Скачать книгу

trinkst Wein?«

      »Kann man das nicht machen? Doch, oder? Also, am Nachmittag Wein trinken?«

      »Natürlich. Klar. Wein am Nachmittag ist vollkommen okay.«

      »Dann kannst du ja auch einen trinken. Also, natürlich nur, wenn du Lust hast«, sagte Anita.

      »Gern. Ich müsste nur einmal kurz telefonieren und einen Kunden abwimmeln.«

      Rio nahm sein Telefon. Während er wählte und auf Antwort wartete, versuchte Anita, sein Alter zu schätzen. Er hatte einen rötlichen Bart mit hellen Flecken, die ebenso blond sein konnten wie grau. Wie generell bei bärtigen Männern, fand Anita es schwer zu sagen, ob er Mitte zwanzig oder Mitte vierzig war.

      »Hallo. Ich wollte nur sagen, dass ich Ihnen das Angebot erst morgen schicken kann. Tut mir echt leid, mir ist etwas Wichtiges dazwischen gekommen, hier, auf der Arbeit, ein anderer Auftrag, das müssen wir jetzt erst einmal abarbeiten.«

      Das Telefon noch am Ohr, legte er ein Feuerzeug mit der Aufschrift I love Berlin und die fertiggedrehte Zigarette auf den Tisch. Anita hatte noch nie so eine schöne selbstgedrehte Zigarette gesehen.

      »Na, im Laufe des Tages«, sagte Rio dann und als er erneut der anderen Stimme zuhörte, schob er Feuerzeug und Zigarette auf dem Tisch hin und her.

      »So genau kann ich das nicht sagen, aber ich tue mein Bestes, okay? Wir können ja später noch mal ausführlicher sprechen«, sagte Rio und steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen, wodurch das »Aber vielen Dank, ja? Für Ihre Geduld. Tschüss«, mit dem er das Gespräch beendete, etwas genuschelt klang. Er legte das Telefon weg und nahm noch in derselben Bewegung das Feuerzeug vom Tisch, zündete die Zigarette an, wandte sich Anita zu und sagte:

      »So. Feierabend.«

      »Also, ich trinke hier Chardonnay.«

      »Ist der gut?«

      »Ja. Kalt. Also, weiß nicht. Ich habe keine Ahnung von Wein«, sagte Anita.

      »Ich auch nicht.«

      »Um ehrlich zu sein, sind mir Leute, die sich mit Wein auskennen, immer ein bisschen suspekt«, sagte Anita, worauf Rio erneut lächelte.

      »Ich trinke eigentlich ohnehin lieber Gin Tonic«, sagte Rio. »Die haben hier doch was zu essen, oder?«

      »Das ist eine Art Speisekarte. Da stehen aber auch die Getränke drin. Hinten, hier, unter ›Getränke‹. Aber eben auch Speisen. Essen. Suppen.«

      »Hm. Suppen sind ein bisschen warm bei der Hitze, oder? Außer sie sind kalt. Also. Gurkensuppe oder so.«

      Anita beruhigte sich langsam, weil sie merkte, dass Rio ebenso durcheinander redete wie sie selbst. Sie musste sich erst wieder daran gewöhnen, mit fremden Männern zu sprechen. Früher hatte sie das gut gekonnt, doch in den letzten Jahren hatte sie in solchen Gespräche stets versucht, den optimalen Zeitpunkt zu finden, um ihren Mann und ihren Sohn zu erwähnen und damit zu zeigen, dass sie kein Interesse an Bekanntschaften erotischer oder gar romantischer Natur hatte – nun musste sie es genau anders herum machen.

      »Eigentlich hätte ich heute meinen Sohn gehabt«, sagte Anita. »Aber das hat sich dann nicht ergeben.«

      »Wie alt ist dein Sohn eigentlich?«

      »Wieso? Hast du auch einen?«

      »Ne. Nur so. Ist nicht so wichtig.«

      »Aber ist ja auch kein Geheimnis. Vierzehn. Heute schläft er nun doch nicht bei mir.«

      »Okay?«, sagte Rio, und Anita fragte sich, ob dieses Gespräch dadurch einen schlüpfrigen Unterton bekommen hatte. Als sie diese Frage für sich mit Ja beantwortete, stellte sie fest, dass ihr das nicht unangenehm war. Sie hatte das Gefühl, einem Menschen gegenüber zu sitzen, der vielleicht noch nicht wusste, was er von ihr halten sollte, aber zumindest nichts gegen sie hatte.

