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Helen Perkins
Список книг автора Helen PerkinsАннотация
Dr. Christina Rohde verbringt ein Wochenende in den Bergen beim Skilaufen. Dass sie dort einen alten Schulfreund wiedertrifft, ist ein großer Zufall. Sebastian Brunner ist Physiker und hat sich zusammen mit einem Studienkollegen selbstständig gemacht. Die kleine Firma in Fürstenfeldbruck war bislang erfolgreich. Kürzlich ist sie allerdings in finanzielle Schieflage geraten. Christina kümmert sich um Sebastian, den sie schon zu Schulzeiten sehr mochte. Kurz vor ihrer Rückfahrt nach München erleidet der Unternehmer einen Infarkt. Die Chirurgin leistet die Erstversorgung und verspricht Sebastian, ihn in die Behnisch-Klinik bringen zu lassen, wo sie sich weiter um ihn kümmern will. Dr. Erik Berger hat derweil Wochenenddienst. Am späten Samstagabend wird eine Frau mit akuter Alkoholvergiftung eingeliefert. Dr. Berger gelingt es, sie zu stabilisieren. Er staunt nicht schlecht, als er in der Patientin seine alte Studienfreundin Hanna Waldner wiedererkennt. Was ist in der Zwischenzeit mit ihr geschehen? Wie konnte aus der verheißungsvollen Jungärztin eine schwere Alkoholikerin werden? Erik Berger beschließt, es herauszufinden.
"Nun, Frau Gruber, wie fühlen Sie sich?" «Ach, Herr Doktor, schon wieder recht gut.» Die vollschlanke Patientin jenseits der Sechzig rückte ihren grauen Haarknoten resolut zurecht und fügte mit trockenem Humor hinzu: «Wenn man bedenkt, dass ich nimmer das neueste Modell bin und jetzt fei noch ein Ersatzteil mehr hab …» Dr. Daniel Norden, Chefarzt und Leiter der Münchner Behnisch-Klinik, lachte und reichte der Bäuerin aus Rosenheim die Hand. «Wird schon. Bei unserer Frau Rohde sind Sie und Ihr neues Hüftgelenk schließlich in den allerbesten Händen.» «Weiß ich doch. Ich vertrau ihr und Ihnen, Herr Doktor. Mein Ferdl wird sich freuen, wenn ich wieder daheim umeinant hupfen kann wie ein junges Reh.» Sie lächelte schmal. «Obwohl ihm sein Traktor allerweil eine Spur lieber gewesen ist als ich …» «Aber, Frau Gruber, Sie haben ihm fünf Kinder geboren.» «Ja, mei, erwachsen sind sie alle schon …» «Trotzdem hören die Sorgen einer Mutter nie auf. Ich kenne das, meine Frau und ich haben auch fünf.» «Herr Doktor, wie schön! Nett, dass Sie mir das sagen. Das nehm ich gleich mit heim wie mein neues Hüftgelenk. Aber im Schatzkästerl inwendig …»
"Nun, Frau Gruber, wie fühlen Sie sich?" «Ach, Herr Doktor, schon wieder recht gut.» Die vollschlanke Patientin jenseits der Sechzig rückte ihren grauen Haarknoten resolut zurecht und fügte mit trockenem Humor hinzu: «Wenn man bedenkt, dass ich nimmer das neueste Modell bin und jetzt fei noch ein Ersatzteil mehr hab …» Dr. Daniel Norden, Chefarzt und Leiter der Münchner Behnisch-Klinik, lachte und reichte der Bäuerin aus Rosenheim die Hand. «Wird schon. Bei unserer Frau Rohde sind Sie und Ihr neues Hüftgelenk schließlich in den allerbesten Händen.» «Weiß ich doch. Ich vertrau ihr und Ihnen, Herr Doktor. Mein Ferdl wird sich freuen, wenn ich wieder daheim umeinant hupfen kann wie ein junges Reh.» Sie lächelte schmal. «Obwohl ihm sein Traktor allerweil eine Spur lieber gewesen ist als ich …» «Aber, Frau Gruber, Sie haben ihm fünf Kinder geboren.» «Ja, mei, erwachsen sind sie alle schon …» «Trotzdem hören die Sorgen einer Mutter nie auf. Ich kenne das, meine Frau und ich haben auch fünf.» «Herr Doktor, wie schön! Nett, dass Sie mir das sagen. Das nehm ich gleich mit heim wie mein neues Hüftgelenk. Aber im Schatzkästerl inwendig …»
