Скачать книгу

Erschöpfung einerseits und dem Kummer über ein tragisches Ereignis, der Lustigkeit oder der Depression andererseits veranschaulicht. Was die leiblichen Gefühle des Menschen betrifft, so haben sie einen anderen Charakter als die der Tiere. Obzwar es keine geistigen sind, sind es dennoch eindeutig personale. Auch wenn gewisse physiologische Vorgänge homolog verlaufen, so verlaufen sie im bewussten Leben des Menschen nichtsdestoweniger von der Wurzel her anders, sind sie doch „in die geheimnisvolle, tiefe Welt einer PersonPerson eingesenkt“ und werden „von diesem identischen Selbst erlebt“.12 Die psychischen Gefühle sind darüber hinaus noch subjektiver, sie „gehen mehr im SubjektSubjekt vor sich als die Körpergefühle“13. Sehr wohl können diese beiden Gefühlsarten koexistieren, so etwa ist der Einfluss der körperlichen Vitalität auf die psychische Stimmung ja geradezu feststellbar.

      Von HildebrandHildebrandDietrich von unterscheidet die Gefühle sodann nach ihrer GeistigkeitGeistigkeit. Geistig sind ihm die Gefühle dann, wenn sie intentional sind, wie beispielsweise im Falle des Kummers über ein tragisches Ereignis. Sie sind es dann, wenn ihnen der Charakter einer AntwortAntworttheoretische zukommt, wenn sie in einer sinnvollen und bewussten Beziehung zu einem Gegenstand stehen. Dagegen sind nicht-intentionale Gefühle wie das Kopfweh oder das angenehme GefühlGefühl des Ausruhens spezifisch ungeistig. Zudem „werden psychische Zustände entweder durch körperliche oder psychische Vorgänge ‚verursacht‘, affektive Antwortenaffektive Antworten sind dagegen ‚motiviert‘“14. Doch besitzen nicht alle intentionalen affektiven AntwortenAntworten diese Geistigkeit. Ein Beispiel dafür ist etwa die Wut. Zwar ist die Wut für gewöhnlich motiviert und stellt eine AntwortAntworttheoretische auf etwas ganz Bestimmtes dar, womit sie eigentlich intentionale Züge trägt, doch ist sie trotzdem nicht in jedem Falle geistig. „Wenn sie durch ihre Intensität in ein ‚Den-Kopf-Verlieren‘ ausartet, stellt sie ein radikal Ungeistiges dar. Sie schaltet die VernunftVernunft und auch den klaren WillenWillen aus; sie paralysiert beide.“15 Dann hat sie sogar einen „geist-feindlichen Charakter“16.

      Wichtig ist hier vor allem der Wesensunterschied zwischen den geistigen und den nichtgeistigen Formen der AffektivitätAffektivität. Wie gesehen, ist die GeistigkeitGeistigkeit einer affektiven AntwortAntworttheoretische nicht alleine durch ihre IntentionalitätIntentionalität gesichert, „sie erfordert darüber hinaus die für Wertantworten charakteristische TranszendenzTranszendenz“17. In der WertantwortWertantwort18 kommt es zu einem KonformierenKonformieren mit dem Wert, dem in sich Bedeutsamen, zu einer adaequatio cordis ad valorem. Es ist dies „einer der tiefsten Grundzüge der PersonPerson“19. Im selben Mass wie in der ErkenntnisErkenntnis kommt es in der affektiven Wertantwort zu einem Überschreiten der bloss subjektiven Bedürfnisse und Begierden. Doch reicht die der Wertantwort eigene Transzendenz noch weiter. „Indem unser Herz sich dem Wert angleicht, das in sich Bedeutsame uns ergreift, bildet sich eine EinheitEinheit, die über die im ErkennenErkennen liegende noch hinausgeht.“20 Das zeigt sich in aller Deutlichkeit an der affektivsten aller affektiven AntwortenAntworten, an der LiebeLiebe.21 In der Liebe ist die Person noch tiefer in die Vereinigung mit dem Objekt hineingezogen als in der Erkenntnis. Und doch erweist sich an der Liebe die „MitwirkungMitwirkung des Intellektes mit dem Herzen“22. Denn es ist ein ErkenntnisaktErkenntnisakt, in dem der Gegenstand der Liebe erfasst und es ist ein Erkenntnisakt, in dem sein Wert begriffen wird.

      Etwas von dieser MitwirkungMitwirkung des Intellektes mit dem Herzen hat sich weiter oben bereits gezeigt, als das WertfühlenWertfühlen eingeführt wurde, das unmittelbare AffiziertwerdenAffiziertwerden vom Wert.23 Das erstens ein rezeptives Verhalten und zweitens die WirkungWirkung eines Erkannten ist, und zwar eine affektive Wirkung, das drittens ein ausgesprochen intentionales Erlebnis ist.24 Ohne dieses Affiziertwerden vom Wert – wie von HildebrandHildebrandDietrich von bereits in seiner Habilitationsschrift dargelegt hat – ist auch das ErkennenErkennen von Sachverhalten, die in dem betreffenden Gegenstand und seiner intrinsischen BedeutsamkeitBedeutsamkeit gründen, „nur in sehr beschränktem Masse möglich“25. Um ein Erkennen handelt es sich beim Wertfühlen jedoch allemal, denn wie sonst könnte man an dem axiomatischen SatzSatz, wie an dem notwendigen SachverhaltSachverhalt festhalten, dass nichts gewollt oder gefühlt werden kann, das nicht vorweg erkannt worden ist? Es handelt sich hierbei um eine Problemstellung, deren abschliessende Behandlung einer späteren Stelle vorbehalten bleibt. Nur andeutungsweise sei hier auf das anstehende Problem aufmerksam gemacht, das sich in die Frage fassen lässt, ob das Erkennen dem Wollen in jedem Falle vorhergeht oder ob es sich in gewissen Fällen auch so verhält, dass das Wollen dem Erkennen vorhergeht.26

