ТОП просматриваемых книг сайта:
Ungewisse Vergangenheit. Nicole Siecke
Читать онлайн.Название Ungewisse Vergangenheit
Год выпуска 0
isbn 9783742718860
Автор произведения Nicole Siecke
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ihre Sätze, die ja der absoluten Wahrheit entsprachen, ließen mich errötend ins Schweigen verfallen. Ich schämte mich und es kam mir plötzlich alles sehr weit weg und unrealistisch vor. Aber war es das nicht auch?
Kiefer und Lori standen hinter mir, als man Adam ins Haus trug. Völlig unentschlossen kreuzten sich unsere Blicke. Wie würde es nun weiter gehen?
Niemals hätte ich es dieser Familie übelgenommen, wenn sie uns des Hauses verwiesen hätten, es war ihr gutes Recht.
Niemand von uns sprach etwas, als warteten wir auf eine Nachricht, die vermutlich nicht mehr kommen würde.
Wir vernahmen ihre Stimmen im Inneren des Hauses, als Betty plötzlich auf der Türschwelle erschien und zu uns herüberkam.
„Mutter sagt, Ihr könnt drüben in der alten Scheune bleiben, bis ...“ Sie unterbrach sich kurz selbst, „bis sich Eure Lage wieder verbessert hat.“
Sie wies mit dem Finger südlich des Anwesens. Wenigstens sah das, was sich da als Scheune entpuppte, besser als die Hütte aus, in welcher wir alle die letzte Nacht verbracht hatten.
Ich nickte ihr freundlich dankend zu.
„Gebt Bescheid, wenn Ihr etwas braucht.“
„Wann kann ich Adam besuchen?“
Diese Frage war mir vorerst eigentlich die wichtigste.
„Mutter wird gleich herüberkommen. Im Moment kümmert sie sich um ihn. Sie weiß, was sie tut!“
Unschlüssig wandte sie sich ab und verließ uns schließlich.
Kiefer setzte sich als erster in Gang. Ich wollte ihm folgen, aber mein Blick auf Lori hielt mich davon ab. Ich hätte ihr nicht übelgenommen, wenn sie keinen Schritt mehr vor den anderen gesetzt hätte! Oberflächlich waren ihre Füße nur wenig zerkratzt, aber die Sohle war eine einzige verwundete Fläche aus Fleischfetzen. Mittlerweile hatte es zu bluten aufgehört, man sah ihr an, dass sie Schmerzen haben musste.
„Kiefer, komm sofort zurück und siehe dir das an!“
Mein Imperativ ließ keine andere Entscheidung gelten.
„Es ging doch nicht anders oder habt ihr schon mal Tennisschuhe im 19. Jahrhundert gesehen?“, jammerte sie. „Ich habe die Turnschuhe irgendwo in diesem verfluchten Getreidefeld liegen lassen! Wir müssen sie suchen und vernichten!“
„Aber nicht jetzt und nicht heute!“ Kiefer nahm sie nach diesen Worten geschickt vor sich auf den Arm.
„Du kannst von Glück sprechen, dass du einen Tetanus-Schutz hast.“
Leicht, als sei sie ein Federgewicht, trug er sie zur Scheune hinüber und sprach dabei seine Gedanken zum Infektionsschutz aus.
Ich folgte den beiden in das hohe Holzgebäude und schloss das Tor hinter uns. Sein Gesagtes brachte sich erst viel später in mein Gewissen ein. Wir mussten jede Verletzung vermeiden. Wir lebten in keiner Zeit mehr, in welcher es so etwas wie Antibiotika gab! Diese Tatsache wurde mir wieder neu bewusst und ich verfluchte unsere ganze Situation. Wann endlich würde all dies ein Ende haben?
Kiefer setzte sie auf einem Heuballen ab, während ich Ausschau nach Dingen hielt, aus denen man Bandagen machen konnte.
„Ich habe keinen Tetanus-Schutz!“
Loris tonlose Stimme ließen Kiefer genauso gut wie mich zusammenfahren.
„Wie bitte?!“
Er starrte sie entsetzt an.
„Du hast doch gehört, was ich gesagt habe, oder?“
Sie schrie es zurück. Sie war vermutlich selbst so erschrocken von dieser Tatsache, dass ihr momentan ein Weinen gar nicht möglich war.
Schnell war ich an sie herangetreten und legte meinen Arm um sie.
