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Falle der Vererbung setzen die dominanten sich jeweils gegen die rezessiven Gene durch, wodurch die Arten letztlich konstant bleiben. Darum, so der bekannte Anatom und Humanembryologe Erich BlechschmidtBlechschmidtErich (1904–1992), entwickelt auch der MenschMensch sich nicht zum Menschen, sondern als Mensch.7 Ohnehin kann am Beginn alles Seienden nicht die tote MaterieMaterie gestanden haben, denn vor der Materie mussten die NaturgesetzeNaturgesetze existieren, nach denen die Materie sich auferbaut und erhält. Das aber heisst, dass am Beginn die Information war, der GeistGeist, denn die Naturgesetze sind ja nichts Materielles, sondern etwas Geistiges.

      Wie DescartesDescartesRené in seinen Meditationen betonte, sind die Irrtümer einzig darin fundiert, dass „der Wille weiter reicht als der VerstandVerstand, ich jenen nicht in dessen Grenzen einschliesse, sondern ihn auch auf das erstrecke, was ich nicht einsehe“8. Obwohl DarwinDarwinCharles selbst kein Atheist war, gaben Thomas Henry HuxleyHuxleyThomas Henry (1825–1895) und Ernst HaeckelHaeckelErnst (1834–1919) der Theorie von Beginn weg atheistische Implikationen. Denn dass es nichts anderes als das Nichtsein Gottes ist, was mit dieser Theorie nachzuweisen versucht wird, liegt offen zutage. Soll doch gerade die EinsichtEinsicht untergraben werden, dass nur ein persönlicher GottGott der Schöpfer des Lebens und der Personen sein und nur ein allmächtiges und unendlich intelligentes Sein alle Seienden, vom Bakterium bis zu den Elefanten, hervorgebracht haben kann.

      Für den US-amerikanischen Philosophen Thomas NagelNagelThomas (1937-), der einen Atheismus vertritt, in dem er die EvolutionstheorieEvolutionstheorie ebenso ablehnt wie den Gottesgedanken, sind die evolutionären Thesen jedenfalls ein „Beispiel für die Tendenz, eine Theorie, die anderswo erfolgreich war, heranzuziehen, um sie auf etwas anzuwenden, was man gerade nicht versteht“9. Das zeige sich an der Verwendung des einschlägigen Wortes „überlebenswert“, das „in unseren Tagen eine magische Formel für alles und jedes“ sei, „von der EthikEthik bis zum Verständnis der Sprache“.10 Zwar räumt er Darwins Theorie der natürlichen Selektion ein, vielleicht erklären zu können, „warum WesenWesen mit visueller Wahrnehmung oder mit der Fähigkeit zum logischen Schliessen überleben werden, doch sie erklärt nicht, warum das Sehen selbst oder das logische Schliessen möglich werden“11. Die Theorie der natürlichen Selektion erklärt eben nicht Möglichkeiten als solche, „sondern immer nur die Selektion aus einem vorgegebenen Bereich von Möglichkeiten“12. NagelNagelThomas sieht deutlich, wie in der Evolutionstheorie alles von der Unterstellung abhängt, „dass schlechterdings jedes bemerkenswerte Merkmal menschlicher oder anderer Organismen auch eine darwinistische Erklärung haben müsse“13. „Doch welchen Grund gibt es eigentlich dafür, an so etwas zu glauben?“14 Warum eigentlich zwingt man die Entwicklung „mit wenig wahrscheinlichen Spekulationen, die in keiner Weise durch Daten abgesichert sind“, unter das Gesetz, dass die natürliche Selektionnatürliche Selektion alles und jedes erklärt?15 Weil man es hier mit einem jener einflussreichen Glaubenssätze zu tun hat, „die offensichtlich in der intellektuellen Luft liegen, die wir gegenwärtig atmen“16.

      Dass es sich bei der von DawkinsDawkinsRichard behaupteten „EvolutionEvolution der ReligionReligion“17 um einen ebensolchen Glauben handelt, welcher in der Religion nicht eine die ImmanenzImmanenz transzendierende interpersonale Beziehung zwischen MenschMensch und GottGott sieht, sondern ein Nebenprodukt bzw. eine Fehlfunktion eines im Kampf ums DaseinKampf ums Dasein eigentlich nützlichen Mechanismus, bedarf im Grunde keiner weiteren Erklärung. Der Bestand des notwendigen und intelligiblen Sachverhalts, den sowohl Johann Wolfgang von GoetheGoetheJohann Wolfgang von mit seinem WortWort „Leben erst muss Leben geben“18 wie auch Louis PasteurPasteurLouis mit seinem bekannten Ausdruck Omne vivum ex vivo (alles Leben kommt aus dem Leben) zur Sprache gebracht haben, den die Evolutionstheoretiker jedoch ignorieren,19 wird im nächsten Punkt mit einigen philosophischen Argumenten untermauert werden.20 Mit ihnen wird einsichtig gemacht, warum die geistige PersonPerson nicht die WirkungWirkung materieller Ursachen sein kann, wie die Evolutionisten suggerieren.

