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Doppelgänger“9.

      Genettes Erzählmodell lässt sich daher folgendermaßen veranschaulichen:

      Abb. 1 Erzählmodell nach Genette (eigene Darstellung)

      2.2.1.2 Chatman

      Chatman verwendet hinsichtlich der Erzählsituation die Begriffe realer Autor, impliziter Autor, Erzähler, Adressat, impliziter Leser und realer Leser.1 Dabei stehen der reale Autor sowie der reale Leser außerhalb des Textes und sind daher für die narrative Analyse unerheblich.2 Darüber hinaus ist es für Chatman wichtig „not to confuse author and narrator“3. Mit Rückgriff auf Booth4 spricht er sich für die Verwendung der Begrifflichkeit des impliziten Autors aus. Der implizite Autor ist demnach das Bild vom Autor, das beim Leser durch das Lesen der Erzählung entsteht.5 Er ist es, der die Fäden im Hintergrund zieht, der die Figuren erschafft und die Handlung bestimmt. Der implizite Autor schafft sich einen Erzähler, der dann seine Entscheidungen ausführt, indem er zur Stimme des impliziten Autors wird.6 Chatmans impliziter Autor trägt daher bereits anthro­pomorphe Züge. Das Verhältnis des impliziten Autors zum Erzähler definiert er darüber hinaus folgendermaßen: „Unlike the narator, the implied author can tell us nothing. He, or better, it has no voice, no direct means of communicating. It instructs us silently, through the design of the whole, with all the voices, by all the means it has chosen to let us learn.”7 Die seines Erachtens notwendige Unterscheidung zwischen dem realen und dem impliziten Autor macht Chatman deutlich, indem er aufzeigt, dass verschiedene Werke desselben realen Autors unterschiedliche implizite Autoren besitzen können.8 Besonders in Bezug auf biblische Literatur ist die folgende Aussage Chatmans zum Verhältnis des realen und impliziten Autors von Bedeutung: „There is always an implied author, though there might not be a single real author in the ordinary sense: the narrative may have been composed by a committee […], by a disparate group of people over a long period of time”9. Das Gegenstück zum impliziten Autor ist bei Chatman der implizite Leser. Er ist „the audiance presupposed by the narrative itself“10 und im Gegensatz zum Erzähler und zum Adressaten immer im Text präsent.11

      Eine Erzählung unterteilt Chatman generell in die zwei Ebenen story und discourse. Dabei bezeichnet story die Handlung, also das, was erzählt wird, und der Begriff discourse die Darstellung, also wie etwas erzählt wird.12

      Chatmans Erzählmodell lässt sich demnach wie folgt skizzieren:

      Abb. 2 Erzählmodell nach Chatman (eigene Darstellung)

      2.2.1.3 Marguerat und Bourqin

      Den Ansatz von Chatman aufgreifend, teilen Marquerat und Bourqin eine Erzählung in die beiden Ebenen story und discourse ein.1 Dabei lautet ihre Definition der story: „what the narrative relates, reconstructed in the chronological order which it supposes (the signified)“2. Als discourse wird bezeichnet, „how the story is told (the signifier)”3.

      Hinsichtlich der Kommunikationssituation in einer Erzählung schließen sie sich Chatman an, indem sie die Begriffe real author, implied author, narrator, narratee, implied reader und real reader verwenden.4 Realer Autor und realer Leser existieren dabei auch in ihrem Modell außerhalb des Textes und sind daher nicht Gegenstand der narrativen, sondern der historisch-kritischen Analyse.5 Genau wie Chatman bestimmen sie den impliziten Autor als „the subject of the narrative strategy“6. Der implizite Autor wird ihrer Ansicht nach sichtbar durch die Summe aller Entscheidungen und Erzählstrategien, die im Text getroffen werden.7 Sie behandeln den impliziten Autor damit – ähnlich wie Chatman – als ein eigenständiges Subjekt, das Entscheidungen innerhalb einer Erzählung trifft.8 Der Erzähler wird bei Marguerat und Bourqin reduziert auf „the voice which guides the reader in the story“9, der damit die Strategie und die Pläne des impliziten Autors ausführt. Der reale Leser wird bei Marguerat und Bourqin nochmals unterteilt in die ersten Leser und in die heutigen Leser.10 In Entsprechung zum impliziten Autor definieren sie den impliziten Leser als „the image which has been modelled corresponding to the readership imagined by the author in his work of writing: capacities for knowledge, attitudes, preoccupations, reactions which the author […] attributes to his future reader“11.

