Скачать книгу

unterscheiden protestantische Theologen zwischen Theologie und ReligionTheologie und Religion.

      Infobox

       Unterscheidung von Theologie und Religion:

      Die Unterscheidung von Theologie und Religion geht auf den Hallenser Theologen Johann Salomo SemlerSemler, Johann Salomo (1725–1791) zurück, und sie hängt zusammen mit der Etablierung von Fachwissenschaften am Ende des 18. Jahrhunderts. Die Theologie wird nun als eine professionelle Fachwissenschaft verstanden, die bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt und das alte, von Martin LutherLuther, Martin (1483–1546) geprägte Verständnis als oratio, meditatio, tentatio (beten, meditieren und anfechten) ersetzt. Dabei versteht Semler die Theologie und das von ihr ausgearbeitete Lehrsystem als geschichtlich wandelbar und partikular. Universal und zeitlos gültig ist hingegen die Religion. Unterschieden wird in der Theologie zwischen ihr und der Religion. Dadurch soll diese von einer theologischen Bevormundung befreit werden.

      Mit der genannten Unterscheidung ist freilich ein Folgeproblem verbunden. Wie verhalten sich beide Größen zueinander? Sind beide das Gleiche, oder weiß die Theologie mehr als die Religion? Klärt jene den religiösen Menschen darüber auf, was er tut, wenn er glaubt? Nun betrachtet die Theologie als akademische Disziplin, die bestimmte Kenntnisse wie die der alten Sprachen, der Religionsgeschichte etc. voraussetzt, die religiösen Inhalte in der Tat im Kontext ihrer Geschichte. Insofern beschreibt sie das Gewordensein von religiösen Vorstellungsgehalten, indem sie zeigt, wo diese ihre geschichtliche Wurzel haben und wie sie entstanden sind. Dadurch wirkt die Theologie in allen ihren Einzeldisziplinen aufklärend auf die Religion. Gleichwohl wäre es fatal, wenn man der Theologie ein ‚höheres‘ Wissen zusprechen wollte als dem religiösen Menschen selbst. Würde man dann doch unterstellen, dem Glaubenden bleibt sein Glaube selbst unverständlich. Vielmehr ist dieser selbst schon als Erkenntnis zu verstehen, und die Systema[5]tische Theologie hat die Aufgabe, die Erkenntnis, welche die Religion selbst schon ist, darzustellen.

      Die Systematische Theologie beschreibt Religion aus der Perspektive ihres Vollzugs. Sie hat folglich die Sichtweise der Teilnehmer einzunehmen. Da sie allerdings von der Religion unterschieden ist, kann sie deren Vollzug nur konstruieren. Sie arbeitet eine Deutung der ReligionDeutung der Religion aus der Perspektive der Glaubenden aus. Das gilt freilich auch für andere mit Religion befasste akademische Disziplinen wie ReligionswissenschaftReligionswissenschaft, EthnologieEthnologie, ReligionssoziologieSoziologieReligions- etc. Sie alle können Religion nur beschreiben und nicht selbst an deren Stelle treten oder einen besseren Zugang zu ihr für sich reklamieren. Die Systematische Theologie tut dies in einer Teilnehmerperspektive, die sie freilich methodisch reflektiert.

      Fasst man die vorgestellten Überlegungen zusammen, dann kann man sagen, die Aufgabe der Systematischen Theologiedie Aufgabe der Systematischen Theologie besteht in der SelbstdarstellungSelbstdarstellung der christlichen ReligionReligionchristliche mit wissenschaftlichen Mitteln. Das Fachgebiet, mit dem Studierende der Theologie im Laufe ihres Studiums zu tun haben werden, widmet sich der wissenschaftlichen Kommunikation von Religion, indem es den religiösen Vollzug und dessen symbolische Darstellungsymbolische Darstellung in einem systematischen Zusammenhang erörtert. Die genannte Aufgabe leistet die Systematische Theologie in vier Kontexten: zunächst im Hinblick auf religiöse Gemeinschaften. Im Bereich des Christentums handelt es sich hier um die Kirchen. Sodann kommuniziert sie Religion im Kontext der Gesellschaft und schließlich im System der Wissenschaften sowie im Horizont der Theologie.

