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allen Kontexten von Lernen suchen wir Gründe für Erfolge bzw. Misserfolge. Sie werden durch das Individuum selbst (= internal) oder durch Außenfaktoren (= external) beschrieben. Nach Holodynski & Oerter (2008, 548) erklären wir Leistungen entweder durch unsere Fähigkeiten (internal-stabil), durch besondere Anstrengung (internal-variabel), durch die Schwierigkeit der Aufgabe (external-stabil) oder Glück bzw. Pech (external-variabel). Anzustreben sind internal-stabile Attributionen.

      Die Entwicklung eines bestimmten Habitus (z.B. „Ich bin ein guter Schreiber“) ist davon abhängig, in welcher Funktion wir uns jeweils mit Sprache auseinandersetzen bzw. diese gebrauchen: Zum Wissenserwerb, zur Unterhaltung, zur (ästhetisch-kulturellen) Bildung. Dadurch geraten unterschiedliche Aspekte von Sprache in den Blick. Domänenspezifisch können daher Unterschiede bestehen: Lesen Sie z.B. lieber Sachtexte oder Romane?

      Die soziale Ebene bildet den äußersten Kreis unseres Modells. Hierbei handelt es sich v.a. um die sozialen Beziehungen, in denen Kommunikation (mit und über Sprache) stattfindet sowie die damit verbundenen Kontexte. Das Spektrum reicht von eher informellen Situationen (Familie, Freunde, Bekannte), institutionellen (Schule, Universität etc.) bis hin zu öffentlichen Situationen (Zeitung, Zeitschrift, Theater, Radio etc.). Eine Teilkompetenz stellt hier die Fähigkeit und Fertigkeit dar, das entsprechende sprachliche Register zu wählen (vgl. Kapitel 10). Also z.B. die Beantwortung der Frage, ob die Varietät Kiezdeutsch bei einem Referat in der Schule angemessen sein kann. Bereits zuvor haben wir angesprochen, dass auch der Spracherwerb an den Kontext gebunden ist. Folgendes Beispiel (nach Jeuck 2015, 16) illustriert dies. Stellen Sie sich vor, ein Kind spricht mit seinen Eltern nur Türkisch. Wenn das Kind mit seinen Eltern beispielsweise Eisenbahn spielt, erwirbt es spezifischen Wortschatz; wenn es aber nicht auch in einem deutschsprachigen Kontext Eisenbahn spielt, wird es keinen deutschen Wortschatz für diesen Bereich erwerben. Dies kann dazu führen, dass das Kind sich in der L2 dazu kaum äußert, Objekte als Ding benennt oder dafür Wörter aus dem Türkischen entlehnt (vgl. Jeuck 2015, 16).

      In die soziale Ebene lässt sich auch das Modell der Sprachdynamik integrieren (vgl. Schmidt & Herrgen 2011). Dieses Modell geht davon aus, dass Sprecher ihr Sprachverhalten gegenüber ihren Kommunikationspartnern variieren und den entsprechenden Kontexten jeweils anpassen (vgl. Schmidt & Herrgen 2011, 29). Dieses Modell spricht in so einem Fall von einer Mikrosynchronisierung, wenn es eine Einzelsituation zwischen zwei Kommunikationspartnern betrifft. Eine Schülerin, die mit einem Mitschüler spricht, wird ihre Sprache in eine andere Richtung synchronisieren (z.B. in Richtung Jugendsprache) als bei einem Gespräch mit der Schulleiterin, wo eventuell eine gegenseitige Synchronisation in Richtung einer standardnahen Varietät erfolgt. Solche „Anpassungsvorgänge“, die nicht nur in der mündlichen, sondern auch in der schriftlichen Kommunikation erfolgen können, sind als Kompetenzen auf der sozialen und auf der kognitiven Ebene zu verorten. Schmidt & Herrgen (2011) gehen in ihrem Sprachdynamikmodell über die Synchronisierung auf der Mikroebene hinaus. Wichtige Bausteine ihrer Theorie sind weitere Synchronisierungsakte, die als Meso- und Makrosynchronisierungen bezeichnet werden. Mesosynchronisierungen verstehen sie als „Herausbildung gruppen- und situationsspezifischer sprachlicher Konventionen“ (Schmidt & Herrgen 2011, 31). Sie beziehen sich auf Sprachgemeinschaften innerhalb von Gruppen wie Klassenverband oder Peergroup. Makrosynchronisierungen sind „Synchronisierungsakte, mit denen Mitglieder einer Sprachgemeinschaft sich an einer gemeinsamen Norm ausrichten“ (Schmidt & Herrgen 2011, 32). Eine Norm bildet dabei die standardsprachliche Schriftsprache. Es sind jedoch auch weitere Normen denkbar, die im Fokus einer Makrosynchronisierung stehen können, wie z.B. Formen eines regionalen Standards.