      3 Die affektiven AntwortenAntworten und die mitwirkende FreiheitFreiheit

      Das Reich der AffektivitätAffektivität hat eine wesentliche Beziehung zur FreiheitFreiheit des Menschen. Wenn im letzten Punkt die nichtgeistigen von den geistigen Gefühlen unterschieden wurden, so steigen beide im Menschen ohne direkte MitwirkungMitwirkung seiner Freiheit auf. Nur während die nichtgeistigen niedriger stehen als die Freiheit reicht, liegen die geistigen Gefühle über den Willensakten, jedoch nicht über dem WillenWillen selbst.

      Um dieses Übersteigen des Willens in einem angemessenen Sinne verstehen zu können, ist vorab das WesenWesen der personalen FreiheitFreiheit zu analysieren. In erster Linie ist die Freiheit gegen aussen hin von jeglicher FormForm animalischer Spontaneität abzugrenzen. In sich weist das Wesen personaler Freiheit sodann zwei verschiedene Dimensionen auf, die von HildebrandHildebrandDietrich von als die „beiden Vollkommenheiten des Willens“ oder als „die beiden Dimensionen der Freiheit“ bezeichnet.1 Diese beiden Dimensionen kommen darin zum Ausdruck, dass die PersonPerson einerseits Herr ihrer HandlungenHandlungen ist, dass sie verschiedene Tätigkeiten kommandieren kann, dass es ihr andererseits in der entscheidenderen Dimension frei steht, der auf sie „‚eindringenden‘ motivierenden Kraft der Objekte Eingang zu gewähren, zwischen ihnen zu wählen, sich ihnen teilweise oder in letzter Geöffnetheit zuzuwenden“2. Die erste Dimension der menschlichen Freiheit hat jedoch ihre prinzipiellen und akzidentellen Grenzen, so können wir „den Mond nicht herabholen, auch wenn wir es wollten, wir können fremde Menschen nicht ohne weiteres zu alledem veranlassen, was wir wollen, wir können auch in uns selbst vieles nicht einfach durch ein Kommando hervorrufen“3. Auch die zweite Freiheitsdimension hat ihre Grenzen: „Unsere LiebeLiebe, Hoffnung, Begeisterung und andere Arten der StellungnahmeStellungnahme unterstehen unserer Macht nicht ohne weiteres wie unsere Handlungen.“4

      Diese letztgenannte Freiheitsdimension wirkt sich auch im Bereich dessen aus, was von HildebrandHildebrandDietrich von die mitwirkende FreiheitFreiheit nennt. Hier werden die geistigen Gefühle thematisch, die über den Willensakten, jedoch nicht über dem WillenWillen selbst stehen. Mit der mitwirkenden Freiheit berühren wir „den tiefsten Punkt der menschlichen Freiheit, d.h. das letzte ‚Ja‘ oder ‚Nein‘, das unser freies Personzentrum aussprechen kann“5. Dieses letzte Ja oder Nein des freien Personzentrums gilt den geschenkhaft oder verhängnisvoll aufsteigenden affektiven AntwortenAntworten. Um affektive Antwortenaffektive Antworten handelt es sich beispielsweise bei der LiebeLiebe oder dem HassHass, bei der FreudeFreude, der Trauer usw. Ein Ja oder ein Nein, eine Sanktionierung oder eine Verwerfung, die ihre Daseinsberechtigung nur vom objektiven Massstab der WerteWerte herleiten, die sich nur „getragen von dem Logos der WerteweltLogos der Wertewelt“6 vollziehen können.

      Das ausdrückliche Stellungnehmen, das vom tiefsten Punkt der PersonPerson herkommende WortWort kann ausschliesslich gegenüber affektiven Wert- bzw. UnwertantwortenUnwertantworten gesprochen werden. Diese Stellungnahmen sind allerdings klar „von anderen Typen ausgesprochener Solidarität bzw. Nichtsolidarität mit den affektiven AntwortenAntworten der eigenen Person [zu] unterscheiden“7. Wie gesehen, gehört zur ausdrücklichen Sanktion oder Verwerfung affektiver Wertantworten notwendigerweise das Getragensein vom Logos der WerteweltLogos der Wertewelt. Eine zweite Eigenheit bezieht sich nicht mehr auf die Beziehung zwischen der StellungnahmeStellungnahme und einem sie tragenden Wert, sondern auf das Verhältnis zwischen Stellungnahme und affektiver AntwortAntworttheoretische selbst. Denn das Ja oder Nein zu den geschenkhaft oder verhängnisvoll aufsteigenden affektiven Antworten ist „ein einzigartiges organisches Mitwirken mit unseren affektiven Antworten oder eine Zurücknahme, die sie von innen her verändert“8. In dieser Dimension der menschlichen FreiheitFreiheit begegnen Dinge, „die wir zwar nicht mit unserem WillenWillen kommandieren können,

Скачать книгу