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      37

      Wir statteten Dr. Bernd Claus einen Besuch ab. Er hatte auch im Fall von Sebastian Maybaum die Obduktion übernommen und war damit vor etwa einer Stunde fertig geworden.

      „Den schriftlichen Bericht werde ich größtenteils noch heute diktieren, sodass Ihr Präsidium ihn wahrscheinlich irgendwann im Verlauf des Tages auf dem Schreibtisch hat. Aber die wesentlichen Daten kann ich Ihnen ja jetzt mündlich zusammenfassen.“

      „Wir sind ganz Ohr“, versprach ich.

      „Wollen Sie, dass ich Ihnen an der Leiche demonstriere, was ich herausgefunden habe oder reicht es Ihnen, wenn wir das in meinem Arbeitszimmer besprechen.“

      „Letzteres reicht vollkommen“, versicherte Rudi.

      „Wie Sie wollen.“

      Er führte uns in sein Arbeitszimmer und holte aus dem Nachbarraum einen Bürostuhl, damit wir uns alle setzen könnten. „Ich habe ein toxikologisches Gutachten und eine Blutuntersuchung in Auftrag gegeben, die wahrscheinlich ein, zwei Tage brauchen, bis die Kollegen damit fertig sind. Aber ich gehe davon aus, dass diese Gutachten meine Hypothesen nur bestätigen“, begann der Gerichtsmediziner.

      „Welche Hypothesen?“, hakte Rudi nach.

      „Der Reihe nach“, lächelte Dr. Claus. „Zunächst einmal geht es um den Alkohol. Maybaum hatte eine Alkoholmenge in seinem Körper, die für eine akute Alkoholvergiftung ausgereicht hätte. Sie oder ich wären sofort ins Koma gefallen.“

      „Wir haben erfahren, dass Maybaum trockener Alkoholiker war“, gab ich zu bedenken.

      „Das wird bei der Bewertung der von mir in Auftrag gegebenen Gutachten vielleicht ein interessanter Aspekt werden, aber der Punkt, auf den ich hinaus will, ist ein anderer. Maybaum hatte zwar jede Menge Alkohol in seinem Körper, aber an der falschen Stelle – nämlich im Magen. Er muss eine ganze Flasche hochprozentigen Whisky oder etwas Vergleichbares geschluckt haben. Das würde niemand auf diese Weise tun – weder ein trockener noch ein aktiver Alkoholiker.“

      „Meinen Sie, dass ihm das Zeug eingeflößt wurde?“, fragte ich.

      „Beinahe. Man zwang ihn dazu, es zu trinken. Wenn es ihm eingeflößt worden wäre, hätten wir entsprechende Druckspuren vorliegen. Die sind aber nicht vorhanden. Unmittelbar nachdem er den Whisky geleert hatte, ist er gestorben.“

      „Durch die Räder des Trucks?“

      „Nein, als er überrollt wurde, war er längst tot. Die damit einhergehenden Verletzungen waren post mortem und sollten uns über die Todesursache in die Irre führen. Ich gebe zu, beinahe hätte ich sie auch übersehen, unter all den Brüchen, Quetschungen und so weiter.“

      „Wodurch starb er?“

      „Durch einen Schlag gegen die Kehle, wie er in verschiedenen Kampfsportarten trainiert wird. Er könnte mit der Handkante, aber auch mit einem Gegenstand durchgeführt worden sein, der nicht breiter als zweieinhalb Zentimeter ist, aber keinerlei Ecken oder Kanten besitzt. Danach wurde der Tote weggeschleift.“

      „Auf dem Parkplatz wurden keine entsprechenden Spuren gefunden.“

      „Ein Täter, der so planvoll vorgeht, denkt vielleicht auch daran, solche Spuren zu beseitigen. Jedenfalls trifft den Truck-Fahrer überhaupt keine Schuld. Er hat eine Leiche überfahren.“

      „Dann wurde der Wagen wohl auch nur die Böschung hinunter gestoßen, um einen falschen Eindruck zu erwecken!“, glaubte Rudi.

      „Ein Profi“, schloss ich.

      „Zumindest jemand, der sich sehr viele Gedanken über seine Vorgehensweise gemacht hat“, nickte Dr. Claus.

      Ich erhob mich von meinem Platz und sagte: „Danke, jetzt wissen wir auf jeden Fall mit Sicherheit, dass Maybaum auch Opfer eines Verbrechens wurde.“

      „Gibt es irgendetwas, was diesen Fall mit dem Mord an Rademacher verbindet – aus gerichtsmedizinischer Sicht meine ich.“

      Dr. Claus schüttelte den Kopf. „Leider nein. Aber vielleicht wollte der Täter auch genau das vermeiden. Ich möchte annehmen, dass er eine Waffe in der Hand hielt, als er Maybaum dazu zwang, den Alkohol zu trinken.“

      „Aber er wollte nicht, dass man ihn anhand dieser Waffe identifiziert. Deswegen hat er sie nicht benutzt“, schloss ich.

      „Exakt“, bestätigte Dr. Claus. „Ich habe übrigens noch einen Toten hier im Institut, der im Zusammenhang mit Ihrem Fall in der Fahndung ist. Meine Kollegin Dr. Sandhurst ist gerade dabei, die Obduktion durchzuführen. Aber der Fall liegt relativ klar auf der Hand...“

      „Um wen geht es?“

      „Um einen gewissen Kurt Heinrichs. Er bekam eine Kugel in den Kopf und wurde auf einer Müllkippe in Brandenburg gefunden.“

      „Welches Kaliber?“, fragte ich.

      „Er wurde mit einer .45er getötet. Das Projektil ist bei den Ballistikern.“

      „Ich hatte es befürchtet“, meinte Rudi.

      „In diesem Fall steht übrigens fest, dass der Tote schon mindestens eine Woche auf der Müllkippe lag. Man hatte ihn ziemlich sorgfältig eingepackt, aber Ratten fressen sich schließlich überall durch, wie die Erfahrung zeigt.“

      38

      Wir kehrten zunächst zum Präsidium zurück und versuchten, uns einen Reim auf das zu machen, was an neuen Erkenntnissen vorlag.

      Max Herter hatte inzwischen alles, was es über Ronny Vincente herauszufinden gab zusammengetragen.

      „Der hat

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