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auf Anhieb in dieses Büro verliebt. Klare Linien, keine Schnörkel. An der Wand hängt ein Whiteboard, auf dem Diagramme und eine Menge Pfeile aufgemalt sind. Auf dem Regal links neben der Glastür stehen ein paar verkümmerte Kakteen und daneben liegt eine Kiste mit Überresten von Weihnachtsschmuck. Es ist Sommer. Keine Bilder an der Wand, keine liebevoll drapierten Deko-Objekte, nichts, was auch nur im Entferntesten an eine typisch weibliche Wohlfühlatmosphäre erinnern könnte. Im Aufenthaltsraum gibt es außerdem einen riesigen Billardtisch. Genau diese testosterongetränkte Umgebung schmücke ich nun mit meinen „Frauenfragen“. Und der Kontrast könnte kaum größer sein. Auf dem Tisch stehen typische Frauengetränke auf kleinen gehäkelten Deckchen. Eine Kerze in der Mitte verströmt Vanilleduft.

      Ich erkläre die Spielregeln, rolle meinen „roten Teppich“ aus und frage Armin Assinger nach seiner Kleidung, seiner Körperpflege und ob er Angst davor hat, demnächst von einem jüngeren Kollegen ersetzt zu werden. Ich wähle bewusst plakative Fragen, die die Lebensrealität von Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, widerspiegeln sollen. Ohne irritiert zu sein, spricht der 56-Jährige ausführlich über die banalsten Themen und freut sich, dass ich ihn als fit und gutaussehend bezeichne. „Normalerweise geht es nur um den Beruf – wie geht es mit der Millionenshow weiter, oder wo sehen Sie sich in zehn Jahren. Deine Fragen sind eine angenehme Abwechslung“, meint er gut gelaunt. „Außerdem waren ein paar schöne Komplimente dabei.“ Ich lerne: Wer es nicht gewohnt ist, ständig auf sein Äußeres reduziert zu werden, und sich seiner Leistungen sicher sein kann, empfindet Bemerkungen zum Aussehen als wohltuend und erfrischend. Also nicht das Sprechen über Mode, Make-Up-Routinen und Diäten per se ist das Problem, sondern die Tatsache, dass man darauf beschränkt wird. Und das passiert in der Regel halt nur Frauen. Ich erinnere mich daran, wie ich Armin Assinger kennengelernt habe. Es war 2012 bei der Pressekonferenz des ORF zur Präsentation einiger neuer Fernsehsendungen. Mein Reportageformat „Mein Leben“ wurde vorgestellt und Assingers Dokusoap „A-Team“, in der er gemeinsam mit Juristen, Bauprofis und anderen Fachleuten Menschen aus der Patsche helfen sollte. Ich weiß noch, dass ich die ganze Präsentation hindurch schwitzige Finger hatte und hoffte, auf meiner Bluse würden keine Schweißflecken entstehen. Eine rote Bluse und eine weiße Jacke. Das hatte ich an diesem Tag an. Ich stand inmitten von Journalist*innen und dem Publikumsliebling Assinger, und eine meiner größten Sorgen war, ob meine Kleidung eh O.K. aussah. Selbst als moderne, feministische Frau, als die ich mich sehe, ist das Kleinmachen und Reduzieren auf das Aussehen an der Tagesordnung. Es ist in mir einprogrammiert wie das zweite X-Chromosom. Als ich Assinger dann übrigens wieder traf – kurze Zeit später, zur Aufzeichnung der „Promi-Millionenshow“ in Köln –, unterhielten wir uns über Sport. Ein Thema, das mit Männern immer geht. Ich erinnere mich noch daran, dass er mir ausführlich schilderte, wie er sich auf seinen Dienstreisen fit hält. Durch Berglaufen im Stiegenhaus eines Hotels zum Beispiel. 50-mal rauf in den 15. Stock und wieder runter. Ich war beeindruckt. Was Assinger an dem Abend anhatte, weiß ich nicht mehr. Ist bei Männern im Grunde ja auch egal. Selbst am Red Carpet, wo Oberflächlichkeiten und der Kleidungsstil Programm sind, werden Männer zu ihrem Können befragt.

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      Nachdem ich die klassischen Rote-Teppich-Fragen mit Assinger also abgehandelt habe, bringe ich ein Thema aufs Tapet, das mir persönlich extrem wichtig ist: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ganz klar ein Frauenthema. Denn während erfolgreiche Frauen mit Kindern ständig dazu befragt werden, können erfolgreiche Männer zehn Kinder haben, ohne dass es irgendjemanden wundert. Erst unlängst wurde das im Wahlkampf zur deutschen Bundestagswahl 2021 deutlich. Die Kandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, die zwei kleine Kinder hat, wurde prompt gefragt, wie sich Kinder und das Kanzleramt denn vereinbaren lassen. Ihre Kontrahenten, Armin Laschet und Markus Söder, die ebenfalls, wenn auch bereits ältere, Kinder haben, wurden das nicht gefragt. Zumindest sind wir mittlerweile aber so weit, dass diese einseitige Fragestellung viele irritiert und auch Einzug in die mediale Berichterstattung gefunden hat. Denn müssten wir nicht vielmehr fragen, welche veralteten Strukturen wir verändern müssen, damit Mütter, wenn sie wollen, jeden Job der Welt machen können? Genauso wie die meisten Väter ja auch.

