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unser natürliches Stressventil. Sie sind Ausdruck von Gefühlen und Zeichen innerer Bewegtheit. Depression ist eher die Stagnation von Gefühlen. Die verträgliche „Dosis“ von Gefühlen werden Sie mit der Zeit selbst herausfinden.

      Ich nenne diese Übung gerne die „Kontaktübung“, denn sie hilft, den in der Depression verlorenen Kontakt zu sich selbst wieder herzustellen, auch wenn das nur für kurze Zeit gelingen mag. Sie können diese Übung auch ganz dezent als kleine Geste überall einschieben, wo Sie sind. Sie wird Ihnen helfen, immer wieder zu sich zu kommen und sich von innerem Druck zu entlasten.

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      Foto Dr. Reinhard Bauß

       „Kontaktübung“

       Zum Verständnis:

      In der Depression haben Menschen oft große Angst vor dem Einschlafen. Die Erfahrung, immer wieder grübelnd wach zu liegen, zermürbt und kann bedrohlich werden. Schlafstörungen sind keine Kleinigkeit, auch wenn da immer wieder lapidar behauptet wird: „Sie müssen nicht schlafen!“ Man muss genau verstehen, welche Mechanismen da wirksam sind, damit der Schlaf sich wieder ganz natürlich einstellen kann. Schlaf ist ein physiologischer Bewusstseins- und Stoffwechselzustand, den man nicht herbeizitieren kann. Der Körper, genauer gesagt: das Gehirn, muss das Kunststück fertigbringen, vom hohen Erregungsniveau des Wachzustands in den Einschlafmodus abzusinken. Und dazu braucht es ganz bestimmte Bedingungen: ausreichende Müdigkeit, Sicherheit und Geborgenheit und einen gelösten Zustand von Körper, Geist und Seele. Ein Kunststück für Menschen in der Krise!

      Abgesehen von diesen rein physiologischen Vorgängen ist der Schlaf ein empfindliches seelisches Phänomen. Nicht umsonst wird der Tod in der Literatur als „des Schlafes Bruder“ bezeichnet. Einschlafen setzt voraus, dass der Mensch die Zuversicht hat, auch wieder aufzuwachen. Gerade dieses Vertrauen haben aber viele an Depression Erkrankte gerade verloren.

      Im Folgenden möchte ich Ihnen Strategien aufzeigen, die auch Ihnen wieder zu einem erholsamen Schlaf verhelfen.

      Ängste, Grübeleien und innerer Druck halten das Gehirn vom Schlafen ab. Die Dunkelheit der Nacht aktiviert dazu noch unsere tiefen „Kinderseelenängste“. Wenn wir sie nicht ernst nehmen und beruhigen, kann der Körper sich nicht entspannen und der Geist kommt nicht wirklich zur Ruhe.

      Menschen mit langwierigen Schlafproblemen haben nur ein Ziel: sofort wieder schlafen zu können. Wenn Menschen mir von ihren Schlafstörungen erzählen, geht es erst einmal darum, diesen Druck, unbedingt schlafen zu müssen, herauszunehmen. Denn sonst wird der Schlafplatz zum Kampfplatz. Und so kann niemand schlafen. Manchmal kommt man um ein schlafförderndes Medikament, zum Beispiel ein Antidepressivum, nicht herum. Oft reicht die bereits erwähnte kleine Dosis Amitriptylin zur Beruhigung Ihres Nervensystems aus. In leichteren Fällen reicht ein Präparat mit hoch dosiertem Lavendelöl, einem Angst lösenden Mittel, oder mit Baldrian und Hopfen aus. Seien Sie vorsichtig mit der gut gemeinten Verschreibung von Benzodiazepinen durch Ihren Arzt. Das Suchtpotenzial ist verheerend. Es gibt Besseres! Wichtiger als starke Medikamente ist die begleitende Zuversicht eines Gegenübers, das Halt und Sicherheit vermittelt. Vielleicht kann Ihnen dieser Text ein wenig dabei helfen.

      Nach meiner Erfahrung ist das größte Problem die „Angst, dass das mit dem Schlaf nie wieder besser wird“. Ich versichere Ihnen, auch Ihr Schlaf wird wieder besser, wenn Ihre Seele aus dem Alarmzustand herauskommt! Zunächst kommt es also darauf an, die Angst zu beruhigen. Ja, das ist nicht so ganz einfach, wenn einem die Kontrolle über das eigene Leben gerade abhandengekommen ist. Doch ist es nicht erstaunlich?: Ihr Herz schlägt mit großer Beständigkeit, Ihr Atem kommt und geht und Ihre Füße können einen Schritt nach dem andern gehen. Darauf verlassen wir uns jetzt!

