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      Abbildung 3.4:

      Komponenten der Wortbildung

      Die Wortbildungsregeln für die übliche Interpretation und Bildung komplexer Wörter beinhalten Beschränkungen, die man in Input- und Outputbeschränkungen unterteilt. Die Inputbeschränkungen beziehen sich auf die in Frage kommenden Basen, die Outputbeschränkungen auf die möglichen bzw. unmöglichen Lesarten des gebildeten Wortes. Die Beschränkungen sind spezifisch für die Wortebenen. So existieren neben den grammatischen Beschränkungen (phonologische, morphologische, syntaktische, semantische) auch pragmatische. Letztere liegen beispielsweise vor, wenn Wortbildungsmuster auf bestimmte Textsorten festgelegt sind, „an Erfahrungen mit vergleichbaren Textsorten gebunden“ sind. (Fleischer und Barz, 1995, S. 80)

      Neue Bildungen werden auch von vorhandenen Wörtern blockiert (=lexikalische Beschränkungen). So ist es ein übliches Verfahren mit dem Suffix -er von Verben die Bezeichnung von Handlungsträgern abzuleiten (Nomina agentis), wie rauchen > Raucher oder kaufen > Käufer. Die Bildung Kocher, jemand, der kocht, ist durch das vorhandene Wort Kocher, ‘Gerät zum Kochen’ blockiert. Mit dem Suffix -er können nämlich u.a. auch Geräte benannt werden (Nomina instrumenti). Neben der Outputbeschränkung, die die neue lexikalische Lesart von Kocher verhindert, existiert für das Suffix -er die Inputbeschränkung, dass folglich simplizische Verbbasen vor komplexen Verben bevorzugt werden. (Lohde, 2006, S. 94) Lohde, M.

      Eine pragmatische Beschränkung beinhaltet das Suffix -i, das in der gegenwärtigen Jugendsprache für die emphatische Bezeichnung von Personen Verwendung findet: Basti ‘beste Freundin’1, Assi, Blödi, Geppi, Horni, Mopsi, Puschi, Schlongi, Spasti, Ziggi2. In der aktuellen Jugendsprache wird das überlieferte, veraltete Suffix i, das zur Bildung von Verkleinerungsformen und für Kosewortbildungen Verwendung fand, mit neuer Bedeutung wieder aktiviert. Während es in der Vergangenheit eine wohlwollende Zuneigung zur bezeichneten Person ausdrückte (Duden-Grammatik, 2009, S. 737), dient es jetzt auch dazu, negative Einstellungen auszudrücken, wie bei Assi oder Spasti. Es hat also eine Bedeutungserweiterung erfahren.

      3.5 Literaturhinweise

      Sternefeld, W.Wolfgang Sternefeld (2006). Syntax. Eine morphologisch motivierte generative Beschreibung des Deutschen. Bd. 1. Tübingen: Stauffenburg Verlag, Kap. 1 Wörter

      Klos, V.Verena Klos (2011). Komposition und Kompositionalität. Berlin, New York: Walter de Gruyter, Kap. 4.4 Bedeutungen von komplexen Wörtern

      Donalies, E.Elke Donalies (2011). Wortbildung im Deutschen. 2. Aufl. Tübingen: Gunter Narr Verlag

      3.6 Übungsaufgaben

       Ja, der schriftliche Austausch erlebt eine Renaissance, zumindest auf elektronischem Weg. Man könnte gar behaupten: Noch nie ist so viel getextet worden wie jetzt – in den letzten hundert Jahren aber auch noch nie so fehlerreich und liederlich, keineswegs nur im Privaten.

      Dass in der Oberstufe fehlerhafter geschrieben wird als noch vor zehn Jahren, ist angesichts verbreiteter Klagen aus dem Lehrkörper kaum zu bestreiten. An den Hochschulen sieht es nicht viel besser aus.

      (NZZ; www.nzz.ch/schweiz/ 1317484)

      1 Ermitteln Sie die morpho-semantisch komplexen Wörter in dem obigen Text und segmentieren Sie diese.

      2 Bestimmen Sie die morpho-semantisch komplexen Substantive aus dem Text hinsichtlich der Transparenz und Wortbildungsart.

      3 Zeichnen Sie den Konstituentenstrukturbaum von fehlerhaft.

      4 Informieren Sie sich darüber, was Rektionskomposita sind.

      4 Feste Fügungen

      4.1 Verfestigte lexikalische Einheiten

      Neben den Wörtern haben wir im mentalen Lexikon auch „vorgefertigte lexikalische Chunks, kookkurrierende Ausdrücke und verfestigte Mehrwortlexeme. Solche Einheiten werden als „Bausteine“ abgerufen und eingesetzt, weil sie effizient zum Lösen kommunikativer Aufgaben beitragen.“ (Steyer, 2018, Vorwort, S. 7) Diese verfestigten Wortverbindungen sind im Lexikon genauso verankert wie die Wörter. Die linguistische Kerndisziplin für die Beschreibung der verfestigten Ausdrücke ist die Phraseologie.

      Der Terminus Chunk (Muster) stammt aus der Psychologie und bezeichnet wortübergreifende Speichereinheiten bei Lernprozessen. Chunk

      …a list of exceptional phenomena contains things that are larger than words, which are like words in that they have to be learned separately as individual whole facts. (Fillmore, Kay und O’Conner, 1988, S. 504)

      In der Psycholinguistik werden damit in einem weiteren Sinne Wörter gemeint, die eine sinnvolle Einheit, eine Wortphrase (kookkurrierende, gemeinsam auftretende, Ausdrücke), bilden, wie das Idiom etwas ausbaden müssen oder die Routineformel Mach’s gut!.

      Neben lexikalisierten Wortverbindungen werden abstrakte Konstruktionsmuster als Lexikonbestandteile angenommen: „Die Natur der Ausfüllungen derartiger Muster ist primär funktional restringiert und regelbasiert kaum vorhersagbar. Korpuslinguistische Methoden ermöglichen es nun, sprachliche Massendaten systematisch auszuwerten und so Verfestigungsprozesse und Musterbildungen zu rekonstruieren.“ (Steyer, 2018, a.a.O.) Steyer, K.

      Im Rahmen der Grammatiktheorie ist es die Konstruktionsgrammatik, Konstruktionsgrammatikdie die Konstruktionen primär aus dem kognitiv-semiotischen Blickwinkel analysiert. (Siehe weiter Ziem und Lasch, 2013). In diesem Grammatikrahmen interessiert man sich besonders für die strukturellen Phraseologismen, die in jüngerer Zeit dadurch mehr ins Zentrum der phraseologischen Forschung gerückt sind. Ziem und Lasch (2013, S. 152) Ziem, A.Lasch, A.sehen die Phraseologismen als Paradebeispiel für Konstruktionen (lexikalisch geprägte Muster) an.

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