„Wir bekommen das wieder hin, in Ordnung? Bitte, mache dir nicht zu viele Gedanken!“
Sie nickte, obwohl sie genauso gut wie ich wusste, dass nur ein kleines Fünkchen Wahrheit in meinen Worten zu finden war.
Kiefer schlug die Hände über seinem Kopf zusammen.
„Herrgott, das hat doch jeder von uns. Vielleicht erinnerst du dich nur nicht daran, Lori!“
Sie sah ihn nicht an, sondern mich.
„Meine letzte Impfung war vor Jahren, weil ich in einen rostigen Nagel getreten war.“
„Das wird in Ordnung sein. Bestimmt ist dein Schutz immer noch ausreichend?!“
Ich drückte sie tröstlich und dieses Mal kamen mir meine Worte nicht wie eine Lüge vor.
„Wir müssen auf der Hut sein“, redete ich weiter. „Bestimmt weiß Amber ein altes Hausmittelchen. Immerhin stecken diese Leute in der gleichen Situation wie wir, oder?“
Kiefer stand nachdenklich mit der Hand vor dem Mund vor uns.
„Kann man es nicht ausbrennen?“
Seine Worte entsetzten mich. Allein der Gedanke daran war mir unvorstellbar. Gerade als ich antworten wollte, wurde die Türe von außen geöffnet und Amber trat herein.
Mit einem Blick bemerkte sie Loris hoch gelagerte Unterschenkel. Uns entging nicht jedoch ihr besorgter Blick dabei.
„Was ist mit Euren Füßen geschehen? Hab Ihr Eure Schuhe verloren?“
„Kennt Ihr etwas, was vermutlich helfen könnte?“ Kiefer war einen Schritt auf sie zu gegangen.
„Am besten werde ich es gleich versorgen. Bringt sie ins Haus!“
Niemand von uns traute sich, zu widersprechen. Sie war mit Sicherheit die einzige, die zu helfen wusste und dem mussten wir uns ergeben. Sorgenvoll folgten wir ihr zurück ins Haus. Lori tat mir schon jetzt leid, und als Kiefer sie in der Küche auf einen dargebotenen Stuhl absetzte, wurde mir fast übel.
Lori sprach kein Wort. Es sprach für sie, dass sie sich in einer Art Schock befinden musste. Verunsichert beobachteten wir, wie Amber einiges an Utensilien herbeiholte und mein Unbehagen wuchs. Sie brachte Lori ein gefaltetes Tuch und legte es entschlossen vor sie auf den blank geputzten Tisch.
„Hier nehmt das in den Mund. Es ist Euch klar, dass das hier wehtun wird?“
Ohne einen weiteren Kommentar abzuwarten, stellte sie eine Schüssel, die vermutlich mit purem Alkohol gefüllt war, zu ihren Füßen ab. Ich konnte mir dessen sicher sein, denn ich roch unwillkürlich den unverkennbaren Geruch der glasklaren Flüssigkeit, die die Schüssel in sich barg.
Lori dachte vermutlich ans Überleben. Ich hätte unmöglich so tapfer reagiert und trotzdem, als sie ihre Füße eintauchte, wurde ihr Gesicht innerhalb von Sekunden puterrot. Mir kam es so vor, als ob ihre Augäpfel leicht aus den Höhlen traten. Sie hatte das Tuch fest in ihren Mund gepresst und zu atmen aufgehört. Jetzt nahm sie es heraus, um den Schrei loszuwerden, der vermutlich zur Entlastung beipflichtete.
Ich würde diesen Schrei nie vergessen, der alle Hausbewohner, bis auf Adam natürlich, innerhalb von kürzester Zeit zusammentrieb.
Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass sie in Ohnmacht fiel, aber sie tat es nicht. Dicke Tränen waren ihr in die Augen geschossen, denen sie freien Lauf ließ. Kiefer hatte sich mitleidig zu ihr gesetzt. Ich war vorerst zu gar nichts mehr in der Lage.
„Halleluja“, Murray, der dazugestoßen war, blickte erstaunt auf sie herab und ließ dann seine Augen auf mir ruhen.
„Ein gesunder Sopran. Ganz schön dumm, seine Schuhe auf einer Reise zu verlieren. Du solltest sie bei Betty und Diana unterbringen, Amber. Mit dem Untergestell kann sie unmöglich in der Scheune bleiben!“
Damit verließ er den Raum.
„Hier!“
Die