      »Und da habe ich halt gedacht, dass ich mal wieder am Nachmittag in ein Café gehen könnte.«

      »Ja, lustig, oder?«, sagte Rio. »Ich war auch ewig nicht mehr nachmittags einfach so was trinken.«

      »Das mit deinem Kunden, das hast du ja gut hingekriegt.«

      »Kann man sowas machen? Oder war das nicht okay? O Gott, jetzt komme ich mir ja wie ein richtiger Lügner vor.«

      »Oder wie ein Mensch mit Verhandlungsgeschick. Und einem sicheren Job«, sagte sie. »Also, nicht, dass ich da so genau hingehört habe. Es geht mich ja nichts an.«

      »Wir haben gerade einen ziemlich ungeduldigen Kunden. Eine Unternehmensberatung«, sagte Rio.

      »Bist du nicht Bootsbauer? Ich glaube, du hattest das damals erzählt.«

      »Das bin ich. Wir machen das manchmal so nebenbei, Segeln gehen. Mit Gruppen. Firmen, meistens, das ist irgendwie gut, wenn man ein paar Tage an der frischen Luft was zusammen macht. Für das Betriebsklima. Ich bin dann der Skipper.«

      »Also du segelst das Boot, und dann ist da noch ein Psychologe dabei? Ein Coach.«

      »Gerade nicht. Das ist, glaube ich, der Trick. Das Segeln ist der Coach. Und das Boot. Alle halten zusammen, kommen zusammen voran. Das reicht«, sagte Rio und nahm einen Zug von seiner Zigarette. »Du bist Ärztin, oder?«

      »Ja«, sagte sie, dann schwiegen sie beide für einen Moment, und es war Anita, die das Gespräch wieder aufnahm.

      »Was baust du denn für Boote?«

      »Holzboote.«

      »Ruderboote?«

      »Nein, Segelboote. Nur eben aus Holz«, sagte er in einem Tonfall, als könnte er dazu noch viel erzählen, nur nicht jetzt.

      »Und was bist du für eine Ärztin«, fragte Rio.

      »Internistin. Aber ich bin hauptsächlich auf dem Notarztwagen.«

      »Da kommt man bestimmt viel rum.«

      »Man sitzt aber auch viel rum«, sagte sie.

      In diesem Moment flog ein Spatz heran und setzte sich auf ihren Tisch. Anita verscheuchte ihn, doch wenig später kam er zurück, hüpfte direkt zu Anitas inzwischen erkaltetem Tee und flog mit dem Keks davon, der noch immer auf der Untertasse gelegen hatte – der Keks war fast so groß wie der Spatz.

      »Respekt«, sagte Rio, und diesmal war es Anita, die lächelte. Von dem Bestellen einer Suppe war nicht mehr die Rede gewesen. Dafür bekam Anita langsam das Gefühl, dass es sich doch gelohnt hatte, zu Hause aufzuräumen.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAQAASABIAAD/4QD4RXhpZgAATU0AKgAAAAgABwESAAMAAAABAAEAAAEaAAUA AAABAAAAYgEbAAUAAAABAAAAagEoAAMAAAABAAIAAAExAAIAAAAgAAAAcgEyAAIAAAAUAAAAkodp AAQAAAABAAAApgAAAAAAAABIAAAAAQAAAEgAAAABQWRvYmUgUGhvdG9zaG9wIENTNS4xIE1hY2lu dG9zaAAyMDE0OjA0OjAyIDE2OjA0OjM2AAAEkAQAAgAAABQAAADcoAEAAwAAAAEAAQAAoAIABAAA AAEAAAdwoAMABAAAAAEAAAu4AAAAADIwMTQ6MDQ6MDIgMTY6MDQ

Скачать книгу