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Freitod. Heribert Weishaupt
Читать онлайн.Название Freitod
Год выпуска 0
isbn 9783961361212
Автор произведения Heribert Weishaupt
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Ich glaube, vorerst werde ich so etwas Idiotisches nicht mehr machen. Danke für den Wein. Ich will jetzt nach Hause. Ich bin todmüde“, sagte sie und lächelte.
Vielleicht lächelte sie wegen dem unbeabsichtigten Wortspiel todmüde.
Sie tranken jeder noch einen Schluck Wein. Dann stand sie auf. Auch er stand auf und umarmte sie noch einmal und sie ließ ihn allein zurück. Mit jetzt wesentlich schnellerem Schritt als auf dem Hinweg, verließ sie das Lokal.
Konnte er die Frau so einfach gehen lassen? Er überlegte, ob er ihr hinterherlaufen sollte. Aus dem Gespräch hatte er aber den Eindruck gewonnen, dass die junge Frau nicht nochmal diese selbstmörderische Aktion vorhaben würde. Sie hatte es ihm zumindest überzeugend versprochen und er glaubte ihr.
Er setzte sich wieder an den Tisch und war erleichtert, dass die Situation so gut verlaufen war. Gleichzeitig fühlte er sich aber auch ein wenig einsam, nachdem sie ihn verlassen hatte.
Wahrscheinlich würde sie genauso einsam zu Hause im Bett liegen und um Schlaf ringen, der sich wahrscheinlich nicht einstellen würde. Irgendwie hatte er ein schlechtes Gewissen.
Er trank den letzten Rest seines Weins und bat den Wirt, ihm ein Taxi zu bestellen.
Nachdem der Abend so trist begonnen und so aufregend geendet hatte, war es doch noch zu einem guten Abschluss gekommen, redete er sich ein.
Er nahm sich vor, sie nach ein paar Tagen zu fragen, wie es ihr geht. Erst jetzt registrierte er, dass er weder Nachname noch Anschrift oder Telefonnummer von ihr hatte. Auch sie hatte keine Angaben von ihm. Wie konnte er nur so dämlich sein? Er wusste nur, dass sie Sarah hieß und das war recht wenig.
Resigniert zuckte er mit den Schultern. Er konnte es nicht mehr ändern.
Außerdem war er nur noch müde und wollte ins Bett.
2
Ronni und Susie saßen heute zeitiger am Frühstückstisch als an anderen Tagen. Er musste ausnahmsweise an diesem Montag mit Bus und Bahn zum Polizeipräsidium fahren.
Susies Auto hatten sie gestern am späten Nachmittag in die Werkstatt gebracht. Die Inspektion stand an und die Reparatur eines inzwischen fast fünf Monate alten Blechschadens sollte endlich erledigt werden. Während des Aufenthalts in der Ostseeklinik Kühlungsborn im April war sie beim Rückwärtseinparken ungebremst gegen einen Laternenpfahl gefahren. Als sie es Ronni erzählte, hatte dieser glücklicherweise den kleinen Unfall nicht zum Thema „Frauen und Parken“ gemacht.
Für die zwei, drei Tage, an denen ihr Wagen in der Werkstatt stand, hatte er ihr seinen Wagen versprochen. Nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hatte, hatte sie eine kleine Damenboutique in Nümbrecht eröffnet. Die Tätigkeit macht ihr großen Spaß und inzwischen konnte sie auch einen ansprechenden Erfolg verbuchen. Die Fahrt mit Bus und Bahn nach Nümbrecht würde aber nahezu zwei Stunden betragen und das wollte er ihr nicht zumuten.
„Ich bin dann mal weg. Bis später. Wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht, bin ich früh wieder hier“, rief Ronni und wollte sich auf den Weg machen.
Susie räumte das Geschirr vom Frühstück in die Spülmaschine. Da sie im Gegensatz zu Ronni mit dem Wagen fahren konnte, hatte sie noch viel Zeit.
Ihr Freund war auf dem Weg zur Wohnungstür. Er hatte sich mit einem Schirm bewaffnet, denn das Wetter schien nicht einladend zu sein. So hatte er es zumindest durch einen Blick aus dem Wohnzimmerfenster empfunden.
Doch bevor er die Hand auf den Türgriff der Wohnungstür legen konnte, hatte Susie ihn im Laufschritt eingeholt. Auch wenn die Trennung nur für acht oder zehn Stunden sein würde, drückte sie ihm zum Abschied einen dicken Kuss auf den Mund.
Seitdem sie aus der Rehamaßnahme zurück war, hatte sich ihr Verhältnis nochmals verbessert, obschon das nach seiner Meinung realistisch kaum möglich war. Aber er empfand das so. Sie war lockerer und liebenswerter geworden. Die Zeit der Scheidung schien sie überwunden zu haben und war kein Thema mehr.
