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Gehalt bezogen. Ab 1. Januar 1997 galt nun, dass nur noch DDR-Funktionäre, die im Jahr 1988 mehr als 31.800 Mark – das entsprach 2.650 Mark im Monat – verdienten, auf einen Rentenpunkt pro Arbeitsjahr zurückgestuft wurden. Bis zum Verdienst von 31.799 Mark im Jahr gab es hingegen 1,8 Rentenpunkte.

      Damit blieben nicht mehr viele Menschen übrig, die sich durch die Rentenregelungen benachteiligt fühlten. Dennoch ging der Streit weiter. Am 28. April 1999 fällte das Bundesverfassungsgericht dazu drei Urteile. Am wichtigsten dabei war die Verpflichtung des Gesetzgebers, auch für Neu-Bundesbürger den Eigentumsschutz des Artikels 14 Grundgesetz einzuhalten. Weiterhin kritisierte es die typisierende und schematische Vorgehensweise bei den als »systemnah« eingestuften Funktionen und die unterschiedliche Rentenberechnung bei »Bestandsrentnern« mit und ohne Zusatz- oder Sonderversorgungssystem.

      All das führte zu einer erneuten Gesetzesänderung. Dieses Mal war es das »2. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetzes« vom 27. Juli 2001. Zu den wichtigsten Neuregelungen gehörten unter anderem: Die Ausdehnung des Vertrauensschutzes für rentennahe Jahrgänge bis zum 30. Juni 1995, die Aufhebung der Kappungsgrenze für »nicht systemnahe« Zusatzversorgungssysteme und eine günstigere Neuberechnung bei Bestandsrenten.

      Damit schmolz die Gruppe derer, die sich benachteiligt fühlten, erneut zusammen. Dennoch musste sich das Bundesverfassungsgericht auf Initiative der Betroffenen mit drei weiteren Normenkontrollverfahren beschäftigen. Wieder ging es um die Begrenzung anrechenbarer Arbeitseinkommen aus DDR-Zeiten. Am 23. Juni 2004 rügten die Richter, dass es nach wie vor seitens der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse darüber gab, ob und in welchen Bereichen der früheren DDR »politische Gehälter« gezahlt wurden. Deshalb entstand in der Folge wieder einmal ein neues Gesetz mit kompliziertem Namen: Das »Erste Gesetz zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes« vom 21. Juni 2005. Es begrenzte erneut den Kreis derer, die wegen »Systemnähe« gekürzte Renten erhielten. Davon betroffen blieben nun nur noch jene in genau den Zeiten, in denen sie Funktionen im SED-Parteiapparat, der Regierung oder dem DDR-Staatsapparat ausübten, die auch eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit beinhalteten. Außerdem wurden die höchsten Ebenen der DDR-Kadernomenklatur einbezogen.

      Alle anderen Rentner mit Zusatzversorgungen aus DDR-Zeiten konnten nun pro Arbeitsjahr bis zu 1,8 Rentenpunkte, abhängig vom vormaligen persönlichen Verdienst, der auf Westniveau umgerechnet wurde, erreichen.

      Rentnerinnen beim Preisvergleich am 2. Juli 1990 in der Ackerhalle in Berlin-Mitte: Im Zuge der Währungsunion ist der Preis für Brot rapide gestiegen, was die drei Seniorinnen kritisch unter die Lupe nehmen. (picture alliance / dpa-Zentralbild (ADN))

      Wer fühlte sich als »Strafrentner«, wer war zufrieden?

      Bis heute nennen manche frühere DDR-Bürger ihre Altersbezüge »Strafrente«. Andere sind höchst zufrieden. Sie profitierten von ihren langen Arbeitsjahren und günstigen, wenn auch manchmal von den Betroffenen ungewollten, Übergangsregeln der 1990er Jahre.

      Unter den Angehörigen der DDR-Elite, die nach dem Zusammenbruch ihres Staates eine gekürzte Rente bekamen, bildeten die ehemaligen rund hunderttausend Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) eine besondere Gruppe. Ihre Rentenbezüge wurden unabhängig von Qualifikation und Dienststellung auf einheitlich 802 Mark im Monat gekürzt. Das entsprach der Anerkennung von nur 0,7 Prozent des DDR-Durchschnittseinkommens.

      Dagegen erfolgten etwa dreißigtausend Einsprüche. Sie führten bis vor das Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter entschieden mit Urteil vom 28. April 1999, dass diese Kürzung ebenso wie die »Begrenzung von Zahlbeträgen der Leistungen des Sonderversorgungssystems des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit auf 802 DM monatlich« dem Artikel 14 des Grundgesetzes, Schutz des Eigentums, widersprach.

      Das führte zu einer Gesetzesänderung. Danach galt nun das DDR-Durchschnittseinkommen als Basis einer einheitlichen Rente für die vormaligen MfS-Mitarbeiter.