      Ihr Erzählmodell weist eine starke Ähnlichkeit zu dem von Chatman auf und lässt sich wie folgt skizzieren:

      Abb. 3 Erzählmodell nach Marguerat und Bourqin (eigene Darstellung)

      2.2.1.4 Eco

      Eco geht davon aus, dass ein empirischer Autor einen „hypothetischen Modell-Leser“1 formuliert, der eine „enzyklopädische Kompetenz“2 besitzt und der schließlich vom empirischen Leser aus dem Text rekonstruiert wird. Der empirische Autor setzt damit in seiner Erzählung einen Modell-Leser voraus, „der in der Lage ist, an der Aktualisierung des Textes so mitzuwirken, wie es sich der Autor gedacht hat“3. Andersherum entwirft der empirische Leser aus dem Text heraus einen Modell-Autor, „den er aus eben den Daten der Textstrategien deduziert.“4 Sowohl der Modell-Leser, als auch der Modell-Autor sind dabei jeweils keine Individuen, sondern Textstrategien, die vom empirischen Leser aus dem Text heraus erkannt und rekonstruiert werden können.5 Im Hinblick auf das Verhältnis des empirischen Lesers zum Modell-Leser macht Eco deutlich, dass der empirische Leser beim Lesen versuchen muss, sich möglichst in den im Text angelegten Modell-Leser und seine enzyklopädische Kompetenz hineinzudenken.6

      Damit ergibt sich hinsichtlich der Kommunikationssituation das folgende Erzählmodell:

      Abb. 4 Erzählmodell nach Eco (eigene Darstellung)

      2.2.1.5 Schmid

      Auf der Ebene der Kommunikationssituation einer Erzählung übernimmt Schmid im Wesentlichen das Kommunikationsmodell von Chatman, modifiziert es jedoch an entscheidenden Stellen. Er geht – wie Chatman – von einem realen Autor sowie von einem realen Leser1 aus, die sich beide außerhalb des Textes befinden und die daher für narratologische Untersuchungen keinerlei Bedeutung haben. Obwohl der reale Autor außerhalb des Textes existiert, ist er nach Schmid dennoch „auf eine bestimmte Weise präsent.“2 Denn der konkrete Leser macht sich beim Lesen des Textes ein bestimmtes Bild vom Autor, von seinen Einstellungen und seiner Person. Dieses Bild bezeichnet Schmid als abstrakter Autor. Als Definition für den abstrakten Autor gibt er „das semantische Korrelat aller indizialen Zeichen des Textes, die auf den Sender verweisen“3, an. Parallel zum abstrakten Autor geht Schmid von einem abstrakten Leser aus, dem er grundsätzlich zwei Funktionen zuschreibt: Zum einen ist der abstrakte Leser ein unterstellter Adressat, an den sich der Text richtet und der aus dem Text und den in ihm enthaltenen Werten, Normen und sprachlichen Codes zu rekonstruieren ist.4 Zum anderen ist der abstrakte Leser ein idealer Rezipient, „der das Werk auf eine der Faktur optimal entsprechende Weise versteht und jene Rezeptionshaltung und Sinnposition einnimmt, die das Werk ihm nahe legt.“5

      Darüber hinaus verwendet Schmid den Begriff des fiktiven Erzählers und macht durch die Voranstellung des Wortes „fiktiv“ deutlich, dass es sich beim Erzähler nicht um eine reale Person, sondern um eine fiktive und frei erfundene Größe handelt. Den fiktiven Erzähler teilt er weiter auf in einen impliziten Erzähler, der z.B. hinter

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