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die Beinchen an einander.

      In den ersten Tagen des Jahres 1810 ereignete sich ein gar wichtiger Vorfall: es kam ein Sohn des Dorfes mit dem Ehrenkreuze auf seiner Brust und mit dem Verluste von zwei Fingern an einer rechten Hand zurück.

      Er war jung, d. h. er zählte kaum fünf und zwanzig Jahre. Er hatte seinen Abschied, zweihundert und fünfzig Francs für das Ehrenkreuz und drei hundert Francs Pension. Auch ein schöner Mann war er, mit frischem Gesicht, rotem Haar und rotem Schnurrbart, der immer sorgfältig gewichst und an der Seite emporgedreht war.

      Er hatte unter den Husaren gedient und als er mit seiner roten Jacke mit den gelben Schnüren, mit dem blauen Dolman auf der Achsel, dem Pelz-Kalbak mit dem blauen herabhängenden Tuch daran und den Reithosen mit den goldenen Knöpfen in dem Dorfe erschien, machte er doppeltes Aufsehen, einmal als Kind des Dorfes, das die Väter und Mütter mit Freuden wieder sahen und dann als schöner Bursch, den die Mädchen gern ansahen.

      Er war mit seinem siebzehnten Jahre in die Armee getreten, um 1803, hatte die Schlacht von Austerlitz, die Schlacht von Jena und den letzten glänzenden Feldzug mitgemacht, der mit den Schlachten von Esslingen und Wagram endigte.

      In dieser letzten Schlacht, als er mit seiner Eskadron gegen ein Infanterie-Regiment angesprengt, hatte ihm eine Kugel den Daumen und Mittelfinger der rechten Hand zerschmettert, so dass man sie ihn hatte abnehmen müssen. Da er nun den Säbel nicht mehr halten konnte, so hatte sein Oberst, der ihn schon mehrmals im Kampfe beobachtet, dreierlei für ihn erbeten und erhalten, was der tapfere Reiter auch gar wohl verdiente: das Kreuz, eine Pension und den Abschied. Als tapferen Soldaten in der Schlacht sahen ihn die Subaltern-Offiziere sehr ungern scheiden, weit weniger aber als Kameraden. Sebastian ober Bastian, wie er hieß, hatte eine unüberwindliche Zuneigung für das Wirtshaus und kaum hatte er zwei Gläser getrunken, so wurde er streit- und händelsüchtig. Es war gar nichts Seltenes, das er Arm in Arm mit einem Kameraden in das Wirtshaus ging und sehr bald herauskam, um hinter einer Hecke oder einer Mauer sich mit ihm zu schlagen.

      Bastian kannte seinen unglückseligen Charakter selbst recht gut, da es aber seiner Meinung nach zu schwierig gewesen wäre sich zu ändern, so zog er es lieber vor, sich so viel als möglich im Gebrauche der Waffen zu üben und war in dieser Weise ein ausgezeichneter Fechter geworden. Die Folge davon war, dass sich Hiebe über die Hand und Narben im Gesicht, die zahlreich in allen Regimentern zu sein pflegen, deren Waffe der krumme Säbel ist, noch viel zahlreicher in dem Regimente fanden, in welchem Bastian diente, als in einem andern.

      Es versteht sich von selbst, dass die meisten dieser Narben dem Säbel Bastians Herrührten. Darum sah man ihn als Soldaten ungern ziehen, sehr gern dagegen als Kameraden. Das hinderte indes nicht, dass ihm die Kameraden ein großes Abschiedsfest gaben, welches vielleicht nur so glänzend und herzlich war, weil er eben Abschied nahm.

      Bei dem Scheiden auf immer vergisst man gewöhnlich Mancherlei und so konnte man denn auch bei dem Abschiedsfeste die Bemerkung machen, dass gerade die Benarbtesten die zärtlichsten gegen Bastian waren.

      Bastian hatte also Wien verlassen, wo man ihm dies Abschiedsfest gegeben, war durch einen Teil Tyrols und der Schweiz gereist, nach Frankreich zurückgekommen und endlich wie der Kriegsgott selbst im Dorfe Haramont erschienen. Leider suchte Bastian in der allgemeinen Freude vergeblich jene süßen Liebkosungen, ohne welche es kein wahres Glück in dieser Welt gibt, die Umarmung und die Küsse eines Vaters und einer Mutter.

      Bastian war Waise seit seiner Geburt, hatte nie jenes höchste Glück gekannt und wahrscheinlich seines Alleinstehens wegen Dienst in der Armee genommen.

      Übrigens war dies, wie man schon gesehen hat, sehr wohl von ihm getan, denn er kehrte verhältnismäßig reich zurück, weil er ja lebenslänglich ein jährliches Einkommen von fünfhundert und fünfzig Francs hatte. Damit konnte er, je nach seiner Wahl, leben ohne irgendetwas zu tun oder seine Lage durch Arbeit noch weiter verbessern.

