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       Barbara Kopp, geboren 1964, studierte in Zürich Germanistik und Geschichte und arbeitete als Journalistin für Printmedien und das Schweizer Fernsehen. Heute ist sic Dozentin u.a. an der Schweizer Journalistenschule MAZ und leitet journalistische Schrcibwcrkstätten. Im Limmat Verlag veröffentlichte sie die Biografie «Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte».

      Barbara Kopp

       Die Unbeirrbare

       Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte

       Inhalt

       Mit Fenster gegen die Berge

       Die Gymnasiastin geht ihren Vorlieben nach, die nicht dem entsprechen, was in Zeiten von Wirtschaftskrise und aufkommendem Faschismus von jungen Frauen erwartet wird.

       Die Sippe und ihr Selbstbewusstsein

       Eine katholische Familie demonstriert aristokratische Herkunft und liberale Gesinnung. Die Mutter erzieht ihre Älteste zu Enthaltsamkeit, zu kritischem Denken und Selbstbestimmung.

       Revolutionäre Stimmung beim Kartoffelanbau

       Die Doktorandin der Rechtswissenschaften ringt im Zweiten Weltkrieg mit der katholischen Kirche und verfasst ihre Grundsatzerklärung. Sie überschätzt ihre Kräfte und bricht zusammen.

       Vom «Ochsen» zum «Hirschen»

       Bedingungslos kämpft die Juristin für das Frauenstimmrecht, doch die Schweizer Männer sagen Nein zur Gleichberechtigung. Von der zweiten Heimat ihres Onkels verspricht sie sich das grosse Glück.

       Im Jardim Botânico

       Die brasilianische Utopie hält nicht stand. Beschieden ist der Schweizerin aber eine zukunftsweisende Begegnung mit einer Bernburgerin, die bei der Erklärung der Menschenrechte dabei war.

       Der Bildersturm für die halbe Menschheit

       Wieder in der Schweiz, fordert die Unbeirrbare vom Zweiten Vatikanischen Konzil die Zulassung von Frauen zum Priestertum. Ihre avantgardistischen Forderungen gehen um die Welt.

       Eine Freundschaft mit Vorbehalten

       Die Vordenkerin freundet sich mit dem Konzilsmitarbeiter der amerikanischen Bischöfe an, der in jungen Jahren ein Radiostar war. Die beiden streiten unversöhnlich und mögen sich trotzdem leiden.

       Standfestigkeit im Gegenwind

       Die Kirchenkritikerin findet in Deutschland endlich Gleichgesinnte, die mutig mit ihr weiterkämpfen. Im Petersdom versuchen die Konzilsväter, sich der lästigen Frauenfrage zu entledigen.

       Eine leichte Verschiebung

       Die Suffragette steht auf dem Höhepunkt ihrer beruflichen Laufbahn. Sie treibt die Frauenstimmrechtlerinnen weiter an, doch müde geworden, geht sie zu den jungen Feministinnen auf Distanz.

       Geographie einer Behausung

       Spät sieht die Pionierin die Frauen im Genuss des Stimmrechts. Die Diskriminierung durch die katholische Kirche kränkt sie weiterhin. Am Ende bleiben vier Buddhas und die Maria mit ihrem Kind.

       Anmerkungen

       Verzeichnis der Dialektwörter und fremdsprachigen Ausdrücke

       Quellen und Literatur

       Mit Fenster gegen die Berge

      Zweierlei wünscht sich Gertrud Heinzelmann zum bevorstehenden Abschluss am Mädchengymnasium der Stadt Zürich. Von ihren Eltern will sie einen Eispickel und dazu bar auf die Hand vier Schweizer Franken, die sie selbst auf das Konto des Zürcher Frauenstimmrechtsvereins einzahlen will.

