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auch zum Ausdruck kommen. Menschliches Verhalten kann nämlich bewusst (Graumann 1966: 115 f.) und zielgerichtet, d. h. intentional ablaufen. Der Mensch kann sich in seinem Verhalten ausdrücklich auf etwas beziehen, er kann sich also nicht bloß verhalten, er kann auch handeln.

      Handeln gilt als (alltäglicher) Spezialfall von Verhalten, eben als intentionales Verhalten, das absichtsvoll und auch (mehr oder weniger) bewusst auf ein Ziel hin ausgerichtet ist (Lenk 1978: 281). Oder wie es Max Weber in seiner klassischen Begriffsbestimmung ausdrückt: Handeln meint dasjenige menschliche Verhalten, welches der jeweils handelnde Mensch mit subjektivem Sinn verbindet. Dabei ist einerlei, ob es sich um ein äußeres (motorische Aktivitäten) oder innerliches „Tun“ (Denken, Fühlen, …) handelt; auch ein bewusstes Unterlassen einer Aktivität (oberflächlich betrachtet: ein „Nichts-Tun“) oder ein bewusstes Dulden (von Zuständen, von Verhaltensweisen anderer etc.) ist in diesem Sinn als menschliches Handeln zu begreifen (Weber 1980: 3 f.; 1984: 19 f.).

      Intentionalität gilt als Ergebnis der Evolution (der phylogenetischen Entwicklung) des Menschen. Sie besteht in der „Fähigkeit, für ein Ziel zu kämpfen […] mit mehr als nur einem rigiden Handlungsmuster“ (Lenneberg 1964: 581 f.; zit. n. Merten 1977: 129): Neuere Erkenntnisse deuten zwar darauf hin, dass auch Menschenaffen (Schimpansen) über einfache Formen der Intentionalität verfügen, aber nach wie vor gilt, dass nur der Mensch über eine Intentionalität höherer Ordnung, nämlich über eine „geteilte Intentionalität“ („shared intentionality“), auch „Wir- oder kollektive Intentionalität“ verfügt (Tomasello 2014: 4), die ihn zu Empathie und Kooperation befähigt und die „einzigartig im Tierreich ist“ (Tomasello 2011: 17).

      Der Handlungsbegriff ermöglicht also, aus dem Gesamtkomplex menschlicher Verhaltensweisen bestimmte Teile herauszugreifen. Mit Hilfe des Handlungsbegriffes lässt sich der intentionale Charakter menschlichen Tuns hervorheben: Indem der Mensch seinen Handlungen „subjektiven Sinn“ zuerkennt, ihnen also bestimmte Bedeutungen attestiert, verbindet er bewusst ganz bestimmte Zielvorstellungen mit seinen Aktivitäten. Das bedeutet darüber hinaus, dass menschliches Handeln nicht Selbstzweck (ich handle nicht „um des Handelns willen“), sondern stets Mittel zum Zweck ist. Was auch immer wir beabsichtigen (die Beeinflussung eines Prozesses, das Herstellen eines Zustandes, das Dulden eines Missstandes, …), unser Handeln ist stets zielgerichtet3. Ist unser Handeln in seinem Ablauf nun auch noch an anderen Menschen orientiert, dann spricht man von sozialem Handeln.

      Soziales Handeln ist ein Handeln, „welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist“ (Weber 1980: 1; 1984: 19). Dieses Verhalten anderer (Menschen) kann bereits vergangen sein, gegenwärtig ablaufen oder auch erst in Zukunft erwartet werden – entscheidend ist, dass es überhaupt mitgedacht wird. Ein Mensch handelt also dann sozial, wenn er – und sei es auch nur gedanklich – das Vorhandensein (bzw. die Verhaltensweisen) von (mindestens noch einem) anderen Menschen in sein Handeln miteinbezieht.

      –Bloßes Handeln liegt etwa vor, wenn Menschen bei Beginn des Regens den Regenschirm aufspannen. Hier handeln sie intentional, denn es existieren konkrete Ziele für ihr Handeln (nicht nass werden wollen …). Sie handeln dagegen nicht sozial: selbst wenn sie gleichzeitig und/oder auch gleichmäßig handeln, orientieren sie sich – was den Ablauf des Handelns betrifft – nicht an den anderen Menschen, sondern am Regen(!). Auch wenn sie durch wechselseitig beobachtetes Aufspannen erst auf den Regen aufmerksam werden, handeln sie ausschließlich im Hinblick auf sich (und den Regen) und nicht im Hinblick auf irgendeinen anderen Menschen.