      Arbeiten hatte Bastian freilich nicht gelernt und so trat er auch bei dem Nachbar Mathieu, der allmählich ein großer Gutsbesitzer geworden war, nur ein, um die Pferde zu pflegen. Diese Beschäftigung sagte dem Husaren, wie man Bastian nannte, zu; sie erinnerte ihn an seine Schwadron und wenn er, den Unterkiefer vorschiebend, sagte: »Ach, bei dem Regimente war's eine Luft!« hatte er alles gesagt.

      Die Worte hatten in den Augen der Anderen nicht eben viel Sinn, sehr große Bedeutung aber für Bastian, den sie an eine ganze Reihe von Liebschaften, Zweikämpfen, guten Mahlzeiten, großen Schlachten und selbst von jenen schlimmen Stunden erinnerten, an die man gar gern zurück denkt, wenn sie vorüber sind.

      Wenn die, welche ihr jene Worte aussprechen hörten, fragend und verwundert ihn ansahen, fuhr er fort:

      »Das versteht Ihr Philister nicht.«

      Und die »Philister« würden es allerdings nicht verstanden haben, auch wenn Bastian geruht hätte es ihnen zu erklären, was er indes nie tat, so dass man in Haramont heute noch nicht weiß, von welcher Luft Bastian eigentlich so warm und sehnsüchtig sprach.

      Er hatte, wie bereits erwähnt, großen Eindruck auf die Haramonterinnen gemacht, denn er war jung, er war reich, er war hübsch und besaß überdies das Ehrenkreuz, das in jener Zeit nicht verschwendet wurde. Mehr war nicht nötig, um vielen Mädchen den Kopf zu verdrehen.

      Und doch hatte Bastian seine Vorzüge und Reize noch nicht alle entwickelt, er hatte sich noch nicht als Tänzer gezeigt. Erst an dem Sonntage nach seiner Ankunft sollte er seine Tanzgeschicklichkeit bewundern lassen. Die Künste grenzen aneinander, reichen einander die Hand. So war denn auch Bastian ein vollendeter Tänzer, wie er ein vollendeter Fechter war.

      Man tanzte fünfhundert Schritte vom Dorfe unter den ersten Bäumen des Waldes, in einem natürlichen Kreise, den einige riesige Buchen bildeten, auf einem sorgsam von dem Dorfgeiger fest und glatt geschlagenen Boden. Für diese Arbeit erhob der Geiger von jedem Tänzer und jedem Contretanze einen Sou.

      Als man Bastian am Sonntage nach seiner Rückkehr von weitem nach dem Tanzplatze in seinem glänzenden Anzuge, mit den Sporen an den mit Firnis gewichsten Stiefeln, kerzengerade, die Arme eingestemmt, kommen sah, wendeten sich alle Blicke erwartungsvoll nach ihm.

      Die Mädchen hatten ihr Endurteil über Bastian noch nicht ausgesprochen. Sie mussten erst sehen, wie er, der alles, was er tat, gut machte, beim Tanz sich anstellte. Darum war auch eine jede neugierig, welche er zuerst aufziehen werde.

      Bastian trat zu einem schönen Mädchen, die Katharina hieß, einer Brünetten mit schwarzen Augen, schön geschwungenem braunen und schlanken Wuchs, die in der großen Stadt, wie man sich ausdrückt, gewesen war.

      Katharina, welche bei einer adeligen Dame in der Umgegend in Dienst getreten, war derselben wirklich nach Paris gefolgt, nach einem Jahre aber etwas blass, etwas abgefallen, freilich auch mit hundert Louisdor zurückgekommen, die sie bei dem Herrn Niguet auf erste Hypothek angelegt hatte und die ihr hundert und fünfzig Francs jährlich Zinsen trugen.

      Woher diese hundert Louisdor?

      Katharina hatte eine Erklärung gegeben: ihre Herrin sei sehr gefährlich krank gewesen und sie habe dieselbe so aufopfernd gepflegt, dass die Dame nach ihrer Genesung ihr aus Dankbarkeit diese hundert Louisdor geschenkt.

      Leider glaubten nicht alle an diese Geschichte, wie sinnreich sie auch erfunden war und allerdings konnte dieselbe auch einem einzigen Einwurfe nicht widerstehen.

      Man fragte Katharina, woher es komme, dass sie eine so dankbare und freigebige Herrin verlassen habe?

      Darauf hatte Katharina nie etwas anders antworten können, als dass sie sich nach ihrer Heimat gesehnt und deshalb zurückgekommen sei und gar Viele zweifelten, dass Katharina ihr kleines Vermögen in solcher Weise erhalten habe. Ja noch mehr, Einige zweifelten nicht nur daran, sondern gaben sogar eine ganz andere Quelle an. Sie sagten, nicht die Herrin sei sehr krank gewesen, sondern Katharina selbst, das habe man an ihrer Blässe und Hagerkeit gesehen als sie zurückgekommen. Sie setzten ferner hinzu, Katharina

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