      Zu Hause erregen die Wünsche keinen Widerstand, denn Mutter Bertha ist für das Frauenstimmrecht, und Vater Hans, als Kaufmann zwischen Oslo und Kairo unterwegs, beunruhigt es nicht, dass seine Tochter zu den Suffragetten will, wie die Stimmrechtlerinnen abschätzig genannt werden, und er stört sich ebenso wenig daran, dass sie zu den Alpinistinnen drängt. Diese gelten als Mannweiber, und die Bergsteiger verweigern ihnen missgünstig die Aufnahme in ihren Club, weil Klettern das beliebte Vergnügen von Städterinnen ist, denen Freiheit und Leistung mehr bedeuten als eine gute Partie.

      Im Gegensatz zu diesen beiden Neigungen stößt im Elternhaus von römisch-katholischer Konfession eine andere Veranlagung der Tochter auf Ablehnung. Dieser Wesenszug wird von keinem Familienmitglied geteilt, auch nicht in der weiteren Verwandtschaft. Er trägt Gertrud Heinzelmann den Übernamen «Betblätz» ein, eine Bezeichnung für einen Stofflappen, den eifrige Kirchgänger zum Beten unter die Knie schieben, um Schmerzen zu vermeiden. Dieser Spottname bedeutet, dass da eine entgegen der liberalen Familientradition allzu fromm niederkniet. Religiöse Handlungen und Heiliges üben auf die Gymnasiastin einen starken Zauber aus; ihr Verhältnis zur katholischen Kirche ist jedoch zwiespältig.

      Das Herzstück in ihrem Zimmer ist der kleine Schrank, in dem Bücher religiösen Inhalts neben staatstheoretischen Werken stehen. Zum Erstaunen ihrer Mitschülerinnen, die sich eine derartige Lektüre nur als Schulaufgaben zumuten würden, verschlingt sie in ihrer Freizeit Bücher wie «Der Staat: über die Gerechtigkeit» von Platon. Täglich liest sie die «Neue Zürcher Zeitung», Vaters Leibblatt, und schwärmt für den gewaltlosen Widerstand des indischen Freiheitskämpfers Mahatma Gandhi. In ihren Aufsätzen behandelt sie vorzugsweise theoretische Fragen, sodass eine Lehrerin findet, sie solle sich doch endlich einmal weniger abstrakten Themen zuwenden. Daneben ist sie eine leidenschaftliche Briefschreiberin, und der große Brieffreund, dem sie ein halbes Leben lang schreiben wird, ist Mutters jüngerer Bruder. Onkel Paul lebt in Rio de Janeiro, und überall in Brasilien gehen die Reichen und Schönen in Schuhen aus seiner Lederfabrik. Ihm schreibt Gertrud Heinzelmann im August 1933 in den letzten Sommerferien vor dem Abitur:

       Lieber Päuk!

       Federhalter kauend & Glace verdauend sitze ich in meiner Bude & warte auf eine Inspiration für einen Brasil-Fackel. Weisst Du überhaupt, dass ich eine eigene Bude habe? Ich sage Dir, sie ist fabelhaft. Erstens mal hat sie eine wunderbare Lage: Mansarde, mit Fenster gegen die Berge. Zweitens ist sie erstklassig in der Möblierung: In der neuen Stube fanden der Schreibtisch & das Bücherkästchen keinen Unterschlupf & und diese stehen jetzt hier oben, zu meiner Freude natürlich nebst einer Klappe & einem Kasten. Sonst ist nichts da, kein Helgen oder sowas, & ich freue mich täglich über diese erzsachliche Möblierung, in der man so fein wenig abstauben & aufräumen muss. –

       Das Fenster ist permanent sperrangelweit geöffnet, so dass ich von meinem Kopfkissen aus nach Herzenslust in die Wolken oder den klaren Sternenhimmel oder eine sommerliche Vollmondlandschaft hineindösen kann. Dazu bin ich hier vor allen Ruhestörungen gesichert, wenn sich dennoch jemand in mein

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