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Auf der Beerdigung von Vater und Sohn Moosbacher, mit denen die Nordens befreundet waren, sehen Daniel und Fee Norden Josefs Tochter Elke wieder, ein zartes Wesen, das an nervösen Herzbeschwerden leidet. Ihre Schwägerin Evelyn kümmert sich offenbar fürsorglich um Elke. Doch in einer ruhigen Minute vertraut sich Elke Fee Norden an: Sie hat schon seit Längerem den Verdacht, dass Evelyn ihren nun verstorbenen Bruder Markus betrog und ein gar zu enges Verhältnis mit Dr. Matthias Petzold, dem Geschäftsführer der Brauerei Moosbacher, pflegt. Aber Petzold ist verheiratet. Elke ahnt ja nicht, wie richtig sie mit ihrer Vermutung liegt und in welcher Gefahr sie schwebt. Dem Unfall, dem Vater und Bruder zum Opfer gefallen sind, hätte nach gewissen Plänen auch sie erliegen sollen. Schließlich ist Elke jetzt die Alleinerbin der Brauerei. Der junge Braumeister Thomas Walters, Elkes Jugendfreund, ist erstens in Elke verliebt und hegt zweitens längst einen schweren Verdacht. Er steht Elke bei und begibt sich dadurch seinerseits in tödliche Gefahr. Dr. Daniel Norden gerät in die Schusslinie. Zum Glück?
"Das lässt sich sehen." Josef Moosbacher überflog noch einmal die Zahlen der Lieferverträge und nickte dabei mit einem zufriedenen Lächeln, das seine hellen Augen blitzen ließ. «Was sagst, Markus? Ab nächstem Monat wird der Name Kronenbräu auch in Hannover und Umgebung ein Begriff werden. Und was für einer …» Der Brauherr zwirbelte seinen in Ehren ergrauten Schnauz. Sein Blick suchte den seines Sohnes, doch Markus schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Stumm schaute er aus dem schmalen Seitenfenster der Cessna und betrachtete scheinbar mit großem Interesse die abgeernteten Stoppelfelder, die sie gerade im ländlichen Umfeld Münchens überflogen. Der Himmel war klar wie Glas und babyblau an diesem Mittwoch im August. Nur ab und an segelten ein paar Wattewölkchen an der Privatmaschine vorbei und spielten Idylle weiß-blau. Josef musterte seinen Älteren nachdenklich. Markus war in allem sein Ebenbild, oder doch fast. Sie waren gleich groß und ein wenig massig, fleißig und gute Geschäftsleute. Das dichte, dunkle Haar war bei Josef einem schimmernden Eisgrau gewichen, das ihn distinguiert erscheinen ließ. Das behauptete jedenfalls seine Jüngere, Elke. Sein Ein und Alles, seit seine geliebte Martha vor über zwanzig Jahren bei Elkes Geburt gestorben war. Sie war und blieb sein kleines Madel, zart und zerbrechlich nach einer durchkränkelten Kindheit. Nun eine hübsche junge Frau, fast feengleich mit Augen, so blau wie der Himmel über Bayern, mit glänzendem Blondhaar und einem zauberhaften Lachen. Dachte er an sie, dann ging ihm das Herz auf. Und er schob den Gedanken weit weg, dass sie erwachsen geworden war, dass sie irgendwann ihr eigenes Leben leben wollte, fernab von der imposanten Landvilla im Gebirglerstil, dem Wohnsitz der Moosbachers, nur einen Steinwurf entfernt vom Brauhaus, ihrem Broterwerb seit Generationen.