      Ich werde Ihnen einige Tipps geben, wie Sie günstige Rahmenbedingungen für guten Schlaf schaffen können. Und dann, aber nur dann, hilft tatsächlich das Wissen: Ich muss nicht schlafen. Wenn Sie ruhig und entspannt im Bett liegen und dabei sanft und ruhig atmen, erholen Sie sich auch ohne Schlaf. Es schadet nicht, wenn Sie ein paar Nächte nicht oder wenig schlafen. Die unten dargestellte spezielle Entspannungstechnik wird Sie in der Nacht angenehm beschäftigen, sodass Sie zur Ruhe kommen und schließlich auch einschlafen. Zunächst aber ein paar wichtige Informationen:

      Der Schlaf ist so gut, wie der Tag war. Nach einem chaotischen Tag kann auch ein Gesunder nicht gleich in den Schlaf finden, erst recht nicht ein Mensch in der Krise. Müdigkeit entsteht durch Einwirkung von Melatonin. Das ist ein Botenstoff im Gehirn, der am Abend, wenn es dunkel wird, aus Serotonin gebildet wird. Unter dem typischen Serotoninmangel während einer Depression wird also weniger Melatonin produziert. Man kann jedoch durch morgendliche Bewegung draußen in der Sonne oder durch Aktivität wie tägliche Arbeit die Serotoninproduktion anregen, sodass Sie abends auch leichter müde werden. Wichtig ist also, dass Sie morgens aktiv sind und gegen Abend zur Ruhe kommen, damit Ihr System schon vor der Nacht herunterfährt. Auch wenn viele behaupten, man solle den ganzen Tag über aktiv sein, um schlafen zu können, halte ich davon nichts. Das fördert nur den sowieso schon vorhandenen Übererregungszustand im Gehirn. Besser ist eine Ruhezeit am frühen Nachmittag, um das System zu beruhigen und der Seele „Verdauungszeit“ zu geben. Wer sich den ganzen Tag ablenkt, um sich nicht zu spüren, „muss“ nachts wach liegen, um sich seinen Sorgen und Ängsten zu widmen. Tun Sie das also am Nachmittag!

      In der Depression ist es gut, sich auf das Einschlafen sorgfältig vorzubereiten. Ähnlich wie ein Kind brauchen Sie ein ganz individuelles Einschlaf- oder Übergangsritual. Rituale geben uns Halt und Sicherheit, da sie in immer gleicher Weise dabei helfen, den einen Zustand – das Wachsein – zu beenden und in den andern Zustand – das Schlafen – hinüberzugleiten. Schließen Sie den Tag deshalb in Frieden ab, indem Sie vielleicht noch einmal Revue passieren lassen, was gewesen ist. Lassen Sie los, was schiefgegangen ist. Seien Sie dankbar für das, was gelungen ist. Ja, das ist sehr, sehr wichtig: Seien Sie dankbar für jeden winzigen Lichtblick des Tages! Schön ist, wenn Sie etwas in ein Tagebuch schreiben, falls Sie dabei keinen Druck empfinden. Oft hilft das Schreiben dabei, sich besser von Ereignissen zu distanzieren. Außerdem macht es müde!

      Gestalten Sie Ihren Schlafplatz so, dass Sie sich dort besonders geborgen fühlen und entspannen können: ein schönes Kissen, wohltuende, entspannende Farben, zum Beispiel Dunkelblau, eine kuschelige Decke … Folgende Maßnahmen sind zusätzlich förderlich: ein warmes Fußbad oder ein Bad in der Badewanne mit Meersalz und vor allem mit Melissenextrakt, einem alten, bewährten Mittel nach Kneipp. Im Schlaf sinkt unsere Körperkerntemperatur, während unsere Beine und Arme wärmer werden. Nicht zu heiße Bäder haben genau diesen Effekt! Auch das leichte Einmassieren von warmem Sesamöl im Bereich Ihres Magens, der Gegend des „Sonnengeflechts“, den Sie anschließend mit einem Tuch und einer leichten Wärmflasche abdecken, wirkt sehr beruhigend. An medikamentöser Unterstützung kann man Kombinationspräparate mit Baldrian schon am Nachmittag und zusätzlich abends einnehmen.

      Wichtiger als alle Medikamente ist jedoch folgender Punkt: Menschen, die sich müde ins Bett legen und nach kurzer Zeit hellwach im Bett sitzen, haben zu wenig Leib-Seele-Kontakt. Wer sich nicht genug spürt, mag nicht in den Schlaf abtauchen: Viel zu „gefährlich“! Man könnte ja plötzlich ganz „verschwinden“. Es ist also wichtig, dass Sie sich vor dem Schlafen noch einmal sehr bewusst dieses Leib-Seele-Kontaktes versichern. Sie können das tun, indem Sie sich mit einer Decke auf den harten Boden legen oder auf dem Boden „wälzen“, sich bewusst spüren und dabei die Muskeln entspannen. Ich nenne diesen Vorgang gerne die „Schlabberpuppen-Übung“. Wichtig ist, sich dabei etwa Folgendes zu sagen: „Ja, ich spüre mich, ich spüre den Boden unter mir. Er hält mich. Ich muss mich nicht zusammenhalten. Ich bin sicher und geborgen.“ Sich selbst noch einmal bewusst mit den Händen zu beruhigen hilft sehr, diesen Kontakt zu verinnerlichen. Auch alle Übungen zur Entspannung sowie das Klopfen nach Dr. Klinghardt, das im Kapitel über den Leib-Seele-Kontakt beschrieben wird, sorgen für einen Erregungsausgleich.

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