      Im Übrigen hatte schon PlatonPlaton zu seiner Zeit sich mit den ähnlich gelagerten „Erklärungen“ des AnaxagorasAnaxagoras (500–428 v. Chr.) auseinandergesetzt, der behauptete, dass die VernunftVernunft die UrsacheUrsache von allem sei, was entsteht, besteht und vergeht. Nachdem ihm dessen Erklärung des Werdens, Bestehens und Vergehens zuerst als richtig erschienen sei, habe er sie später wieder verwerfen müssen. Denn es sei offenkundig mangelhaft, wenn jemand zu ihm sagen würde, dass er alles, was er tue, aufgrund der Vernunft tue, und dann als Ursache für dieses Tun eine Fähigkeit des Körpers angäbe. So sei der Grund, weswegen er an der Stelle sitze, weil sein Leib aus Knochen und Sehnen bestehe, die Knochen dicht und voneinander geschieden und die Sehnen so gerichtet seien, dass sie angezogen und nachgelassen werden könnten. Und da die Knochen von den Gelenken getragen würden, bewirkte das Anziehen und Nachlassen der Sehnen, dass er seine Glieder bewegen könne, und das sei der Grund, weswegen er hier sitze. Das hiesse nichts anderes, als nicht zwischen der eigentlichen Ursache und der blossen Mitursache zu unterscheiden.21

      Auch Gottfried Wilhelm LeibnizLeibnizGottfried Wilhelm (1646–1716) wandte sich, die EvolutionstheorieEvolutionstheorie gleichsam antizipierend, gegen die allzu materialistischen Philosophen, „die alles der materiellen NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive [necessité] oder einem gewissen Zufall [hazard] zuschreiben“, und „zur Erklärung der Phänomene nur der materiellen Eigenschaften [sich] bedienen“.22

      Die EvolutionstheorieEvolutionstheorie steht wieder da, wo BaconBaconFrancis die grosse Erneuerung der Wissenschaften ins Leben rief: beim Teil. Damals wie heute konnte und kann der MenschMensch nicht leugnen, dass der Teil integral zu seiner Lebenswelt gehört und auch er selbst aus Teilen besteht. Dass der Mensch jedoch nicht nur der Teile bedarf, hat sich seit dem 19. Jahrhundert immer deutlicher gezeigt. Seit jener Zeit tritt der existentiell-anthropologische BeweisBeweis immer deutlicher ins allgemeine BewusstseinBewusstsein, dass der Mensch sein Dasein als sinnvoll erfahren muss, wenn er leben will. SinnSinn kann er aber nur dann erfahren, wenn er sich einem grösseren sinnvollen Ganzen sich selbst überschreitend angleicht. Denn auch der Mensch ist seinem WesenWesen nach eben nicht nur eine Komposition von Teilen, sondern selbst eine Ganzheit, die das ihr angemessene Leben nur aus der Sinnfülle selbst, der vollkommenen PersonPerson empfangen kann – omne sensum ex sensu. Mit anderen Worten: Das eigene Dasein wird nur dann als sinnvoll, bedeutsam und lebenswert erfahren, wenn der betreffende Mensch sich nicht mit dem zufrieden gibt, was nur für ihn wichtig ist, sondern sich vielmehr an dem orientiert und auf die je angemessene Weise zu beantworten sucht, was ihm mit einer BedeutsamkeitBedeutsamkeit gegenübertritt, die die Welt seines eigenen Lebens und seiner eigenen Wichtigkeiten übersteigt.

      5.3.3 BewusstseinBewusstsein als Evolutionsemergent?

      Da in der vorliegenden Untersuchung vor allem die ReligionReligion als Bindung des Menschen an GottGott thematisch ist, braucht auf die erste der beiden Thesen hier nicht eingegangen zu werden. Denn welche Auffassung zur Frage nach den Möglichkeiten der begrenzten oder Mikro-EvolutionEvolution (im Unterschied zur Makro-Evolution im Sinne evolutiver Übergänge von einer niederen Art zu einer höheren) auch eingenommen wird, der Bereich des apersonalen Seins spielt in die Religion jedenfalls nicht unmittelbar hinein. Darum wird der TheseThese der organischen Höherentwicklung keine Beachtung geschenkt.1

      Religionsphilosophisch relevant ist dagegen die Reduzierung des menschlichen Bewusstseins zu einem EpiphänomenEpiphänomen des Gehirns. Der EpiphänomenalismusEpiphänomenalismus, der im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielte und v.a. durch die bereits erwähnten HuxleyHuxleyThomas Henry und HaeckelHaeckelErnst vertreten wurde, unterscheidet zwischen dem Physischen und dem Mentalen, streitet aber strikte ab, dass physische Prozesse durch den GeistGeist verursacht werden. Geistige Prozesse sind Epiphänomene (Begleiterscheinungen) von Veränderungen im Bereich des Physischen. Veränderungen im Physischen verursachen geistige Prozesse.

      Infolgedessen, dass die Bewusstseinsbildung als evolutionäres Phänomen biotisch2 nicht hinreichend erklärt werden kann, kam es in den 1970er Jahren zu einer Renaissance der EmergenzEmergenz-Theorie. Ihren Vorläufer hatte diese Theorie in dem bereits in der Einleitung zitierten WortWort des AristotelesAristoteles, nach dem das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Als Emergenz wird in dieser Theorie die spontane Herausbildung neuer Eigenschaften oder Strukturen eines

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