      Gegen die damit zwar erhöhte, aber weiter bestehende Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte und -einkommen wurde eine Verfassungsbeschwerde am 22. Juni 2004 nicht zur Entscheidung angenommen. Allerdings ließen die Verfassungsrichter 1999 und 2004 die Möglichkeit offen, die Angelegenheit nochmals zu überprüfen, wenn »neue Tatsachen« über die Einkommensstruktur des MfS vorlägen.

      Auf der Grundlage eines neuen Gutachtens, das beweisen sollte, dass Mitarbeiter des MfS kein überhöhtes Einkommen bezogen, klagte Ende 2008 die Witwe eines früheren Offiziers im besonderen Einsatz (OibE) auf eine Rentennachzahlung von rund 45.000 Euro.

      Der Fall: Reinhard L. († 73) kam als Physiker 1958 zur Hauptverwaltung Aufklärung und war als Major für das MfS bei der Akademie der Wissenschaften tätig. Er bezog zu DDR-Zeiten ein Jahresgehalt von 29.000 Mark. Davon bekam er 25.000 Mark für seine Arbeit als Wissenschaftler und 4.000 Mark zusätzlich vom MfS. Das führte zuletzt zu einer monatlichen Rente von nur 1.001 Euro. Richter Michael Kanert stützte sich auf das von der Klägerin vorgelegte Gutachten und stellte fest: »1988 lag das durchschnittliche Jahresgehalt beim MfS bei 19.416 DDR-Mark, in der Volkswirtschaft waren es 12.180. Damit verdiente man bei der Stasi knapp 60 Prozent mehr.« Daraus schlussfolgerte er: »Keine zivile Branche kam an das MfS-Einkommen heran.«

      Die Anwälte der Klägerin hielten ihm entgegen: »Aber die Einkommen für frühere Angehörige der NVA und des Ministeriums des Innern wurden nicht gekürzt.« Dafür sah der Richter folgenden Grund: »Bei der Armee verdiente man nach dem Gutachten rund 20 Prozent weniger als bei der Stasi.« Kanert wies die Klage ab.

      Am 7. November 2016 entschied das Bundesverfassungsgericht unter Aktenzeichen 1 BvR 1089/12 unter anderem, dass die gesetzliche Begrenzung von überführten Versorgungsansprüchen ehemaliger Stasimitarbeiter verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.

      Mit ihrer Rente unzufrieden waren auch Wissenschaftler der früheren DDR, die nach dem 30. Juni 1995 in den Ruhestand gingen. Bei diesen »Neurentnern« wirkte die Begrenzung des anrechnungsfähigen Arbeitsentgelts durch die derweil mit den Überführungsgesetzen entstandene Beitragsbemessungsgrenze. Ihre Vorgänger genossen als »Bestandsrentner« hingegen die Zahlbetragsgarantie und den Vertrauensschutz. In Einzelfällen führten die neuen Regeln dazu, dass die Rente nun etwa nur noch ein Drittel der vormaligen Leistungsbezüge umfasste.

      Eine Analyse der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zum Thema »Die rentenrechtliche Situation der Wissenschaftler aus der ehemaligen DDR« lässt vermuten, dass die Rentenkürzung im politischen Konsens erfolgte. Dort hieß es zur Altersversorgung der Dozenten, Professoren und Wissenschaftler: »Aus dem ersten Staatsvertrag und dem Einigungsvertrag ergibt sich, dass die Angehörigen dieser Berufsgruppen das Versorgungsniveau ihrer beamteten Kollegen in den alten Bundesländern nicht erreichen sollten. Diese Vereinbarung lässt sich keineswegs auf ein Missverständnis, eine ungewollte Regelungslücke o. ä. zurückführen.«

      Unstrittig dürfte sein, dass bei allen Rentenkürzungen der politische Wille vorhanden war, Angehörige der vormaligen DDR-Elite in ihren vermuteten Privilegien zu beschneiden. Dabei aufgetretene Überspitzungen wurden durch die auf Gerichtsentscheidungen folgenden Gesetzesänderungen korrigiert.

      Für die Masse der DDR-Bürger an der Schwelle zur Rente war das nicht nötig, denn es wurde eine akzeptable Lösung gefunden, ihre Ansprüche ans »Westniveau« anzupassen. Dabei ging es darum, die vergleichsweise niedrigeren Arbeitsentgelte in der DDR durch einen Umrechnungsfaktor so weit zu erhöhen, dass die Rentengrundlage nun dem damaligen bundesdeutschen Durchschnitt entsprach.

      Für das Jahr 1989 lag der Umrechnungsfaktor bei 3,2330. Wie er wirkte, machte die Rentenversicherung an einem Rechenbeispiel deutlich: »Für einen Durchschnittsverdiener in der DDR, der im Jahr 1989 für ein Jahresentgelt von 12.392 M Beiträge gezahlt hat, wird dieser Wert mit dem Umrechnungsfaktor 3,2330 erhöht. Für die Berechnung der Entgeltpunkte wird also ein Entgelt von 40.063 DM (12.392 M × 3,2330) zugrunde gelegt. Dieses Entgelt wird dann ins Verhältnis zum Durchschnittsentgelt (1989: 40.063 DM) gesetzt.

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