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und der Pole Wodka“, lachte Tomek. „Was braucht eigentlich der Deutsche?“

      „Ich weiß nicht … Bier?“ gab ich zurück.

      „Bier trinken wir auch,“ erwiderte Tomek und packte die Flasche wieder weg.

      So verging der halbe Tag, die Sonne stieg in den Zenit und es wurde unerträglich heiß. Kurz vor Harappa versagten die Ventilatoren ihren Dienst, und wir öffneten die Fenster so weit es ging. Irgendeine Kühlung ergab sich daraus nicht, denn der Fahrwind, der ins Abteil wehte, besaß die Temperatur eines heißen Föns auf Stufe drei. Schließlich folgten wir dem Beispiel der Einheimischen in den Normalabteilen, feuchteten Handtücher oder Waschlappen in der Zugtoilette an und legten uns die nassen Lappen in den Nacken. Es fühlte sich an, als hätte man eine warme Schlange im Genick, tat aber trotzdem gut.

      In Harappa stiegen Tomek und Kuba aus, um sich die zweite große Ruinenstadt der Induskultur neben Mohenjo Daro anzusehen. Ich überlegte, ob ich sie begleiten sollte, ließ es aber. Immerhin verabredeten wir uns locker in Lahore, das sie wahrscheinlich übermorgen erreichen würden.

      Mittlerweile war der Nachmittag angebrochen, und der Zug durchfuhr die weiten Ebenen des Punjab zwischen dem Chenab und dem Sutlej. Im Vergleich zum Sindh hatte sich das Landschaftsbild komplett verändert. Bis zum Horizont erstreckten sich die Felder, auf denen Getreide, Baumwolle, Reis, Zuckerrohr, Obst und Tabak angebaut wurden. Diese Fruchtbarkeit war die Folge eines gewaltigen Kanalsystems, das die Flüsse Jhelum, Chenab und Ravi miteinander verband. Dieses Kanalsystem, das im 19. Jahrhundert unter britischer Federführung entstanden war, hatte den Punjab in einen fruchtbaren Garten zwischen der Wüste Thar und den Bergen Paschtunistans verwandelt, ohne den Pakistan niemals seine explodierende Bevölkerung ernähren könnte.

      Es war schon Abend, als der Zug in den Bahnhof von Lahore einfuhr. Obwohl die Hitze etwas nachgelassen hatte, klebte mir die Kleidung am Leib. Mein ganzer Körper war in einen glitschigen Schweißfilm eingehüllt, und es wunderte mich, dass es nicht schwappte, als ich mich erhob und das Abteil verließ.

      Nichts deutete mehr darauf hin, dass die Eisenbahnstation von Lahore im Jahr der indischen Teilung ebenso wie der Schwesterbahnhof von Amritsar im indischen Teil des Punjab als „Bahnhof des Todes” verschrien gewesen waren. Mörderbanden auf beiden Seiten der neuen Grenze hatten ihre asozialen Instinkte an den Flüchtigen der anderen Seire ausgetobt. Moslems, die aus Indien nach Pakistan, konkreter: von Amritsar nach Lahore fliehen wollten, wurden massakriert und in Leichenzügen nach Lahore geschickt. Aber auch die andere Seite blieb nichts schuldig, In Lahore brachten fanatisierte Moslembanden Hindu- und Sikhfamilien um, die den entgegengesetzten Weg von Lahore nach Amritsar nehmen wollten Diese indischen Teilungsexzesse lagen nun schon fast drei Menschenalter zurück, waren aber unvergessen

      Als ich mich dem Ausgang näherte, umgab mich ein unbeschreibliches Gedränge, aus dem sich Gesichter und Gesten wie Wahrnehmungsschnipsel herausschälten. Unvermittelt stürzte sich ein junger Mann auf mich und versuchte, mir das Gepäck abzunehmen. Sein Gesicht war merkwürdig geschäftig, als folge er einem höheren Plan, gegen den jeder Widerstand sinnlos sei. Seine Bewegungen hielten genau die Mitte zwischen Raub und Dienstleistung, so dass wir einige Sekunden miteinander rangelten, ehe ich seine Hände wegschlug und er in der Menge verschwand. Aber schon hatte mich der nächste am Wickel, drängte sich an mich und sagte „Ticket-Control“, „Ticket-Control“. Dabei schaute er mir so intensiv in die Augen, als wolle er mich hypnotisieren, während ich seine Hände an meiner Bauchtasche spürte. Wieder riss ich mich los und erreichte schließlich den Ausgang, an dem ich einem regulären Beamten mein Ticket überreichen und den Bahnhof verlassen konnte.

Transasia

       Eingang zur Badschai Moschee von Lahore

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