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vorgenommen hat, gelten meine Empfehlungen auch für die Arbeiten in den Fächern Politische Wissenschaften, Lehramt, Recht. Soweit es um historische oder allgemein-theoretische und nicht um experimentelle und empirische Arbeiten geht, sollte das Modell auch auf die Bereiche Architektur, Wirtschaftswissenschaften und auf einige naturwissenschaftliche Fakultäten anwendbar sein. Es ist aber Vorsicht am Platz.

      4. Während dieses Buch in Druck geht, spricht man viel von Universitätsreform. Und es sind zwei oder drei Abschlüsse von unterschiedlichem Niveau im Gespräch.

      Man kann sich fragen, ob diese Änderung nicht die Vorstellung der »Tesi di Laurea« total umkrempeln wird. Dann werden wir Abschlüsse verschiedenen Niveaus haben, und wenn die Lösung der in der Mehrzahl anderer Länder gleicht, stehen wir vor einer Situation, die der im ersten Kapitel beschriebenen nicht unähnlich ist (I.1.). Das heißt wir hätten eine Art Diplom- oder Magisterarbeit (erster Abschluß) und eine Doktorarbeit (zweiter Abschluß).

      Die Ratschläge, die wir in diesem Buch geben, betreffen beide, und soweit sich Unterschiede ergeben, wird auf sie hingewiesen.

      Was auf den folgenden Seiten gesagt wird, gilt, unserer Meinung nach, auch im Hinblick auf die Reform und insbesondere dann, wenn man die für eine eventuelle Reform nötige Übergangszeit in Betracht zieht.

      6. Ein letzter Hinweis: Was im folgenden gesagt wird, gilt natürlich für Studenten und Studentinnen, so wie es für Professoren und Professorinnen gilt. Da das Italienische keinen neutralen Ausdruck hat, der beide Geschlechter umfaßt (in Amerika bürgert sich der Ausdruck »Person« ein, aber es wäre lächerlich, von einer »studentischen Person« oder einer Person, die Kandidat ist, zu sprechen), beschränke ich mich darauf, von Student, Kandidat, Professor oder Berichterstatter zu sprechen. Ich folge dabei grammatikalischem Brauch und bringe keinerlei Diskriminierung wegen des Geschlechts zum Ausdruck. Man kann natürlich fragen, warum ich dann nicht immer von Studentin, Professorin etc. spreche. Dies deshalb, weil ich aus eigener Erinnerung und Erfahrung arbeite und die Darstellung dadurch mehr Unmittelbarkeit vermitteln kann.

      I.Was ist eine wissenschaftliche Abschlußarbeit und wozu dient sie?

      I.1. Warum muß man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreiben und was ist sie?

      Eine wissenschaftliche Abschlußarbeit ist eine maschinenschriftliche Ausarbeitung, deren durchschnittliche Länge zwischen einhundert und vierhundert Seiten schwankt und in der der Student ein Problem abhandelt, das aus demjenigen Studienfach stammt, in dem er den Abschluß erwerben will. Nach italienischem Recht ist eine solche Arbeit für den Studienabschluß unerläßlich. Nach Abschluß aller vorgeschriebenen Prüfungen legt der Student die Arbeit einer Prüfungskommission vor, die einen zusammenfassenden Bericht des Referenten (desjenigen Professors, »bei dem man die Arbeit schreibt«) und des oder der Korreferenten, die dem Bewerber gegenüber auch Einwände vorbringen (können), anhört. Daraus entwickelt sich eine Diskussion, an der sich auch die anderen Kommissionsmitglieder beteiligen. Das Urteil der Kommission stützt sich auf die Aussage der beiden Referenten über die Qualität (oder die Mängel) der schriftlichen Arbeit und auf die Fähigkeiten, die der Kandidat bei der Verteidigung seiner schriftlich vorgetragenen Thesen beweist. Unter Einbeziehung des Notendurchschnitts aus den einzelnen Prüfungen setzt die Kommission die Note für die Arbeit fest. So wird es jedenfalls in Italien an den meisten geisteswissenschaftlichen Fakultäten gehandhabt.

      [7] Mit der Beschreibung der Äußerlichkeiten der Arbeit und des Rituals, in das sie eingebettet ist, ist noch wenig über ihre Natur gesagt. Vor allem darüber, warum die italienische Universität für den Studienabschluß eine wissenschaftliche Abschlußarbeit (»tesi di laurea«) zwingend vorschreibt.

