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drei anderen Frauen mit allen Kindern auch noch rüber – und schon haben wir unheimlich hohe Sozialabgaben! Es macht gar keinen Spaß mehr zu arbeiten; das meiste ist sowieso für die anderen.

      Anschließend wird Ihnen jedes missratene Mitglied der Familie beschrieben; es folgen Details eigener Krankheiten und medizinische Kuriositäten aus dem Freundeskreis, die Verkennung der französischen Großmacht im Ausland, die dämlichen Vorstellungen einiger linker Grüner, die fordern, dass man Glas, Papier und Metall separat sammeln solle, die Faulheit und Bequemlichkeit der Jugend und – falls Sie Glück haben – eine letzte Variante: die Europäische Union. Sie ist auch nicht mehr das, was sie früher einmal war.

      Sie können ganz einfach diesen Gefahren, die das gefährliche »Ça va?« in sich birgt, von vornherein entgehen: Verzichten Sie darauf und grüßen mit einem schlichten »bonjour«.

      Les oeufs en meurette

      Eier im Schlafrock

      Ein Teller, umlegt mit vier Scheiben Toast,

      rotgraue Sauce,

      zwei geschrumpfte braun-weiße Eier,

      die aussehen wie alte Hoden.

      Wenn man sie mit dem kleinen Löffel aufdrückt,

      spritzt das Eigelb in die Sauce.

      La Grande Nation und der Aperitif

      Der Aperitif soll eröffnen: Er soll die Mahlzeit vorbereiten. Das gilt für den Normalfranzosen. Bauer Mathieu eröffnet alle Gelegenheiten des Tages mit einem Aperitif: die Halbzeit des Morgens, die Vorbereitung des Mittagessens, die Verdauung des Mittagessens, die Halbzeit des Nachmittags, die Vorbereitung des Abendessens, die Abendbesprechungen.

      So kommt er spielend auf sechs bis acht Pastis am Tage. Böse Zungen behaupten, dieser trübgelbe Anisschnaps mache trotz Verdünnung impotent; jeder seiner verheirateten Kumpanen streitet das aber heftig ab; die große Zahl der Kinder scheint doch wohl Gegenbeweis genug zu sein.

      In der einzigen Bar des Dorfes mit dem unauffälligen Eingang hinter dem Kirchenschiff hat Mathieu sein eigenes Pastis-Glas, das der Wirt Jean seinem alten Stammgast einen Zentimeter höher, als es der Markierungsstrich vorschreibt, einschenkt und dann automatisch die Wasserkaraffe ohne Eis dazu stellt; denn zu kalte Getränke führen zu Magenschmerzen, glaubt man hier. Bauer Mathieu zahlt nur einmal im Monat, mit großen Scheinen und ohne Trinkgeld; im günstigsten Falle, etwa nach einer guten Ernte, lädt er Jean zu einem Bier ein, denn der ausgewanderte Normanne und Barbesitzer ist immer noch nicht auf Pastis geeicht.

      Beim Aperitif ist das Trinken eigentlich Nebensache: Die Bar ist schon am Morgen gut besucht; jeder kennt jeden und erzählt von der eigenen Familie bis hin zum Großcousin, wobei die Enkel den ergiebigsten Gesprächsstoff bieten. Politik spielt so gut wie keine Rolle, höchstens über die Preiserhöhungen wird geschimpft und man nimmt sich fest vor, es bei der nächsten Wahl der Regierung zu zeigen und die Opposition zu wählen. Die Preise für Wein und Obst werden diskutiert und die Großhändler ausgelotet, die ein halbes Prozent mehr bezahlen.

      Bei solchen Themen geht schnell eine Stunde ins Land; man verabredet sich noch zur Fortsetzung des Gesprächs in zwei Stunden an gleicher Stelle und geht seiner Arbeit nach.

      Nur die Pensionäre haben die Möglichkeit, sitzen zu bleiben und sich mit einem einzigen Pastis das Stuhlrecht für einen halben Tag zu erkaufen.

      Fromage de Munster

      Münster-Käse

      Allein schon der Geruch macht ihn einzigartig:

      Wenn man Bohnensuppe, Kohl, Knoblauchwurst

      und viele Zwiebeln gegessen hat

      und dann furzen muss,

      dann weiß man

      wie Münster-Käse riecht.