"Das lässt sich sehen." Josef Moosbacher überflog noch einmal die Zahlen der Lieferverträge und nickte dabei mit einem zufriedenen Lächeln, das seine hellen Augen blitzen ließ. «Was sagst, Markus? Ab nächstem Monat wird der Name Kronenbräu auch in Hannover und Umgebung ein Begriff werden. Und was für einer …» Der Brauherr zwirbelte seinen in Ehren ergrauten Schnauz. Sein Blick suchte den seines Sohnes, doch Markus schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Stumm schaute er aus dem schmalen Seitenfenster der Cessna und betrachtete scheinbar mit großem Interesse die abgeernteten Stoppelfelder, die sie gerade im ländlichen Umfeld Münchens überflogen. Der Himmel war klar wie Glas und babyblau an diesem Mittwoch im August. Nur ab und an segelten ein paar Wattewölkchen an der Privatmaschine vorbei und spielten Idylle weiß-blau. Josef musterte seinen Älteren nachdenklich. Markus war in allem sein Ebenbild, oder doch fast. Sie waren gleich groß und ein wenig massig, fleißig und gute Geschäftsleute. Das dichte, dunkle Haar war bei Josef einem schimmernden Eisgrau gewichen, das ihn distinguiert erscheinen ließ. Das behauptete jedenfalls seine Jüngere, Elke. Sein Ein und Alles, seit seine geliebte Martha vor über zwanzig Jahren bei Elkes Geburt gestorben war. Sie war und blieb sein kleines Madel, zart und zerbrechlich nach einer durchkränkelten Kindheit. Nun eine hübsche junge Frau, fast feengleich mit Augen, so blau wie der Himmel über Bayern, mit glänzendem Blondhaar und einem zauberhaften Lachen. Dachte er an sie, dann ging ihm das Herz auf. Und er schob den Gedanken weit weg, dass sie erwachsen geworden war, dass sie irgendwann ihr eigenes Leben leben wollte, fernab von der imposanten Landvilla im Gebirglerstil, dem Wohnsitz der Moosbachers, nur einen Steinwurf entfernt vom Brauhaus, ihrem Broterwerb seit Generationen.
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Seit zwei Jahren pflegt Melanie ihren Mann Simon, der nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist. Simon gibt Melanie die Schuld an seinem Zustand und hält es für ihre Pflicht, sich weiterhin um ihn zu kümmern. Melanie sieht es genauso und hat die vor dem Unfall geplante Scheidung zurückgezogen und sich von ihrem Freund Geert getrennt. Simon nutzt ihre Schuldgefühle schamlos aus und tyrannisiert sie Tag und Nacht – bis Melanie zusammenbricht. Dr. Daniel Norden will sie stationär in die Behnisch-Klinik aufnehmen, nicht zuletzt, um ihr ein bisschen Ruhe vor ihrem anstrengenden Mann zu verschaffen, doch Simon ist dagegen. Schließlich finden sie einen Kompromiss: Auch Simon lässt sich in die Klinik aufnehmen, damit Melanie immer in seiner Nähe sein kann. In der Klinik ist ein neuer Neurologe eingestellt worden, Dr. Bennet Lenz, der Simon nach dem Unfall behandelt hat und ihn sofort wiedererkennt. Dr. Lenz kennt Simons düsteres Geheimnis, das er jedoch nicht preisgeben darf. – Auf der Inneren wird Melanie von Dr. Schön betreut, aber auch von Dr. Berger besucht. Was Erik Berger im Schilde führt, hätte sich niemand träumen lassen …
Die inzwischen gefeierte Operndiva Ann-Christine Baumgarten hat zu Anfang ihrer Karriere ein Kind zur Adoption freigegeben, von dem niemand etwas weiß, außer ihrem damaligen Manager und späteren Ehemann Paul. Es war eine schwere Geburt, die gewisse Behinderungen für das Kind nach sich zog, doch davon weiß Ann-Christine nichts. Bis auf den heutigen Tag vermisst sie ihr Kind schmerzlich. Ihre Ehe mit Paul ist nicht besonders glücklich. Besonders als sie ein Konzert in München gibt, werden Erinnerungen wach und machen ihr schwer zu schaffen. Daniel und Fee Norden besuchen dieses Konzern und sind verwundert