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       Grundsätzliche Aspekte zur Bilanzierung des Wasserhaushalts

      Die allgemeine Wasserhaushaltsgleichung oder Wasserbilanz bildet die Grundlage für alle hydrologischen Bilanzierungen. Sie wird immer auf einen definierten Zeitabschnitt und einen Betrachtungsraum oder ein Kontrollvolumen wie z.B. einen Kontinent, ein Einzugsgebiet, einen See oder eine Bodenschicht bezogen. Dabei führt die Summe aller Zuflüsse und Abflüsse zu einer Speicheränderung im betrachteten System, die positiv oder negativ sein kann:

      Die Wasserhaushaltsgleichung ist die zentrale Gleichung für alle Wasserbilanzbetrachtungen.

      Abb. 3-1 enthält globale Angaben. Bei langjährigen Mittelwerten kann die Speicheränderung vernachlässigt werden. Die Unterscheidung von Kontinenten und Weltmeeren stellt eine grobe räumliche Unterteilung dar. Erst mit zunehmender räumlicher und zeitlicher Auflösung wird es erforderlich, feiner zu bilanzieren. Durch die Verdunstung ist der Wasserhaushalt von Landschaften eng mit ihrem Energiehaushalt verknüpft. Die Verdunstung ist damit sowohl Element der Wasser- als auch der Wärmebilanz (→ Kap. 7). Da Wärmebilanzen immer auf Oberflächen bezogen werden, entfällt bei ihnen das Speicherglied. Insofern muss die Summe aller Wärmeströme, die zur Oberfläche entweder hin oder von ihr weg gerichtet sind, null ergeben. Dabei wird der durch die Strahlungsbilanz im globalen Mittel erzielte Energiegewinn überwiegend, d. h. zu fast 80 %, durch Verdunstung verbraucht, sodass nur ein deutlich kleinerer Anteil der Lufterwärmung zugutekommt. Der Wärmeaustausch mit dem Boden beträgt im Mittel null.

      Globale Unterschiede von Niederschlag, Verdunstung und Abfluss

      Die großräumige Niederschlagsvariabilität ist eine Folge der Ausbildung physischer Klimazonen und der atmosphärischen Zirkulation. Abb. 3-3 zeigt die globale mittlere jährliche Niederschlagsverteilung. Diese lässt sich in vier Zonen einteilen:

      1.den äquatorialen Bereich (Tropengürtel 0°–23°) mit den höchsten Niederschlägen von 1500–6000 mm/Jahr,

      2.an diesen schließen sich Trockengebiete in den Subtropen (23°–40°) mit Niederschlägen unter 100 mm/Jahr an,

      3.dann folgen wieder feuchtere Gebiete der mittleren und höheren Breiten (40°– 60°) mit Niederschlägen von 300–2000 mm/Jahr

      4.und schließlich die relativ niederschlagsarmen Polargebiete.

      Da für die Verdunstung nicht nur Wasser, sondern in erheblichem Maße auch Energie erforderlich ist (→ Kap. 7), folgt die globale Verteilung der Verdunstung sowohl der Niederschlagsverteilung als auch den räumlichen Mustern der Strahlungsbilanz (Abb. 3-4). Insofern sind es niederschlagsarme Regionen wie die Subtropen, in denen auch die jährliche aktuelle Verdunstung klein ist, während in den Tropen die jährliche Verdunstung überwiegend weit über 1000 mm/Jahr liegt. Diese Regionen stellen somit neben den Weltmeeren die terrestrischen Wasserquellen für den Wasserdampf in der Atmosphäre dar. In der gemäßigten Zone schwankt die mittlere jährliche Verdunstung zwischen 400 mm/Jahr und 800 mm/Jahr.

      Die globale Verteilung des Abflusses folgt dem Wechsel von Niederschlag und Verdunstung, jedoch mit größeren räumlichen Schwankungen, zu denen die räumliche Variabilität von Geologie, Physiographie sowie Boden- und Pflanzeneigenschaften wesentlich beiträgt (Abb. 3-5). Er variiert zwischen keinem Abfluss und Abfluss weit über 1000 mm/ Jahr. In den Trockengebieten der Erde ist der mittlere Abfluss mit < 10 mm/Jahr sehr gering, jedoch ist die saisonale Variation und die Variation von Jahr zu Jahr sehr hoch. Einen besonders hohen jährlichen Abfluss zeigen die Tropen und die Gebirgsregionen. Gebirge werden deshalb auch als Wasserschlösser der Erde bezeichnet (→ Kap. 20).

