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Übersetzungstheorien. Radegundis Stolze
Читать онлайн.Название Übersetzungstheorien
Год выпуска 0
isbn 9783823300878
Автор произведения Radegundis Stolze
Жанр Документальная литература
Серия narr studienbücher
Издательство Bookwire
Das erklärte Ziel der Leipziger Schule war die Erstellung einer „Übersetzungsgrammatik“. Darin sollten systematisch alle mehr oder minder regelhaften, von einem Vergleich der Sprachsysteme ableitbaren und vom Übersetzer einzuhaltenden Regeln zusammengefasst werden.
Die idealtypische Übersetzungssituation ist nämlich eine „Abfolge von mechanischen bzw. mechanisierbaren Substitutionsprozessen oberflächengebundener Textkonstruktion (KADE 1968) (zit. nach WILSS 1977:282).
Zentrale Begriffe der Translationslinguistik sind hier KodeKode und Kodewechsel, deren Herkunft aus Nachrichtentechnik und Kommunikationswissenschaft2 die Zielrichtung der TLTranslationslinguistik andeutet. Sie strebt an, den Informationsgehalt eines Textes in der Übersetzung invariant zu erhalten.
Kommunikationswissenschaft ist die Wissenschaft von Bedingungen, Struktur und Verlauf von Informationsaustausch auf der Basis von Zeichensystemen. Ein KommunikationsmodellKommunikationsmodell ist die schematische Darstellung von Kommunikationsprozessen und ihrer Komponenten. Grundkomponenten des nachrichtentechnischen Kommunikationsmodells sind (a) SenderSenders. Autor, Produzent und EmpfängerEmpfänger (Sprecher/Hörer), (b) Kanal bzw. Medium der Informationsübermittlung (akustisch, optisch, taktil), (c) KodeKode (Zeichenvorrat und Verknüpfungsregeln), (d) Nachricht (Mitteilungsinhalt), (e) Störungen (Rauschen), (f) pragmatische BedeutungBedeutung (IntentionIntention, Wirkung), (g) Rückkoppelung (Empfängerreaktion).
Der KodeKode-BegriffBegriff wurde in die SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik übernommen, indem man – vereinfacht ausgedrückt – die LexikLexik einer SpracheSprache mit dem Zeichenrepertoire und die SyntaxSyntax mit dem Zeichenverknüpfungsmechanismus gleichsetzte. In der sprachlichen KommunikationKommunikation (RedeRedes. parole) dient der Kode dazu, eine Nachricht (N) von einem SenderSenders. Autor, Produzent (S) zu einem EmpfängerEmpfänger (E) zu transportieren, d.h. die Nachricht wird zu Übermittlungszwecken enkodiert (verschlüsselt) und beim Empfang wieder dekodiert (entschlüsselt). Das KommunikationsmodellKommunikationsmodell sieht so aus, wenn SenderSenders. Autor, Produzent (S) und Empfänger (E) über ein gemeinsames Zeichensystem (Sprache) verfügen:
Das ÜbersetzenÜbersetzen stellt dann einen Sonderfall dar: Zwischen SenderSenders. Autor, Produzent und EmpfängerEmpfänger muss der ÜbersetzerÜbersetzer (oder der Computer) treten, der einen Kodierungswechsel vornimmt, weil ja der Empfänger des Textes nicht über den gleichen KodeKode (SpracheSprache) wie der SenderSenders. Autor, Produzent verfügt. Dabei muss aber der Informationsgehalt eines Textes invariant bleiben. Nach KadeKade (1968a:203) kann man den zweisprachigen KommunikationsvorgangKommunikationsvorgang der Übersetzung als dreiphasigen Prozess folgendermaßen veranschaulichen:
Der ÜbersetzerÜbersetzer ist nicht nur „Kodeumschalter“, sondern zugleich EmpfängerEmpfänger (E) der AS-Nachricht und SenderSenders. Autor, Produzent (S’) der gleichen ZS-Nachricht, die dann vom zielsprachlichen Empfänger (E’) im VerstehenVerstehen wieder dekodiert wird. Der Blick ist hier auf die Information gerichtet, die unversehrt weitergeleitet werden soll. Dies geschieht durch code-switching im interlingualen Transfer, wobei „Äquivalenz“ erzielt werden soll. Diese gilt als Garant für den Erhalt der Information in der Übersetzung. Jene Auffassung hat die deutsche ÜbersetzungswissenschaftÜbersetzungswissenschaft zunächst sehr stark geprägt. Deren Interesse konzentriert sich auf die Frage,
wie man sprachlich operieren muß, um ausgangs- und zielsprachliche Textintegration zu gewährleisten und interlinguale Strukturdivergenzen auf inhaltlich und stilistisch adäquate Weise zu neutralisieren. Die ÜbersetzungswissenschaftÜbersetzungswissenschaft versteht ÜbersetzenÜbersetzen als einen sprachlichen Formulierungsprozeß, in dessen Verlauf der ÜbersetzerÜbersetzer durch eine Folge von code-switchingcode-switching-Operationen eine von einem ausgangssprachlichen SenderSenders. Autor, Produzent (S1) produzierte Nachricht in einer ZielspracheZielspraches. ZS reproduziert und sie damit dem zielsprachlichen EmpfängerEmpfänger (E2) zugänglich macht (WILSSWilss 1977:62).