Beim Öffnen der Haustür schlug ihm starker Regen entgegen. Mit Sommer hatte dieses Wetter nichts gemeinsam. Für die einhundert Meter bis zur Bushaltestelle musste er mit geöffnetem Schirm laufen, um nicht völlig durchnässt zu werden.
In Siegburg stieg er in die Straßenbahn um, die ihn bis fast direkt zum Präsidium bringen würde. Die zwei oder drei Minuten Fußweg von der Haltestelle zu seiner Dienststelle würden ihm nichts ausmachen – aber heute bei dem Regen? Abwarten, dachte er und drängte sich mit mehreren Fahrgästen in die Straßenbahn. In einer Vierer-Sitzgruppe war noch ein Platz am Gang frei und er setzte sich zufrieden dorthin.
Bisher hatte die Fahrt besser geklappt, als er es sich vorgestellt hatte, auch wenn er den Regen bei der Vorstellung nicht einkalkuliert hatte.
Es roch muffig, durch die nassen Kleider der Fahrgäste. Er schaute aus dem Fenster, obschon er so gut wie nichts draußen wahrnahm. Die Scheibe war mit Tropfen übersät und zudem beschlagen. Er sah ein, dass sein Unterfangen sinnlos war und wandte sich stattdessen den Fahrgästen zu. Vielleicht gibt es hier jemanden, den ich kenne und der genauso wie ich unter dem öffentlichen Nahverkehr und dem schlechten Wetter leidet, dachte er.
Neben ihm am Fenster saß eine große, korpulente Frau, die eine Frauenzeitung las und mehr Platz beanspruchte, als der Sitzplatz hergab und ihn doch erheblich in seiner Bewegung einengte. Aber was hieß hier Bewegung? Er wollte sich auch nicht bewegen und so lange würde die Fahrt auch nicht dauern. Ihr gegenüber stierte ein älterer Mann, so wie er vorhin, trotz Regentropfen und beschlagener Scheibe aus dem Fenster. Neben ihm, und damit Ronni gegenüber, saß eine junge Frau, die scheinbar in ein Buch vertieft war. Ihre Tasche lag auf ihrem Schoß und das Buch obenauf, sodass er nicht sehen konnte, um was für ein Buch es sich handelte. Wahrscheinlich ein Krimi. Alle Welt liest diese Krimis mit den tollen Kommissaren, die am Ende immer den Täter fassen, dachte er im Hinblick auf seine Tätigkeit ein wenig ärgerlich.
In dem Moment, als er das dachte, hob die Frau ihre Augen und schaute ihn direkt an.
Die Selbstmörderin – nein falsch, dachte er überrascht. Die beinahe Selbstmörderin.
Auch sie schien ihn, ihren damaligen Lebensretter, sofort erkannt zu haben. Sie war jetzt kein Vergleich zu der Frau von damals, vor fünf Monaten. Gebräuntes Gesicht, keine Schminke, wie er schätzte, gelocktes, schwarzes Haar. Insgesamt machte sie den Eindruck einer hübschen und gepflegten, jungen Frau.
„Hallo Sarah, wenn das kein Zufall ist. Du und ich in derselben Bahn und sogar in derselben Sitzgruppe“, tönte es laut und erfreut aus Ronnis Mund.
Durch seinen freudigen Gefühlsausbruch sah sich die Dame neben ihm veranlasst, ihm einen tadelnden Blick zuzuwerfen. Der ältere Mann ihr gegenüber beendete oder unterbrach zumindest seine Betrachtung der Regentropfen an der Scheibe und schaute Ronni erstaunt an.
„Hallo Robbie, schön dich zu sehen. Das ist wirklich ein Zufall, dass wir uns nach vielen Monaten hier treffen. Du fährst bestimmt zur Arbeit?“
„Nicht Robbie. Ronni, einfach Ronni“, verbesserte er sie.
„Ah ja, natürlich. Ronni.“
„Ja, ich habe zwei oder drei Tage kein Auto und fahre daher zum tatsächlich ersten Mal mit der Bahn zur Arbeit. Wie geht es dir?“, fragte Ronni jetzt fast im Flüsterton und lehnte sich etwas nach vorne.
„Am liebsten gut.“
Na, diesen altbekannten Ausspruch hättest du dir schenken können, dachte er.
„Wie ist es mit deinem Freund? Hast du ihn doch noch angezeigt?“
„Nein, das habe ich nicht. Das ist endgültig erledigt und vorbei. Mein Vater hat noch vor seinem Tod mit ihm gesprochen und ihm anscheinend eindringlich gesagt, dass er mich künftig in Ruhe lassen soll. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Weiß du, mein Vater kann sehr