      Literatur

      Ingolf U. Dalferth: Kombinatorische Theologie. Probleme theologischer Rationalität, Freiburg i. Br./Basel/Wien 1991.

      Wilfried Härle: Dogmatik, Berlin/New York 22000, S. 3–45.

      Christoph Schwöbel: Art.: Systematische Theologie, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 2011–2018.

      Konrad Stock: Einleitung in die Systematische Theologie, Berlin/New York 2011, S. 47–50.

      Johann Salomo SemlerSemler, Johann Salomo: Versuch einer nähern Anleitung zu nützlichem Fleisse in der ganzen Gottesgelersamkeit für angehende Studiosos Theologiae, Halle 1757. ND Waltrop 2001.

      [6]Aufgaben

      1 Lesen Sie den Artikel von Christoph Schwöbel über Systematische TheologieTheologie.

      2 Informieren Sie sich in einer neueren Dogmatik über das Verständnis der Systematischen Theologie.

      3 Schreiben Sie einen Essay zu der Frage, was Systematische Theologie ist und womit sie sich beschäftigt.

      1.3 Die Systematische Theologie im Kontext der Theologie

      Dem Wortsinn nach bedeutet TheologieTheologie Rede von Gott (von griechisch: theo-logia). So wurde der Begriff von der antiken Philosophie geprägt und vom frühen Christentum übernommen. Dabei hat man bis ins 12. Jahrhundert unter Theologie lediglich die Lehre von Gott in seinen drei Personen (Trinitätslehre) verstanden. Erst im Zusammenhang mit der Entstehung der Universitäten wurde der Begriff in einem weiteren Sinne aufgefasst, indem man nun die christliche Lehre – die doctrina sacra – Theologie nannte. Deren Aufgabe bestand in der Auslegung der Bibel als verbindliche Texte der christlichen ReligionReligionchristliche. Daneben bildete sich zwar bereits im Mittelalter die Praxis heraus, Zitate der KirchenväterKirchenväter zu sammeln und zu kommentieren, aber erst in der Neuzeit kam es zu einer Ausdifferenzierung der Theologie in verschiedene Teildisziplinen. Das erfolgte im Zusammenhang der sich entwickelnden gesellschaftlichen Differenzierung. In diesem Prozess wurden in dem akademischen Lehrbetrieb die einzelnen theologischen Fächer institutionalisiert, die auch noch heute an den Theologischen Fakultäten gelehrt werden.

      [7]Im gegenwärtigen Lehrbetrieb der evangelischen Theologie haben sich insgesamt fünf Fächer mit unterschiedlichen methodischen Instrumentarien etabliert, die selbst wiederum diverse Unterdisziplinen umfassen. Man kann diese Fächer in historische und gegenwartsbezogene Disziplinen der Theologiehistorische und gegenwartsbezogene Disziplinen untergliedern. Die historischen Fächer sind Altes und Neues Testament sowie KirchengeschichteKirchengeschichte, und die gegenwartsorientierten sind Systematische Theologie sowie Praktische TheologieTheologiePraktische.

      Infobox

       Theologische Disziplinen:

A. historische Disziplinen B. gegenwartsbezogene Disziplinen
1. Altes Testament 1. Systematische Theologie
Einleitung ins Alte Testament Religionsgeschichte IsraelsIsrael Theologie des Alten Testaments Religionsphilosophie Dogmatik EthikEthik
2. Neues Testament 2. Praktische TheologieTheologiePraktische
Einleitung ins Neue Testament Religionsgeschichte des Frühjudentums Theologie des Neuen Testaments *HomiletikHomiletik *PoimenikPoimenik ReligionspädagogikReligionspädagogik
3. KirchengeschichteKirchengeschichte
SozialgeschichteSozialgeschichte der Kirchen DogmengeschichteDogmengeschichte TheologiegeschichteTheologiegeschichte

      Die historische Disziplinen der Theologiehistorischen Disziplinen der Theologie erkunden die geschichtlichen Grundlagen der christlichen ReligionReligionchristliche, deren Entstehung und Entwicklung in unterschiedlichen religionskulturellen Kontexten, die sich ändernden Sozialstrukturen der christlichen Religionsfamilie, die unterschiedlichen Konzeptionen von Religion

Скачать книгу