      Ein weiterer Aspekt von Sprachkompetenz soll hier ebenfalls erwähnt werden. Er ist als „Außenperspektive“ sowohl auf der kognitiven als auch auf der sozialen Ebene zu verorten: Wie bewerten wir sprachliche Äußerungen? Sind wir als Sprecher durch sprachliche Ideologien „voreingenommen“? Bedeutsam für unsere Überlegungen ist vor allem die Ideologie der Homogenität einer Sprache (vgl. Maitz & Elspaß 2013, 35–36). Sie geht davon aus, dass eine Sprache tendenziell homogen, eher frei von Einflüssen anderer Sprachen und eigener Dialekte sein soll. Vorstellungen, die hiermit verbunden sind, äußern sich in Form von Attributen wie reine, schöne oder unverfälschte Sprache. Sprachliche Variation, generell eine Vielfalt in Äußerungen wird bei einem solchen „Glaubensgrundsatz“ als eher unerwünscht, ja teilweise als sprachbedrohend wahrgenommen. Zieht man jedoch beispielsweise die Karten des online verfügbaren Atlas zur deutschen Alltagssprache (AdA, Elspaß & Möller 2003) heran, wird schnell klar, dass sprachliche Variation auch in der gesprochenen Standardsprache völlig normal ist.

      Um zu unserem bereits am Beginn dieses Kapitels präsentierten Wort der/die Butter zurückzukommen, empfiehlt sich folgende Karte des AdA: http://www.atlas-alltagssprache.de/runde-5/f15a-f/

      Eine Auseinandersetzung mit der verbreiteten, jedoch falschen Annahme, dass eine Sprache möglichst homogen sein sollte, kann im Unterricht unter anderem mit den Karten des AdA angeregt werden. Aber auch verschiedene im Internet verfügbare Videos, die die vermeintliche Reinheit der deutschen Sprache thematisieren, können eine Diskussion im Klassenzimmer anregen. Hierzu bieten sich die folgenden Videos an. Das erste setzt sich mit der Bewertung von Jugendsprache, das zweite mit Kiezdeutsch auseinander.

       „Jugendsprache – Wandel statt Verfall?“ (13.11. 2018):https://www.youtube.com/watch?v=Rwcsry3mXvQ

       „Guckst du Beitrag über Sprache!“ (13.11.2018):https://www.youtube.com/watch?v=DL4XS4FOw_s

      Einen differenzierten, wertneutralen Blick auf die Gesamtheit einer Sprache, inklusive ihrer alten und neuen Varietäten und Varianten, ihrer Heterogenität also, sehen wir als Teil der Sprachkompetenz auf der sozialen Ebene an. Dies ist vor allem deshalb relevant, um der Diskriminierung aufgrund einer heterogenen Sprachverwendung entgegenzuwirken, die im deutschsprachigen Raum eine lange Geschichte aufweist: Viele Generationen von Dialektsprechern haben z.B. in der Schule wiederholt eine Abwertung ihrer L1 erfahren müssen (zu den verschiedenen Facetten sprachlicher Diskriminierung siehe z.B. König 2015). Genauere Vorschläge zur Didaktik und Methodik in Bezug auf sprachliche Ideologien und deren Behandlung im Deutschunterricht finden sich in Eller-Wildfeuer & Wildfeuer 2018.

      Vollmer & Thürmann (2013, 47f) weisen darauf hin, dass auch der Fachunterricht z. T. hohe sprachliche Anforderungen stellt, die sich auf den Lernerfolg auswirken. Sie sind maßgeblich von drei Dimensionen abhängig:

      1 Welche Inhalte und Methoden werden gelernt?

      2 Welche Zeichensysteme, Genres, Modalitäten müssen erworben werden (z.B. Symbole in der Mathematik: plötzlich schreibt man das <R> leicht anders und es auch hat eine andere Bedeutung)?

      3 Welche kognitiv-sprachlichen Funktion müssen in Hinblick auf den Diskurs beherrscht werden?

      Sie kommen zu den allgemeinsprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten hinzu bzw. sind in diese eingebettet. Eng damit hängt daher die Textkompetenz und Diskursfähigkeit zusammen, d. h. die Fähigkeit, (domänenspezifisch) Textualität herzustellen und diesbezüglich über verschiedene Strategien zu verfügen, verbunden mit einem entsprechenden Repertoire sprachlicher Mittel (vgl. Kapitel 07 und 08).

      2.4 Kompetenzen und Kompetenzniveaus

      Für den schulischen Kontext ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schüler über Fähigkeiten und Fertigkeiten unterschiedlichen Niveaus verfügen. Die zur Lösung eines bestimmten komplexen oder weniger komplexen Problems benötigten Fähigkeiten und Fertigkeiten lassen sich entsprechend in Niveaustufen einteilen. Die Schulleistungsstudie PISA definierte für die Lesekompetenz z.B. fünf Stufen. Höhere Niveaustufen schließen dabei i. d. R. die darunterliegenden mit ein.

      

Abb. 2.4:

      Kompetenzniveaus

      Die

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