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und stehen auf der politischen Agenda weit unten.

      Es war und ist also eine logische Schlussfolgerung aus der Politisierungswelle der Klimastreiks: Die Jugend kann und muss bei politischen Entscheiden mitbestimmen. Ist es denn nicht die Aufgabe einer Demokratie, die gesamte Bevölkerung zu Wort kommen zu lassen und sie in ihren Parlamenten zu vertreten?

      Die Vorstellung, dass meine Grossmutter 44 Jahre alt werden musste, bis sie zum ersten Mal an einer nationalen Abstimmung teilhaben konnte, macht mich daher immer wieder sprachlos. Meine Grossmutter war kein Heimchen am Herd, das sich nicht um Politik scherte. Neben ihrem langjährigen Engagement als Pfarrfrau für das gesellschaftliche Leben einer Landgemeinde, natürlich unentgeltlich, zog sie fünf Kinder gross. Hunderttausenden starken Frauen wie ihr trauten die Herren dieses Landes jedoch nicht zu, sich eine eigene Meinung bilden zu können und diese auch zu vertreten. Ich weiss, dass ich es der unermüdlichen Arbeit von Generationen oft vergessener, aber unglaublich mutiger Frauen zu verdanken habe, dass ich heute als junge Frau so selbstverständlich am politischen Geschehen teilnehmen kann. Unsere Demokratie dürfen wir keineswegs für selbstverständlich nehmen. Sie ist das Ergebnis jahrhundertelanger Arbeit. Unsere Demokratie ist kostbar und muss bewahrt werden. Das Interesse an der Politik und damit die Freude am politischen Mitgestalten müssen darum stets an die nächste Generation weitergegeben werden. Wählen und Abstimmen sollte eine Plattform für Austausch und Mitgestaltung sein, die auch uns Jugendlichen offensteht. Politiker*innen fahren jedoch fort, uns kleinzureden, während uns gleichzeitig bereits mit 16 Jahren zugetraut wird, wegweisende Entscheidungen in Ausbildung und Berufswahl zu treffen. Das Teilnehmen an politischen Entscheiden, die unser Leben langfristig beeinflussen können, wird uns dagegen untersagt.

      Letzten Herbst bin ich volljährig geworden. Mein 18. Geburtstag fiel exakt auf den Tag der Nationalratswahlen am 20. Oktober 2019. Ich freute mich unglaublich auf meinen ersten Urnengang, telefonierte schon Monate zuvor mit dem zuständigen Amt, um nachzuhaken, ob ich denn auch wirklich bereits an meinem Geburtstag stimmberechtigt wäre. Erstaunlich, aber wahr: Auf dem Amt wusste man das zuerst nicht. Vermutlich war ich die Einzige, die jemals die Frage gestellt hat, ob man schon am Tag der Volljährigkeit abstimmen gehen darf.

      Das geringe politische Interesse der Jugendlichen vor der «Generation Klimastreik» ist vielleicht das Ergebnis davon, dass sie in ihrer Jugend nie ernst genommen wurden. Die Millennials waren keine Wegbereiter für uns. Sie haben Vorurteile gegenüber Jugendlichen, wie «politisches Desinteresse» und «geringe Wahlbeteiligung» gefestigt. Dabei weiss ich, dass viele junge Menschen in der Schweiz heute, genau wie ich bis vor Kurzem, ungeduldig auf den Tag warten, an dem sie zum ersten Mal abstimmen dürfen. Ich wünsche mir, dass sie nicht auf ihren 18. Geburtstag warten müssen.

      Mein Wahlcouvert lag schliesslich doch im Briefkasten. Am Sonntagmorgen radelte ich, wie früher mit meinen Eltern, zum Wahllokal in der Innenstadt. Stolz liess ich meinen Wahlzettel in die Urne gleiten, im zinnoberroten Basler Rathaus. Wie lange hatte ich diesen Moment herbeigesehnt.

      Anmerkungen

      «Die Geschichte der Frauen ist keine kleine Nebengeschichte. Das ist eine grosse Geschichte, die viel aussagt über unser Land.»

      Foto Nadja Klier

      Petra Volpe, geboren 1970 in Suhr AG, studierte zunächst Kunst in Zürich, später Dramaturgie und Drehbuch in Potsdam. Mit dem Film «Traumland» (2013) und ihrem Drehbuch für «Heidi» (2015) hatte sie sich in der Schweizer Filmbranche bereits einen Namen gemacht, bevor mit «Die Göttliche Ordnung» (2017) auch international der Durchbruch kam. Der unterhaltsame Film über die Emanzipation der Hausfrau Nora und den Kampf ums Frauenwahlrecht 1971 gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Filmen überhaupt.

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