      La Grande Nation und der Wein

      Burgunder – Bordeaux - Châteauneuf-du Pâpe - Château Pétrus - Chambolle-Musigny: Schon die Namen alleine animieren Weinliebhaber zum Schwelgen, Augen werden vor Wonne verdreht, Daumen schnellen nach oben, um der Begeisterung Ausdruck zu verleihen, Dutzende von schwärmerischen Erinnerungen an besonders gelungene Jahrgänge und Flaschen wollen erzählt werden.

      Nicht so beim Franzosen! Man könnte meinen, im Lande der beliebtesten Weine der Welt müsste jeder ein Kenner ersten Ranges sein. Weit gefehlt.

      Der Normalfranzose hat ein total anderes Verhältnis zu dem vergorenen Traubensaft: Für ihn ist es ein positiver Wirtschaftsfaktor, der Ansehen und Devisen bringt. Zum Trinken ist er viel zu teuer und zu schade; das überlässt man den Ausländern, wobei letztere neuerdings kritisch observiert werden, ob sie den Wein nur genießen wollen oder ob sie – allen voran die Japaner – heimlich, still und leise große Namen aufkaufen, nicht um sie zu trinken, sondern um damit an der Börse Gewinn bringend zu spekulieren.

      Man erzählt sich von ganzen Jahrgängen, die nicht ehrwürdig in spinnwebendurchwobenen Kellern altern, sondern aus Sicherheitsgründen in Banksafes lagern. Nach Jahrzehnten hat sich der Wert vervielfacht, auch wenn der Wein überhaupt nicht mehr schmeckt. Aber welcher Nichtfranzose hat schon ein echtes Verständnis vom Wein, zumal die meisten von ihnen nur »Etikettentrinker« sind. Der Einheimische trinkt selbst an Hochzeiten und Beerdigungen nichts Teures, er vertraut sich voll dem jeweiligen Wirt an, der irgendwo im Lande oder bei einem Großverteiler einen besonders günstigen Tropfen mit einem einfachen süffigen Geschmack gefunden hat und ihn als »ordinaire« anbietet: ordinaire – weiß, ordinaire – rosé, ordinaire – rouge. Letzterer ist aus alter Tradition die Numero 1, denn ein Rosé ist eher für Damen, ein Weißer für Nordfranzosen und Elsässer. Bei Geschäftsessen mit Ausländern oder bei Bestechungsgeschenken muss Wein in Flaschen her, aber auch dann ist kein Rothschild oder Pomerol dabei. Man serviert völlig unbekannte Namen aus dem Mittelmeerraum zu einem Bruchteil des Preises, oft besser und ebenfalls mit schönen Etiketten.

      Und kaum ist man wieder unter seinesgleichen, trifft man sich ganz leger am Tresen und trinkt den einen oder anderen »ordinaire«.

      Châteauneuf-du-Pâpe

      Der Papst - wieso hier?

      Die Äbte noch in Straßennamen

      ihre Geschichte lebt

      in Weinetiketten

      Hotelnamen

      Aufklebern

      vierzehnkommafünf Alkoholgrade

      verdecken

      nach der zweiten Flasche

      Provinz und

      Rückständigkeit

      Dezember im Juli

      Zikaden und Schwalben

      schreien um neun

      die Nacht ein.

      La Grande Nation und die Tour de France

      Das bedeutendste Radrennen der Welt kannte Bauer Mathieu nur aus dem Fernsehen - bis zu jenem Tag, als die Tour de France tatsächlich ins Dorf kam, genauer gesagt, auf der großen Verbindungsstraße am Dorf vorbeifuhr. Der Bürgermeister hatte extra zwei Sondersitzungen des Gemeinderats einberufen und man hatte lange diskutiert über die beste Präsentationsmöglichkeit des Dorfes, denn immerhin berichten Fernsehen, Radio und Presse in aller Welt über dieses Ereignis. Der einzige Beschluss, der wirklich gefasst werden konnte, war dann aber nur die Zustimmung zur Anschaffung von sechs blau-weiß-roten Fahnen gewesen, denn diese konnte man auch weiterhin am Nationalfeiertag verwenden.

      Um sich

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