      Armin Assinger jedenfalls hat mit seiner Ex-Frau Bettina, von der er seit 2014 geschieden ist, zwei Kinder. David ist mittlerweile 26 Jahre alt, Fiona 21. Genau in dem Jahr, als sein Sohn zur Welt kam, beendete der ehemalige Skirennläufer seine aktive Karriere. Man könnte meinen, der perfekte Zeitpunkt, um sich voll und ganz der Vaterrolle zu widmen. Doch Assinger, der damals noch bei der Gendarmerie war, konzentrierte sich lieber auf seine zweite Karriere als Kommentator von Skirennen im Fernsehen und den Wechsel in die Unterhaltungsbranche. Nur logisch also, dass seine Frau Bettina ihren Job in einer Bank aufgab. Sie kehrte auch nie wieder dorthin zurück. „Es war nicht notwendig, dass sie weiterarbeitet. Wir haben auch so ein schönes Leben gehabt.“ Klingt nachvollziehbar. Wer will schon, wenn er auch so ein schönes Leben haben kann, einem öden Brotjob nachgehen, denke ich, als Assinger von seinen ersten Jahren als Vater erzählt. Und irgendwo in mir drinnen spüre ich auch ein bisschen Neid. Also, sehr, sehr tief in mir drinnen, dort wo die kleine Prinzessin sitzt, die als Kind immer wieder gehört hat, dass „reich heiraten“ eine gute Option wäre und vor allem zu einem glücklichen Leben führt. Weil ich hier aber mitten in einem feministischen Gespräch bin, in dem ich Männer für Gleichberechtigung sensibilisieren und ihnen Paroli bieten will, ignoriere ich das kleine Mädchen schnell wieder und widme mich meinem Gesprächspartner, der dabei ist, das „schöne Leben“ näher zu beschreiben. „Wir haben bald die Assinger-Firma gegründet, in der meine Frau für die Administration zuständig war – die leidige Büroarbeit, Abrechnungen und Ähnliches. Und sie hat natürlich auch den Haushalt gemanagt.“ Siehst du, der Prinz ist doch keine Lösung, rufe ich der Prinzessin in mir noch schnell zu, bevor ich mir das Gesagte noch einmal auf der Zunge zergehen lasse. Kinder, Hausarbeit und leidige Bürotätigkeit. Die Karriere des Mannes pushen. Zu Hause alles managen. So schaut also ein schönes Leben aus. Ja, es mag Frauen geben, die damit kein Problem haben und die in der Rolle der Hausfrau und Mutter voll aufgehen. Denen ihre finanzielle Unabhängigkeit und ihr gesellschaftlicher Status nicht so wichtig sind. Die ihre Selbstentfaltung nicht im Job suchen. Aber warum ist das so? Weil sie, wie ich, als kleine Mädchen durch Stereotype gelernt haben, dass das ihre Bestimmung ist? Weil sie keine Alternativen sehen? Oder wie Assinger es formuliert: „Meine Ex-Frau ist aus einem eher konservativen Haus aus Tirol, und somit war das überhaupt kein Thema zu der Zeit.“ Aber das ist doch unfair, platzt es aus mir heraus. Dass man als Mann beides haben kann, Kinder und Karriere, und dass Frauen sich immer entscheiden müssen. Der Showmaster schaut mich mit einer Mischung aus ernstem und erstauntem Blick an. Ein Blick, den er manchmal auch aufsetzt, wenn Kandidat*innen in der Millionenshow eigenartige Herleitungen für Antworten finden. Gleichzeitig umspielt ein Lächeln seine Lippen. Er denkt kurz nach und sagt dann: „Mein Gott, nein, warum soll ich das unfair finden? Das war halt so. Wir waren da gleichgeschaltet, auch von der Einstellung her, und somit war das O.K.“ Ich merke, dass es rein auf der persönlichen Ebene wohl eher schwierig werden wird, Assinger zum Nachdenken zu bewegen.

      Sein Privatleben wurde rund um seine außereheliche Affäre, die 2007 aufflog, ausgeschlachtet. Der Boulevard hat sich wie eine Hyäne auf seine Ehe und die darauffolgende Scheidung gestürzt. Warum also soll er mit mir in den Dialog gehen, wenn ich ihm vorwerfe, es sich als Ehemann und Vater zu leicht gemacht zu haben? Warum sollte überhaupt jemand zum Nachdenken angeregt werden, wenn ihm Vorwürfe um die Ohren geschmissen werden? Ich bin alt genug, um kapiert zu haben, dass das so nicht funktioniert. Also schwenke ich um auf die Strukturen, die es Frauen in dieser Welt schwer machen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich sage, dass wir eine gesellschaftliche Verantwortung hätten, damit in Zukunft niemand mehr aufgrund seines Geschlechts benachteiligt wird, und dass es doch wünschenswert wäre, dass Männer mehr für ihre Kinder da sein können. Dass auch sie unter dem Patriarchat leiden und sich aufgrund von Rollenzuschreibungen gar nicht voll entfalten können.

      Assinger sitzt mir in einem schwarzen Ledersessel gegenüber und hört gespannt zu. Zum ersten Mal in unserem Gespräch verlässt ihn der hemdsärmelige Schmäh, und er wird nachdenklich. Ich höre es in seinem Kopf rattern, als er nach Worten ringt: „Ja, da hast du wohl recht. Du öffnest gerade eine Seitentür in meinem Hirn. Über all diese Themen habe ich bisher noch nie so bewusst

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