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allen vieren um eine Säule und bellten wie Hunde, sie »bellten den Teufel aus dem Baum heraus«.

      Sharon hatte Freude an diesen Wundern. Sie bewiesen ihr Talent; sie waren handgreifliche Manifestationen der göttlichen Kraft. Doch manchmal brachten sie die Meetings in schlechten Ruf, und Zyniker brachten sie außer Fassung, indem sie von »heiligen Epileptikern« sprachen. Wegen dieser Schlechtigkeiten und wegen der Aufregung, die ihr derart vom heiligen Geist begünstigte Meetings bereiteten, mußte Elmer sie nachher ganz besonders trösten.

      7

      Alle Mitglieder der Evangelistenmannschaft beschäftigten sich mit Arbeiten, die ein noch strahlenderes Licht auf Sharon werfen sollten. Fieberhaft wurde über die Kostüme diskutiert. Adelbert hatte das weiße Gewand mit dem Gürtel ersonnen, in dem sie als Priesterin erschien, und wünschte, sie solle es immer tragen. »Sie sehen so köööniglich drin aus«, winselte er. Aber Elmer bestand auf Abwechslung und wollte, daß dieses Gewand für entscheidende Meetings aufbewahrt würde; Sharon trug bestickte, goldene Samtkleider und, bei Meetings für Geschäftsfrauen, smarte weiße Flanellkostüme.

      Sie standen ihr auch bei der Vorbereitung neuer Predigten bei. Ihre »Botschaft« entstand unter einer Gefühlssuggestion, ohne Zusammenhang mit ihrem wirklichen Leben. Bald Portia, bald Ophelia, bald Francesca, zog sie die Männer an, tat mit ihnen, was sie wollte. Ein anderes mal wieder erblickte sie in sich die wahrhaftige Gottesgeißel. Doch, so überreichlich sie auch Inbrunst verbreiten konnte, so entflammt sie sich auch der exotischesten Worte und der kompliziertesten Gedanken bediente, sobald sie ihr von jemand beigebracht worden waren, aus sich selber vermochte sie keinen tieferen Gedanken hervorzubringen als: »Ich bin unglücklich.«

      Seitdem Cecil Aylston gegangen war, las sie nichts außer der Bibel und den Inseraten evangelistischer Konkurrenten in den Anzeigen des Moody-Bibel-Instituts.

      Cecil fehlte, und es war die verzweifelte Angelegenheit aller, Sharon mit neuen Predigten zu versehen, wenn sie es müde wurde, die alten vorzutragen. Adelbert Shoop lieferte die Poesie. Er war ein Freund der Poesie. Er las Ella Wheeler Wilcox, James Whitcomb Riley und Thomas Moore. Er war auch ein Jünger der Philosophie: er konnte Ralph Waldo Trine ganz verstehen; er lieferte für Sharons Predigten sowohl die Liedchen über Haus und Kinder, wie die philosophischen Aussprüche über Willenskraft, Sätze wie »Gedanken sind Dinge, Liebe ist Schönheit, Schönheit ist Liebe, Liebe ist alles.«

      Die Direktrice für persönliche Arbeiten zeigte ein unvermutetes Talent im Verfassen von Anekdoten über die Sterbestunden von Trunkenbolden und Agnostikern; Lily Anderson, die hübsche blutarme Pianistin, war früher Schullehrerin gewesen und hatte ein oder zwei Bücher über Gelehrte gelesen, sie war also in der Lage, Daten zu liefern, mit denen Sharon die modern werdende Evolutionslehre widerlegte; und Art Nichols, der Hornist, lieferte derben, aber moralischen Neu-England-Humor, Geschichten vom Pferdehandel, Diebereien und gegorenem Apfelwein, die alle sehr geeignet waren, skeptische Geschäftsleute zu beschwatzen. Aber Elmer, mit seiner theologischen Erziehung, mußte alle diese Elemente – Dogma, Poesie mit der Tendenz, daß alle Sonnenuntergänge schon auf Gottes Palette gewesen seien, ehe denn die Welt begonnen hätte, Bekenntnisse der armen Verdammten und Geschichten von Tänzen in Scheunen – zu einem klingenden Ganzem verweben.

      Und mittlerweile waren, außer der Reverend Schwester Falconer und dem Reverend Mr. Gantry, die so zusammen arbeiteten, Sharon und Elmer da, und eine Menge ganz menschlicher Leute, die ihre Nöte hatten, miteinander reisten, mit einander lebten – und nicht immer im Stande glücklicher Unschuld.

      Vierzehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      1

      Meistens waren Elmer und Sharon gelassen wie ein Ehepaar, innig und vertraulich, und immer war er hingebungsvoll. Sharon aber war unberechenbar. Manchmal war sie Priesterin und düsteres Verhängnis, manchmal erschreckend in zupackender Leidenschaftlichkeit, dann wieder war sie ganz klein, ängstlich, und krümmte sich in traurigen Zweifeln an sich selbst, einmal war sie bleich, nonnengleich und still, ein andermal kalte Geschäftsfrau, oder aber sie war ein kleines Mädchen. In dieser letzten, ganz glaubwürdigen Rolle liebte Elmer sie zärtlich – es sei denn, sie spielte sie gerade, wenn sie hinausgehen und dreitausend Leute hypnotisieren sollte.

      Dann bat er sie: »Ach, komm jetzt, Shara, bitte, sei gut! Bitte, hör auf zu maulen, geh raus und nimm dir die Leute vor.«

      Sie stampfte mit dem Fuß auf, ihr Gesicht wurde ganz runde Kindlichkeit. »Nein! Ich will nicht. Ich will schlimm sein. Schlimm! Mit Sachen schmeißen. Ich möchte rausgehen und irgendwem einen Klaps auf die Glatze geben. Ich hab' genug von den Seelen. Ich möcht' ihnen allen sagen, sie sollen sich zum Teufel scheren!«

      »Ach, herrjeh, bitte, Shara! Himmel, Herrgott, Donnerwetter! Sie warten auf dich! Adelbert hat die Strophe jetzt schon zweimal gesungen!«

      »Das ist mir ganz gleich! Nochmal singen! Lieder, Lieder, dumme Lieder! Ich will schlimm sein! Hinausgehen und Adelbert Mäuse in seinen dicken Hals stecken – in seinen dicken Hals – in seinen dicken, frommen Hals!«

      Doch plötzlich: »Ich wollte, ich könnt's. Ich wollte, man ließe mich wirklich schlimm sein. Ach, ich werd' so müde – alle langen nach mir, saugen mir das Blut aus und wollen, daß ich ihnen den Mut geb', den sie selber nicht kriegen können, weil sie zu kraftlos sind!«

      Und eine Minute später stand sie vor dem Publikum, jubelte: »O meine Geliebten, der teure Herr hat heute abend eine Botschaft für euch!«

      Und zwei Stunden später, im Taxi, in dem sie zum Hotel fuhren, schluchzte sie an seiner Brust: »Halt mich fest! Ich bin so einsam, ich hab' Angst und frier'.«

      2

      Unter seinen verschiedenen Beziehungen zu Sharon war Elmer auch ihr Angestellter. Und er ärgerte sich darüber, daß sie fünfmal so viel von dem Geld verdiente, für das er eine ehrfurchtsvolle Bewunderung hegte.

      Als sie die ersten Pläne machten, hatte sie vorgeschlagen:

      »Lieber, wenn alles gut geht, möcht' ich, daß du in drei bis vier Jahren dich mit mir in die Opfergaben teilst. Aber erst muß ich eine Menge sparen. Ich hab' Pläne – wenn sie auch noch ganz unsicher sind – eine große Zentrale für unsere Arbeit zu errichten, vielleicht mit einer Zeitschrift und einer Übungsschule für Evangelisten. Sobald das Geld dafür da ist, können wir beide ein Abkommen treffen. Aber vorläufig – wieviel hast du als Reisender verdient?«

      »Ach, gegen dreihundert im Monat – so ungefähr dreieinhalb Tausend im Jahr.« Er hatte sie wirklich gern, er log nur um Fünfhundert hinauf.

      »Dann will ich dich mit Dreitausendachthundert anfangen lassen, und in vier oder fünf Jahren, hoff ich, werden's Zehntausend sein, oder vielleicht auch doppelt so viel.«

      Und nie wieder, in allen kommenden Monaten, redete sie von seinem Gehalt. Das irritierte ihn. Er wußte, daß sie über Zwanzigtausend im Jahr verdiente und aller Wahrscheinlichkeit nach bald Fünfzigtausend verdienen würde. Doch er liebte sie so restlos, daß er kaum öfter daran dachte, als drei oder viermal im Monat.

      3

      Sharon brachte auch weiter ihre Truppe in Hotels unter, der Unabhängigkeit halber. Doch es kam zu einem unersprießlichen Mißverständnis. Elmer war, in einer geschäftlichen Besprechung, lange in ihren Zimmer geblieben, so lange, daß er zufällig am Fußende ihres Bettes in Schlaf fiel. Sie waren beide so müde, daß sie bis neun Uhr morgens durchschliefen, und erst wach wurden, als Adelbert Shoop anklopfte und in aller Unschuld hereinkam.

      Sharon hob den Kopf und sah, daß Adelbert in sich hineinkicherte.

      »Wie können Sie sich erlauben, ohne anzuklopfen in mein Zimmer zu kommen, Sie Lümmel!« raste sie.

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