      –Soziales Handeln kann etwa am Beispiel des Geldverkehrs einsehbar gemacht werden: Indem eine Person beim Tauschverkehr Geld akzeptiert, orientiert sie ihr Handeln an der Erwartung, dass (sehr viele) andere Menschen in Zukunft ebenfalls bereit sein werden, dieses Geld als Tauschmittel anzunehmen. Damit ist ihr eigenes Handeln (Geld annehmen) an anderen Menschen (bzw. an deren zukünftigem Verhalten) orientiert: sie denkt deren zukünftiges Verhalten während ihrer Handlung mit, der Handlungsablauf (Geld als Tauschmittel akzeptieren und auch annehmen) ist von diesem Mitdenken fundamental bestimmt.

      Menschliche Kommunikation soll nun unter dem Aspekt des bisher Gesagten als ein Prozess betrachtet werden, der im Bereich des sozialen Handelns4 anzusiedeln ist: Ein „kommunizierender“ Mensch ist jemand, der etwas im Hinblick auf (mindestens) einen anderen Menschen tut. Damit handelt er also „zutiefst“ sozial, weil er sein kommunikatives Handeln ja ganz ausdrücklich an diesen/diese Anderen richten muss: Hat es im soeben angesprochenen Beispiel des Geldverkehrs noch „genügt“, jene Anderen (von denen man erwarten konnte, dass sie in Zukunft Geld als Tauschmittel akzeptieren würden) mehr oder weniger unbewusst beim eigenen Handeln mitzudenken, so zeichnet sich kommunikatives Handeln ja gerade auch dadurch aus, dass es darüber hinaus (in der Regel) explizit und bewusst in Richtung auf (mindestens einen) Andere(n) geschieht.

      Wie für menschliches Handeln allgemein, so soll nun auch für soziales bzw. insbesondere für kommunikatives Handeln der intentionale Charakter herausgearbeitet werden. Fragt man unter diesem Aspekt der Intentionalität nach den möglichen Zielen kommunikativen Handelns, so gelangt man zu folgender Differenzierung:

      1.Jede·r kommunikativ Handelnde besitzt zunächst eine allgemeine Intention, nämlich: den Mitteilungs-Charakter der eigenen kommunikativen Handlung verwirklichen zu wollen. Ein Mensch, der kommunikativ handelt, stellt darauf ab, (mindestens) einem anderen etwas Bestimmtes mitzuteilen – genauer: bestimmte Bedeutungen mit ihm teilen zu wollen5. Damit verfolgt er das konstante Ziel jeder kommunikativen Handlung: Er will Verständigung zwischen sich und seine·r Kommunikationspartner·in herstellen. Dieses Ziel wird dann erreicht (= Verständigung liegt dann vor), wenn die beiden Kommunikationspartner·innen die jeweils gemeinten Bedeutungen tatsächlich miteinander teilen.6

      Verwenden wir ein einfaches Beispiel: Roland sagt: „Monika, schließ bitte das Fenster“. In der kommunikativen Handlung, „Monika, schließ bitte das Fenster“, besteht der Mitteilungscharakter darin, dass Roland (als kommunikativ handelnde Person) das Ziel verfolgt, die von ihm mit seiner Äußerung gemeinten Bedeutungen mit der Empfängerin (= Monika) teilen zu wollen: Roland will, dass Monika versteht, was er meint. Indem er dieses Ziel anstrebt, will er „Verständigung“ über die geäußerten Inhalte zwischen sich und Monika herstellen.

      2.Jede kommunikativ Handelnde Person besitzt darüber hinaus aber auch eine spezielle Intention: Sie setzt ihre kommunikative Handlung aus einem bestimmten Interesse heraus. Erst die jeweils konkreten Interessen sind es ja, die kommunikatives Handeln überhaupt entstehen lassen. Indem eine Person nun mit ihrer kommunikativen Handlung versucht, diesen (ihren) Interessen zur Realisierung zu verhelfen, verfolgt sie das variable Ziel ihrer kommunikativen Handlung (Kommunikationsinteressen variieren naturgemäß personen- und situationsspezifisch). Dieses Ziel ist dann erreicht, wenn das konkrete Interesse der kommunikativ handelnden Person tatsächlich realisiert werden kann, anders: wenn die konkret erwarteten Folgen tatsächlich eintreten.

      Wenn Roland sagt „Monika, schließ bitte das Fenster“, dann kann diese (seine) kommunikative Handlung z. B. aus dem Interesse heraus entstanden sein, die störende Zugluft zu beseitigen. Dieses Interesse von Roland wird dann realisiert, wenn Monika das Fenster tatsächlich schließt.

      Die folgende Abb. 1 veranschaulicht die hier dargestellte Sichtweise kommunikativen Handelns:

      Abb. 1: Die Intentionalität kommunikativen Handelns (eigene Darstellung)

      Weist die allgemeine Intention kommunikativen Handelns (= jemandem etwas

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