über Ann-Christines desolaten Zustand. Zudem ist Dr. Daniel Norden stark beschäftigt mit dem Fall der kleinen Nikita, die von Geburt an blind und schwerhörig ist, aber als hochmusikalisches Wunderkind gilt. Jetzt droht sie, ihre Resthörfähigkeit zu verlieren. Eine Operation, die nur in den USA durchgeführt werden könnte, können die Eltern sich nicht leisten. – Ann-Christine bricht auf der Bühne zusammen und wird in die Behnisch-Klinik gebracht. Dr. Norden beschäftigt sich intensiv auch mit ihren psychischen Problemen und bringt Erstaunliches in Erfahrung, was auch mit Nikita zusammenhängt …
Die inzwischen gefeierte Operndiva Ann-Christine Baumgarten hat zu Anfang ihrer Karriere ein Kind zur Adoption freigegeben, von dem niemand etwas weiß, außer ihrem damaligen Manager und späteren Ehemann Paul. Es war eine schwere Geburt, die gewisse Behinderungen für das Kind nach sich zog, doch davon weiß Ann-Christine nichts. Bis auf den heutigen Tag vermisst sie ihr Kind schmerzlich. Ihre Ehe mit Paul ist nicht besonders glücklich. Besonders als sie ein Konzert in München gibt, werden Erinnerungen wach und machen ihr schwer zu schaffen. Daniel und Fee Norden besuchen dieses Konzern und sind verwundert über Ann-Christines desolaten Zustand. Zudem ist Dr. Daniel Norden stark beschäftigt mit dem Fall der kleinen Nikita, die von Geburt an blind und schwerhörig ist, aber als hochmusikalisches Wunderkind gilt. Jetzt droht sie, ihre Resthörfähigkeit zu verlieren. Eine Operation, die nur in den USA durchgeführt werden könnte, können die Eltern sich nicht leisten. – Ann-Christine bricht auf der Bühne zusammen und wird in die Behnisch-Klinik gebracht. Dr. Norden beschäftigt sich intensiv auch mit ihren psychischen Problemen und bringt Erstaunliches in Erfahrung, was auch mit Nikita zusammenhängt …
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Gisela, seit dem Tod ihres Mannes alleinerziehende Mutter des kleinen Momo, eines Kindes mit Handicap, betreibt einen Blumenstand auf dem Viktualienmarkt und gibt Momo in die Tagesbetreuung, wo er sich eng an den Pfleger Jo Braun anschließt. Momo ist Sportfan und liebt Basketball, ist auch trotz seiner Diabetes und seines Herzklappenfehlers gern aktiv. Als Gisela wegen einer OP an der Bandscheibe in die Behnisch-Klinik geht, empfindet Momo es als großes Abenteuer, in dieser Zeit bei Jo und seiner Freundin, der Kinderpsychologin Heike, wohnen zu dürfen. Doch eines Tages vergisst der Junge, sich Insulin zu spritzen, und bricht beim Basketballspiel im Hinterhof zusammen. Jo bringt ihn schnellstens in die Behnisch-Klinik, wo er rasch stabilisiert werden kann, doch der sensible Jo macht sich trotzdem große Vorwürfe. Nach der OP muss Gisela zur Reha, und ihr Standnachbar Herbert bietet an, sich um ihr Geschäft zu kümmern, wie er sich auch schon während ihres Klinikaufenthaltes um sie gekümmert hat. Seinen Antrag nimmt sie erst an, als sie sicher sein kann, dass Herbert sich auch gut mit Momo versteht. Fee und Daniel Norden machen sich indessen Gedanken darum, wie sie dem kleinen Momo helfen könnten, sich seinen innigsten Wunsch zu erfüllen: eines Tages an den Paralympics teilzunehmen …