      Es ist bemerkenswert, daß die meisten ausländischen Universitäten diese Anforderung nicht stellen. In einer Reihe von ihnen gibt es unterschiedliche Abschlüsse, für die keinerlei wissenschaftliche Arbeit erforderlich ist. In anderen gibt es einen ersten Abschluß, der in etwa dem unseren entspricht, der aber nicht das Recht gibt, den Doktortitel zu führen und den man allein mit Prüfungen oder mit einer Arbeit erreichen kann, die geringen Anforderungen entspricht. In anderen wiederum gibt es verschiedene Stufen der Promotion mit Anforderungen unterschiedlichen Umfangs. Normalerweise ist die wirkliche und eigentliche Doktorarbeit einer Art Super-Abschluß, der Promotion, vorbehalten, zu der nur Zugang hat, wer sich für die wissenschaftliche Forschung weiterbilden und spezialisieren will. Diese Art von Promotion hat verschiedene Bezeichnungen, aber wir nennen sie von jetzt ab mit einem allgemein gebräuchlichen angelsächsischen Ausdruck PhD (was eigentlich so viel wie Philosophy Doctor, Doktor der Philosophie, bedeutet, aber jede Art von Doktor der Geisteswissenschaften bezeichnet, vom Soziologen bis zum Griechischprofessor. In anderen als geisteswissenschaftlichen Fächern werden andere Bezeichnungen verwendet, z.B. MD, Medicine Doctor).

      Vom PhD zu unterscheiden ist ein Abschluß, der unserer »Laurea« sehr ähnlich ist und den wir in Zukunft Diplomierung nennen.

      Die Diplomierung führt in ihren verschiedenen Formen zur praktischen Berufstätigkeit. Der PhD dagegen qualifiziert zu einer Tätigkeit im akademischen Bereich; wer diesen Titel also erwirbt, schlägt fast immer die akademische Laufbahn ein.

      Eine »echte PhD-Arbeit« beruht immer auf eigenständiger Forschung; der Kandidat muß beweisen, daß er in der Lage ist, das gewählte Gebiet voranzubringen. Darum schreibt man auch [8] diese Arbeit nicht, wie unsere Abschlußarbeit, mit zweiundzwanzig Jahren, sondern in einem höheren Alter, manchmal auch erst mit vierzig oder fünfzig Jahren (auch wenn es sehr junge PhD gibt). Warum soviel Zeitaufwand? Eben weil es sich um eigenständige Forschung handelt, bei der man sicher auch wissen muß, was andere über den gleichen Gegenstand gesagt haben, bei der es aber vor allem etwas zu entdecken gilt, was andere noch nicht gesagt haben. Wenn man, speziell in den Geisteswissenschaften, von »Entdeckung« spricht, dann denkt man nicht an umwälzend neue Entdeckungen wie die Atomspaltung, an die Relativitätstheorie oder an ein Mittel gegen Krebs: es kann sich auch um bescheidenere Entdeckungen handeln, und man betrachtet als »wissenschaftlich« auch eine neue Art und Weise, einen klassischen Text zu lesen und zu verstehen, das Ausgraben eines Manuskripts, das ein neues Licht auf einen Autor wirft, oder die Neubewertung und die Neuinterpretation schon vorhandener Arbeiten, wenn dadurch Gedanken weitergebracht und in eine systematische Ordnung eingefügt werden, die bisher über verschiedene andere Texte verstreut waren. Jedenfalls muß eine Arbeit entstehen (zumindest ist das die Idee), die andere Forscher, die sich mit dem Gegenstand beschäftigen, nicht außer acht lassen dürfen, weil in ihr etwas Neues gesagt wird (vgl. II.6.1.).

      Entspricht die Abschlußarbeit, mit der wir uns hier beschäftigen, diesen gleichen Anforderungen? Nicht zwangsläufig. Da sie meist zwischen zweiundzwanzig und vierundzwanzig Jahren und in einem Alter, in dem man noch Universitätsexamina ablegt, geschrieben wird, kann sie nicht das Ergebnis langer und ausgefeilter Überlegungen sein, die völlige Reife beweisen. Und so kommt es, daß es Abschlußarbeiten (geschrieben von besonders begabten Studenten) gibt, die wirkliche PhD-Doktorarbeiten sind, und andere, die dieses Niveau nicht erreichen. Auch die Universität verlangt dies nicht um jeden Preis: Eine gute Abschlußarbeit muß nicht unbedingt auf eigenständiger Forschung beruhen, sie kann auch kompilatorisch sein. In einer kompilatorischen Arbeit zeigt der Student immerhin, daß er [9] kritisch vom Großteil der vorhandenen »Literatur« Kenntnis genommen hat (d.h. von den Veröffentlichungen über den Gegenstand) und daß er in der Lage ist, sie auf eine übersichtliche Weise darzustellen, dabei die verschiedenen Ansichten zueinander in Beziehung zu setzen und so einen guten Gesamtüberblick zu geben, der vielleicht auch einem Spezialisten zur Information nützlich sein kann, der sich gerade mit diesem Detailproblem nie eingehender beschäftigt hatte.

      Daraus ergibt sich ein erster Hinweis: Man kann eine kompilatorische oder eine Forschungsarbeit schreiben – eine »Diplom-, Magisterarbeit« oder eine »PhD«,

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