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aus anderen Quellen. Mit einem Federstrich ist das nicht zu machen. Schrittweise auf dem Weg der Einführung über Lohnverhandlungen im Marktgeschehen und durch die Steuer oder Abgabe zur Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens würde der Grundeinkommensbetrag aus den anderen Einkommen herausgehen und zu einem bedingungslosen Einkommenssockel für jeden werden. Was vorher diesen Anteil eines Grundeinkommens in den bestehenden Einkommen finanzierte, wird dann das bedingungslos gewordene Grundeinkommen finanzieren. Im Prinzip kostet das Grundeinkommen also nicht mehr, wenn es bedingungs­los ist. Mit den Preisen, die wir als Konsumenten zahlen, wenn wir etwas kaufen, bezahlen wir Geld, das für andere zu ihrem Einkommen wird. Den Grundeinkommensanteil ihres Einkommens zahlen wir dabei heute auch mit. Wäre dieser Anteil in den Arbeitseinkommen nicht mehr enthalten, müsste er in den Preisen, die wir als Konsumenten zahlen, auch nicht mehr enthalten sein: Die Preise könnten dann deutlich niedriger sein. Auf diese niedrigeren Preise würde wiederum eine Grundeinkommensabgabe erhoben werden. Dann wären die Preise im Durchschnitt wieder so hoch wie vorher, und das bedingungslose Grundeinkommen wäre finanziert. Diese vereinfachte Darstellung zeigt das Prinzip. Auch wenn eine Steuer oder Abgabe für die Grundeinkommens-Kasse an anderer Stelle im Wirtschaftskreislauf erhoben würde – zum Beispiel die Besteuerung von Finanztransaktionen, Ressourcen oder Einkommen – wäre dies das Prinzip der Finanzierung. Auch eine Kombination dieser Finan­zie­rungs­varianten ist denkbar.

      Das bedingungslose Grundeinkommen ist genauso finanziert wie heute ein Betrag von der Höhe eines Grundeinkommens innerhalb der bestehenden Einkommen. Er ist durch einen Anteil in den Preisen finanziert, die wir als Verbraucher zahlen. Ein Weg wäre eine Verbrauchssteuer oder Ausga­ben­steuer zur Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens.

      Die Höhe des Gesamteinkommens einer Person, Grundeinkommen plus niedrigeres Arbeits- oder Transfereinkommen, wird im Durchschnitt etwa gleich bleiben wie heute. Die Höhe der Verbraucherpreise wird im Durchschnitt aller Branchen ebenfalls in etwa gleich bleiben. Bezogen auf die Kaufkraft ist das in einer Volkswirtschaft nicht anders möglich. Das heißt, dass die Finanzierbarkeit des bedingungslosen Grundeinkommens vorhanden ist. Im Prinzip ist es schon finanziert. Nur noch nicht als bedingungsloses Grundeinkommen. Dass es zu finanzieren ist, ist allerdings kein Grund, es auch zu wollen.

      Die Bearbeitung der Finanzierung mit all ihren Details und Zusammenhängen mit dem Außenwirtschaftsverkehr ist noch ein weites Feld. Aber auf die grundsätzliche Frage, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen zu finanzieren ist, kann gesagt werden: ja. Ohne Inflation. Und auch gerecht. Welche Steuern, welche Grundeinkommenshöhe, das sind die Fragen der Ausgestaltung, wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen mehrheitlich gewollt wird.

      Ein bedingungsloses Grundeinkommen wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. Mehr Fragen als die, ob wir dann noch mit allem Nötigen versorgt sind. Die Wirtschaft hat heute kein Produktionsproblem, sondern ein Absatzproblem. Kapital ist nicht mehr die knappe Ressource, erklärt der Risiko-Investor Albert Wenger. Es gibt viel mehr Geld als Anlagemöglichkeiten. Das bedingungslose Grundeinkommen könnte man auch als Anlage bezeichnen. Nicht für finanzielle Rendite, sondern für soziale Ausgeglichenheit, Lebensqualität, Kreativität und als Konsumgeld. Nicht die Produktion von Gütern, sagt Wenger, sondern die Aufmerksamkeit der Leute bei sich zu haben, ist das große Geschäftsfeld heute. Das macht Google, das macht Facebook, das sind Internetplattformen als Monopolhändler zwischen Produzent und Kunde, das ist die Daten- und Netzwerkökonomie. Dinge werden zu Daten. Die Produktion stellt einen immer geringeren Teil der Wertschöpfung dar, die digitalen Daten und Datenplattformen einen immer größeren. Zudem gibt es die Entwicklung zu mehr Effizienz und Rendite. Da könnte ein Grundeinkommen einen Ausgleich schaffen und andere Werte setzen.

      Viele Entwicklungen in ein neues Zeitalter laufen parallel. Nicht nur das bedingungslose Grundeinkommen, sondern all diese Entwicklungen werfen Fragen auf. Aber das bedingungslose Grundeinkommen berührt die Frage: was halte ich vom Menschen? Was macht ihn aus? Wohin soll es gehen?

