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verkaufte er Krawatten in einem Warenhaus, predigte in einer Mission, erzog die Tochter eines reichen Fischgroßhändlers und schrieb nachlässige und aufreizende Buchbesprechungen. Er verließ die Stadt zwei Stunden vor dem ältesten Sohn des Fischhändlers und tauchte in Waco, Texas, auf, als Lehrer an einer Handelsschule, in Winona, Minnesota, als Prediger in einer Nazarenerkapelle, in Carmel, Kalifornia, als Verfasser von Gedichten und Heimstättenbroschüren, und in Miles City, Montana, als Sommervertreter auf einer Kongregationalistenkanzel. Dort war er so still und emsig, daß die Witwe eines Ranchers ihn nahm und heiratete. Sie starb. Er verlor das ganze Vermögen in zwei Tagen in den Spielsälen Tia Juanas im mexikanischen Kalifornien. Darauf wurde er besonders fromm und in Abständen von Billy Sunday, Gipsy Smith, Biederwolf und einigen anderen in Verlegenheit gebrachten Evangelisten bekehrt, die so früh in ihrer Campaign auf einen Bekehrten nicht gefaßt waren und nicht wußten, was sie mit ihm anfangen sollten.

      In Ishpeming, Michigan, wo er einer Schießbude vorstand, während er sich um einen Lehrerposten in der Groton School bewarb, hörte er Sharon Falconer, und von ihr wurde er mehr als sonst bekehrt. Er verliebte sich in sie und sagte es ihr in unverschämter Festigkeit.

      Im Augenblick hatte sie keinen ständigen ersten Assistenten. Sie war eben gezwungen gewesen, einen sehr nützlichen, stimmgewaltigen D. D. von den Böhmischen Brüdern zu entlassen, weil er entzückten Söhnen Belials angedeutet hatte, daß seine Beziehungen zu ihr zum geringsten Teil brüderlich wären. Sie stellte den Reverend Cecil Aylston an.

      Er liebte sie schrecklich. Er war ihr so ergeben, daß er sein Trinken aufgab, sein Rauchen und die Neigung für Fälschungen, die ihn in der letzten Zeit überkommen hatte. Und er tat Wunder für sie. Sie hatte sich zu sehr vom Gefühl regieren lassen. Er lehrte sie, es aufzustapeln und alles auf einmal an einem überwältigenden Abend aus sich herauszuschleudern. Sie hatte sich nicht sehr um die Grammatik gekümmert und Freude an schlechten Illustrationen gehabt. Er lehrte sie, still zu sitzen und zu lesen – Swinburne und Jowett, Pater und Jonathan Edwards, Newman und Sir Thomas Brown. Er lehrte sie, von ihrer Stimme Gebrauch zu machen, von ihren Augen Gebrauch zu machen, und, in persönlicheren Beziehungen, von ihrer Seele Gebrauch zu machen.

      Sie hatte sich von ihm verwirren, langweilen und demütig führen lassen, und jetzt war sie seiner hochmütigen Ergebenheit überdrüssig. Er hing mehr an ihr als am Leben, und ihretwegen schlug er eine wirklich begehrenswerte Witwe aus, die imstande gewesen wäre, ihn in die Episkopalkirche zurückzubringen und ihm die schöne reiche Kirche zu verschaffen, nach der er sich nach diesen Monaten voll Sägemehl und schwitzenden Bekehrten sehnte.

      5

      Als Elmer am Freitag nachmittag in Lincoln aus dem Zug stieg, blieb er vor einem schwarz-rotem Anschlag stehen, der verkündete, Elmer Gantry sei eine Autorität in der Maschinenwelt, ein beredter und unterhaltender Sprecher, und seine Ansprache »Bessere Geschäfte durch Gott und Gideon« würde »die Entdeckung einer neuen Welt besserer Geschäfte« sein.

      »Herrjeh!« sagte die Autorität in der Maschinenwelt. »Lieber wollt' ich eine Predigt von mir so angekündigt sehen, als sieben Millionen Pflüge verkaufen!«

      Er hatte eine Vision von Sharon Falconer, einsam und sehnsuchtsvoll im schwachen, goldenen Licht des Spätnachmittags in ihrem Zimmer, voll Sehnsucht nach ihm. Aber als er sie telephonisch erreichte, war sie kurz angebunden. »Nein, nein, tut mir leid, ich kann Sie am Nachmittag nicht sehen – beim Dinner um dreiviertelsechs.«

      Er war so gedemütigt, daß er sich zurückhielt und keine Bemerkung machte, als sie, eine stirnrunzelnde, tüchtige, eifrige Sharon, in den Speisesaal fegte und er sehen mußte, daß sie Cecil Aylston mitgebracht hatte.

      »Guten Abend, Schwester – Bruder Aylston«, rief er ruhig.