4.3 Die potentiellen Entsprechungen zwischen AS und ZS
Durch die kommunikationswissenschaftlich logische Forderung nach Invarianz der InformationInformation entsteht das „translatorische Grundproblem“ der Suche nach Entsprechungen.
Das Fehlen von Eins-zu-Eins-Entsprechungen wirkt sich vor allem dort nachteilig aus, wo ÜbersetzenÜbersetzen als ein Vorgang verstanden wird, „bei welchem Reihen eines Sprachinventars A durch Reihen eines Sprachinventars Z ersetzt werden“ (…). Dies ist bei der Maschinenübersetzung der Fall, die informationstheoretisch argumentiert und den ÜbersetzungsprozeßÜbersetzungsprozess als eine Folge von formal-mechanischen Operationen auffaßt (WILSSWilss 1977:75).
Dieses Grundproblem rührt nach Meinung KADES von der Divergenz zwischen languelangues. Sprachsystem und paroleparoles. Rede, Äußerung her, wie sie bei SAUSSURESaussure konzipiert ist (s. Kap. 3.2):
Die Problematik der TranslationTranslation resultiert daraus, daß bei der Umschlüsselung (…) im Bereich der paroleparoles. Rede, Äußerung (d.h. bei der Aktualisierung sprachlicher Mittel) auf der Inhaltsebene ein 1:1-Verhältnis zwischen AS-Elementen und ZS-Elementen erreicht werden muß, obwohl im Bereich der languelangues. Sprachsystem (d.h. in den Relationen zwischen AS-System und ZS-System die Nichtübereinstimmung der semantisch-funktionellen Seite verschiedensprachiger Zeichen (der AS-Zeichen und ZS-Zeichen) die Regel ist (KADEKade 1968:75).
Die Reichweite der TranslationslinguistikTranslationslinguistik wird damit auf den rein inhaltlichen AspektAspekt von Texten begrenzt, der den alleinigen Bezugspunkt darstellt. So auch bei Henri VERNAY:
Wir definieren zunächst ÜbersetzenÜbersetzen als den Akt, der eine in der SpracheSprache A gegebene InformationInformation so in eine Sprache B überträgt, daß die in Sprache B erhaltene Informationsmenge mit jener in Sprache A identisch ist (…). Wenn man aber die informative ÄquivalenzÄquivalenzs. Entsprechung eines ZS-Textes mit seinem AS-Text feststellen will, so bedarf es eines tertium comparationistertium comparationis auf der Inhaltsebene, an dem sowohl AS-Text als auch ZS-Text gemessen werden können (VERNAY 1974:4; 5).
In seinem Übersetzungsmodell führt der Weg vom AS-Text zu einem „Metatext“ auf der languelangues. Sprachsystem-Ebene. Nach „Feststellung der Übereinstimmung und Abweichung zwischen L1- und L2-System unter Bezug auf außereinzelsprachliche Kategorien der Inhaltssubstanz“ (VERNAY 1974:6) ergibt sich, wie in der Vorstellungswelt der Generativen Grammatik (s. Kap. 3.4)Grammatik, deduktiv wiederum ein ZS-Text. Sehr zahlreiche Beiträge zur ÜbersetzungswissenschaftÜbersetzungswissenschaft entwickeln ähnliche Modelle auf verschiedenen Stufen der Abstraktion oder Formalisierung, jedoch keine explizite Anwendung auf konkrete Texte (vgl. dazu KOSCHMIEDERKoschmieder, s. Kap. 3.6).
In diesem (gewiss auch vom marxistischen WeltbildWeltbild geprägten) Ansatz KADES, der die sprachliche FormForm nur im „Dienst am InhaltInhalt“ sieht, wird die Unterscheidung zwischen languelangues. Sprachsystem und paroleparoles. Rede, Äußerung, zwischen SprachsystemSprachsystem und konkreter RedeRedes. parole verwischt, sodass das ÜbersetzenÜbersetzen einfach zu einem Ersatz von Sprachzeichen der einen SpracheSprache durch solche einer anderen wird, solange dies nur mit Bezug auf eine universale TiefenstrukturTiefenstruktur, ein tertium comparationistertium comparationis vertretbar ist. Die theoretischen Konstrukte von Tiefenstruktur-OberflächenstrukturOberflächenstruktur/BegriffBegriff-Zeichen/Sprachsystem-RedeRedes.