      Das bedingungslose Grundeinkommen steht als Gedanke nicht nur für sich alleine da. Zum einen geht es in der Bildung, in Unternehmen, in Biografien, der Kulturarbeit, im Gesundheitswesen und vielen anderen Bereichen um individuellere Wege, Eigenständigkeit und Eigenmotivation. Auch zunehmend um wechselnde projektbezogene Arbeit. Dafür könnte das bedingungslose Grundeinkommen eine freie Basis der Gestaltungsmöglichkeit sein.

      «Die Realität ist groß. Entspannt euch», sagt der Schweizer Kinderarzt Remo Largo in einer Dokumentation des Schweizer Fernsehens. Individualität ernst nehmen ist sein Credo. «Wenn einer nicht will», sagt er, «dann sollte man ihn nicht pushen, sondern ernst nehmen.» Manche erleben die Idee des Grundeinkommens wie eine Kränkung ihrer Vorstellungen. Remo Largo sagt: «Wir sind dazu verdammt, uns eine Vorstellung von der Welt zu machen. Eine erste schwere Kränkung war, dass nicht alles um die Erde kreist, sondern wir um die Sonne.»

      «Vielfalt ist das Prinzip der Evolution», sagt Remo Largo. «Vielfalt der Individuen, Vielfalt der Arten ermöglicht die Anpassung an eine sich ändernde Umwelt.» – «Jeder Mensch kommt mit einem Entwicklungspotenzial zur Welt, das er in seinem Leben entfalten möchte.», so Remo Largo.

      Von einer ganz anderer Seite klingt es so: «Menschliche Entfaltung muss nicht unbedingt wirtschaftlich sein. Sie kann auch kulturell oder sozial erfolgen. Es braucht Lösungen, die allen ein Mindesteinkommen garantieren. Klar ist: Wir müssen ganz neu denken», sagt Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums in Davos. Dort war 2016 das bedingungslose Grundeinkommen ein Thema als innovative Antwort auf die Digitalisierung, die laut Vorhersagen in den nächsten 20 Jahren etwa die Hälfte aller heutigen Arbeitsplätze übernehmen wird. Prognosen können falsch liegen, aber die Zeichen verdichten sich.

      Die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen in vielen Ländern kommt rechtzeitig, um genügend Zeit zu haben, über die nächsten zwanzig Jahre schrittweise, gründlich und präzise ausgearbeitet ein bedingungsloses Grundeinkommen zu implementieren. Die Entwicklung in allen Bereichen geht jedenfalls weiter. «Die größere Utopie ist, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht kommt», sagt Theo Wehner, emeritierter Professor für Arbeitspsychologie an der ETH Zürich.

      Es könnte weniger die Frage sein, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen kommt, sondern wann und wie es kommt? Wie lange kann das bestehende Einkommenssystem noch mit der Entwicklung mithalten? Bleiben zu viele auf der Strecke? Bleibt damit auch zu viel notwendige Arbeit liegen, werden zu viele Fähigkeiten ausgebremst, weil sie keine Rendite versprechen, und werden Entwicklungen verschlafen?

      In diesem Buch sollen Argumente für und gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Sprache kommen. Dabei geht es um mehr als ein Ja oder Nein zu Bekanntem. Beim Thema Grundeinkommen ist noch vieles offen, weshalb auch dieses Buch eine offene Form hat. Es versucht vieles zur Sprache zu bringen, ohne fertige Schlüsse zu präsentieren.

      Zwingende Gründe, die ein bedingungsloses Grundeinkommen einfach durchwinken lassen, gibt es nicht. Es ist eine Idee auf dem Weg. Es bringt frischen Wind in die Fragen unserer Zeit. In alte und neue. In diesem kleinen Lexikon werden Fragen und Schwerpunkte aufgegriffen, Möglichkeiten und Hintergründe gezeigt. Doch die Antworten auf das bedingungslose Grundeinkommen liegen bei jedem Einzelnen.

      Anreize

      Das bedingungslose Grundeinkommen setzt falsche ­Anreize, heißt es oft. Und zwar den Anreiz, kein Geld zu verdienen. Weil man schon ein Grundeinkommen hat. Kein Geld zu verdienen wird gleichgesetzt damit, nicht zu arbeiten. Ein bedingungsloses Einkommen, heißt es, setzt also den Anreiz, nicht zu arbeiten. Doch das bedingungslose Grundeinkommen ist kein Preis für die Arbeit. Die mathematischen Formeln der Spieltheorie – Kooperation nur, wenn es den eigenen egoistischen Zwecken dient – stößt beim Thema Arbeit an Grenzen.

      Preise sind als Anreize das wichtigste Steuerelement für menschliches Verhalten. Das ist die ökonomische Denkweise. Ein Einkommen ist ein Preis für Arbeit, und für diesen Preis tun Menschen etwas. Ohne Preis kein Fleiß: So könnte man das Sprichwort drehen. Wo kein Verdienst ist, da tun Menschen nichts. Der Preis bestimmt, ob Menschen etwas tun oder nicht.

      Ein bedingungsloses Einkommen ist ein Verdienst, für den man nichts tun muss, man bekommt ihn einfach so. Damit widerspricht das bedingungslose Einkommen der Reizwirkung anderer Einkommen,

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