Das durchdringende Rasseln des Weckers riss Dr. Heike Kreisler mitten aus dem tiefsten Schlummer. Nur sehr widerwillig löste sie sich von der schönen Aussicht auf die Bay von San Francisco und öffnete mit Mühe ein halbes Auge. Der schmale Spalt genügte, um dem Ungetüm aus Blech vom Flohmark mit einem Handkantenschlag den Garaus zu machen. Danach versanken die brandroten Locken mit Genuss wieder unter der geblümten Bettdecke. Heike war eine ausgesprochene Langschläferin, sie gehörte eindeutig zur Spezies der Eulen und liebte an ihrem Beruf als Kinderpsychologin unter anderem die Möglichkeit, Nachtdienst zu schieben. Nicht, dass dabei auf der Pädiatrie der Münchner Behnisch-Klinik allzu viel geschah. Doch Heike war eben noch hellwach, wenn der Mond über die Doppeltürme der Liebfrauenkirche lugte, und hatte dann Ruhe und Muße zum Arbeiten. In den stillen Stunden der Kliniknacht ließ es sich wunderbar schmökern, forschen, und – wenn nötig – konnte man auch die Krankenberichte auf den neuesten Stand bringen. Am Vortag hatte Heike keinen Nachdienst gehabt, war aber doch erst weit nach Mitternacht ins Bett gekommen, weil sie noch sehr ausführlich mit ihrer Schwester Margie telefoniert hatte. Heike war eine echte Berliner Pflanze. Geboren und aufgewachsen in Mitte, mit einem halben Dutzend Geschwistern, von denen sie die Mittlere war. Die Mutter hatte einen kleinen Blumenladen betrieben, der Vater war Busfahrer. Heike war die Einzige der Kreisler-Geschwister mit höheren Neigungen, wie der Vater das ausgedrückt hatte. Sie wollte Abi machen und studieren, Ärztin werden. Nicht ganz leicht in einer Familie von zukünftigen Busfahrern, Verkäuferinnen und Mechanikern. Sie hatte das praktische Talent des Vaters geerbt, konnte alles reparieren, was einen Motor hatte, und die Liebe der Mutter zu Blumen und Büchern. Woher der Wunsch zu studieren kam, war den Eltern ebenso suspekt gewesen wie ihren Geschwistern. Man hatte sie gehänselt und ausgelacht, die Mutter hatte ihr schließlich zur Güte vorgeschlagen, Arzthelferin zu werden. Doch Heike hatte einen ausgemachten Sturkopf.
Das durchdringende Rasseln des Weckers riss Dr. Heike Kreisler mitten aus dem tiefsten Schlummer. Nur sehr widerwillig löste sie sich von der schönen Aussicht auf die Bay von San Francisco und öffnete mit Mühe ein halbes Auge. Der schmale Spalt genügte, um dem Ungetüm aus Blech vom Flohmark mit einem Handkantenschlag den Garaus zu machen. Danach versanken die brandroten Locken mit Genuss wieder unter der geblümten Bettdecke. Heike war eine ausgesprochene Langschläferin, sie gehörte eindeutig zur Spezies der Eulen und liebte an ihrem Beruf als Kinderpsychologin unter anderem die Möglichkeit, Nachtdienst zu schieben. Nicht, dass dabei auf der Pädiatrie der Münchner Behnisch-Klinik allzu viel geschah. Doch Heike war eben noch hellwach, wenn der Mond über die Doppeltürme der Liebfrauenkirche lugte, und hatte dann Ruhe und Muße zum Arbeiten. In den stillen Stunden der Kliniknacht ließ es sich wunderbar schmökern, forschen, und – wenn nötig – konnte man auch die Krankenberichte auf den neuesten Stand bringen. Am Vortag hatte Heike keinen Nachdienst gehabt, war aber doch erst weit nach Mitternacht ins Bett gekommen, weil sie noch sehr ausführlich mit ihrer Schwester Margie telefoniert hatte. Heike war eine echte Berliner Pflanze. Geboren und aufgewachsen in Mitte, mit einem halben Dutzend Geschwistern, von denen sie die Mittlere war. Die Mutter hatte einen kleinen Blumenladen betrieben, der Vater war Busfahrer. Heike war die Einzige der Kreisler-Geschwister mit höheren Neigungen, wie der Vater das ausgedrückt hatte. Sie wollte Abi machen und studieren, Ärztin werden. Nicht ganz leicht in einer Familie von zukünftigen Busfahrern, Verkäuferinnen und Mechanikern. Sie hatte das praktische Talent des Vaters geerbt, konnte alles reparieren, was einen Motor hatte, und die Liebe der Mutter zu Blumen und Büchern. Woher der Wunsch zu studieren kam, war den Eltern ebenso suspekt gewesen wie ihren Geschwistern. Man hatte sie gehänselt und ausgelacht, die Mutter hatte ihr schließlich zur Güte vorgeschlagen, Arzthelferin zu werden. Doch Heike hatte einen ausgemachten Sturkopf.