Einem tapferen Helden, der sich selbst für ein größeres