      »Abend. Bereit zu sprechen?«

      »Selbstverständlich.«

      Ihre Miene klärte sich ein wenig auf. »Das ist recht. Alles andere ist schief gegangen, und diese Prediger hier glauben, daß ich mit meiner Evangelistenmannschaft von der Luft leben kann. Geben Sie ihnen ordentlich was zu hören über knauserige, christliche Geschäftsleute, ja, Elmer? Wie sie Angst davor haben, was rauszurücken! Cecil! Sehen Sie gefälligst nicht so drein, als ob ich jemand gebissen hätte. Ich hab' keinen gebissen … noch nicht.«

      Aylston ignorierte sie, und die beiden Männer maßen einander wie ein Panther und ein Büffel (aber ein glattrasierter Büffel mit unendlich viel duftendem Haarwasser auf dem Kopf).

      »Bruder Aylston«, sagte Elmer, »im Bericht über das gestrige Abendmeeting hab' ich gelesen, daß Sie von Maria und der Salbung mit Narden gesprochen und diese ›Idyllen des Königs‹ von Tennyson zitiert haben. Oder wenigstens hat die Zeitung das behauptet.«

      »Das ist richtig.«

      »Ja, aber meinen Sie, daß das richtig ist für Evangelisten? Ist ja ganz gut für eine normale Kirche, besonders mit einer vornehmen, reichen Gemeinde, aber bei einer Seelenrettungscampaign –«

      »Mein lieber Mr. Gantry, Miß Falconer und ich sind der Ansicht, daß es auch bei der agressivsten Campaign nicht notwendig ist, unsere Anhänger allzu vulgär zu behandeln.«

      »Also, ich würd' ihnen das nicht geben!«

      »Und was, bitte, würden Sie ihnen geben?«

      »Die gute alte Hölle, das und nichts anderes!« Elmer schielte zu Sharon hinüber und merkte, daß sie ermutigend lächelte. »Jawohl, Verehrtester, wie es in der Hymne heißt, die Hölle unserer Väter ist gut genug für mich.«

      »Sehr wohl! Ich fürchte nur, daß sie nicht gut genug für mich ist, und ich weiß nichts davon, daß Jesus besonderen Geschmack an ihr gefunden hätte!«

      »Na, auf eins können Sie sich verlassen: Wie er bei Maria, Martha und Lazarus war, hat er nicht die Zeit mit Teetrinken totgeschlagen!«

      »Warum denn nicht, mein Bester! Wissen Sie nicht, daß der Tee schon im Jahre 627 v. Chr. mit einer Karawane von Ceylon nach Syrien importiert wurde?«

      »Nei-ein, ich wußte nicht genau, wann –«

      »Aber natürlich. Sie haben's nur vergessen – Sie müssen in Ihrer Universitätszeit von der großen epikuräischen Expedition Psaltasars gelesen haben – mit den elfhundert Kamelen? Psaltasar? Sie erinnern sich doch?«

      »O ja, ich erinner' mich an die Expedition, aber ich hab' nicht gewußt, daß er Tee eingeführt hat.«

      »Aber natürlich doch! Selbstverständlich! Ach, Miss Falconer, dieser Mr. Shoop will heute abend als Solo ›So wie ich bin‹ singen. Kann das nicht irgendwie verhindert werden? Adelbert ist eine gute gerettete Seele, aber so wie er ist, ist er zu sehr Mastochse. Wollen Sie nicht mit ihm sprechen?«

      »Ach, ich weiß nicht. Lassen Sie's ihn singen. Er hat eine Menge Seelen damit geschafft«, gähnte Sharon.

      »Schäbige kleine Seelen.«

      »Ach, hören Sie auf mit Ihrer Hochnasigkeit. Wenn Sie in den Himmel kommen, Cecil, werden Sie sich darüber beklagen, was die Seraphims – ach, seien Sie still; ich weiß, es heißt Seraphim, es ist mir nur so ausgerutscht – werden Sie sich darüber beklagen, was für Mieder sie anhaben.«

      »Ich bin gar nicht so sicher, daß Sie sich wirklich einen solchen Himmel vorstellen: die Engel in Miedern, und Sie selbst in einem goldenen Palast in der himmlischen Parkallee!«

      »Cecil Aylston, streiten Sie heute abend nicht mit mir! Ich bin – vulgär aufgelegt! Das ist Ihr Lieblingswort! Ich wünsche von ganzem Herzen, ich könnte paar von den Mitgliedern meiner eigenen Mannschaft retten! … Elmer, glauben Sie, daß Gott in Oxford war?«

      »Freilich!«

      »Und Sie waren natürlich auch dort!«

      »Ich nicht, weiß Gott! Ich war in einem Bauerncollege in Kansas! Und geboren bin ich in einer Bauernstadt in Kansas!«

      »Ich auch, eigentlich! Ach,

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