      Die generellen Zusammenhänge zwischen Niederschlag, Verdunstung und Abfluss werden durch Arbeiten von Lvovich (1976) in Abb. 3-6 (linker Teil) dargestellt. Werden die mittleren jährlichen Abflussdaten und Verdunstungsdaten gegen den Niederschlag aufgetragen, liegen sie generell entlang der beiden Linien Q und ETa (tatsächliche Verdunstung). Das Bild macht eindrucksvoll deutlich, dass die Verdunstung weder größer sein kann als die Verfügbarkeit von Wasser noch größer als die Verfügbarkeit an Energie. Die Verfügbarkeit von Wasser entspricht im Mittel dem Niederschlag. Die Verfügbarkeit von Energie wird durch die potenzielle Verdunstung ETp, d.h. die energetisch maximal mögliche Verdunstung, ausgedrückt (→ Kap. 7). Mit zunehmendem Niederschlag nähert sich ETa dem Wert ETp an. Erst wenn der Jahresniederschlag größer wird als ETp, erreicht auch der Abfluss zunehmend größere Beträge.

      Abb. 3-3 | Globale Verteilung der mittleren Jahresniederschläge in mm/Jahr für die Periode 1961–1990 (nach New et al. 1999).

      Abb. 3-4 | Globale Verteilung der mittleren jährlichen aktuellen Verdunstung für die Periode 1950–1999 (nach Willmott und Matsuura 2001).

      Abb. 3-5 | Globale Verteilung des mittleren jährlichen Abflusses (nach Feteke et al. 2000).

      Budyko (1974) hat die aktuelle Verdunstung und die klimatisch mögliche potenzielle Verdunstung mit der Niederschlagshöhe normiert (ETp/N bzw. ETa/N) und die sogenannte Budyko-Kurve entwickelt (Abb. 3-6, rechter Teil). Dabei ist ETp/N ein Klimaindex, wobei Werte < 1 ein wasserlimitiertes System und Werte < 1 ein energielimitiertes System beschreiben. Die Aufteilung des Abflusses in oberirdischen und unterirdischen Abfluss hängt v. a. vom Niederschlagsgeschehen, von der innerjährlichen Niederschlagsverteilung, der Aufteilung des Niederschlags in Regen und Schnee, dem Auftreten von Bodenfrost sowie den Bodeneigenschaften und einer möglichen Versiegelung des Bodens durch Bebauung ab (→ Kap. 6, 9 und 10).

      Abb. 3-6 | Zusammenhänge zwischen Niederschlag, Abfluss (Q), potenzieller und realer Verdunstung ETp und ETa (nach Lvovich 1976 (linke Grafik) und Budyko 1974 (rechte Grafik)).

      Einzugsgebiete als Mosaiksteine des globalen Wasserhaushalts

      Die Bewältigung wasserwirtschaftlicher Aufgaben macht es erforderlich, große räumliche Einheiten wie Kontinente oder Klimazonen räumlich feiner zu strukturieren, d. h. relevante Raumeinheiten zu bilden, die als hydrologische Systeme bezeichnet werden. Eine der wichtigsten hydrologischen Raumeinheiten ist das Einzugsgebiet, wobei u. a. zwischen den Einzugsgebieten von Flüssen, Seen oder Grundwasserleitern unterschieden werden kann.

      Einzugsgebiete sind gut geeignet, um hydrologische Prozesse zu studieren. Bei hydrologischen Prozessanalysen in kleinen Einzugsgebieten wird zwischen verschiedenen Speichervorgängen an der Landoberfläche, im Boden und im Grundwasser, zwischen verschiedenen Abflusskomponenten wie Oberflächenabfluss, bodeninnerem Abfluss und Grundabwasserabfluss oder verschiedenen Verdunstungskomponenten unterschieden (→ Kap. 9).

       Box 3.1

       Woher stammt der Niederschlag?

      Stammt der Niederschlag aus der Verdunstung vom Meer oder von den Kontinenten? Wenn das Wasser von der Landoberfläche kommt, wird dieser Prozess als «moisture recycling» bezeichnet. Van der Ent et al. (2010) haben mithilfe von globalen Datensätzen berechnet, dass im Mittel 40 % des kontinentalen Niederschlags aus der terrestrischen Verdunstung stammen und dass 57 % der terrestrischen Verdunstung wieder über den Kontinenten abregnen. Um einen besseren Eindruck zu gewinnen, ist in Abb. 3-7 oben die globale räumliche Verteilung des mittleren kontinentalen Verdunstungs-Recycling-Anteils dargestellt, also der Anteil der Verdunstung, der über Land abregnet. In Abb. 3-7 unten ist der kontinentale Niederschlags-Recycling-Anteil dargestellt, also der Anteil des Niederschlags, der aus

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