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da ist die noch hübschere und eine Generation jüngere Afra, die blendend schöne Tochter jener Hilaria. Mutter und Tochter wählten das trendige Rom, Zentrum des Weltreiches und Boom-Town der damaligen Zeit, die sowieso die Zeit der »Römer« genannt wird.

      In Rom angekommen, erinnerte man sich des aus Zypern mitgebrachten Aphrodite-Kultes und der Sehnsucht nach käuflicher »Liebe« und jeder anderen Art von Ablenkung in der Stadt, die »Brot und Spiele« bot. Mutter Hilaria weihte ihre blutjunge Tochter der Venus. Klingt gut, verschleiert aber gewisse unschöne Hintergründe.

      Was lag da näher, als ein kulturell hochstehendes Bordell zu betreiben? Der Laden lief, boomte, Venus blieb der Sache gewogen; bis eben die Kunde vom aufstrebenden Augsburg das Ohr der geschäftigen Geschäftsfrauen erreichte.

      Kaum in der Provinz- und Garnisonsstadt angekommen, eröffnete Hilaria zwei Bordelle. Nicht eines, sondern zwei. Zusammen mit ihrer Tochter standen fünf Damen zur Verfügung, denn drei weitere Liebesdienerinnen waren aus Rom mitgereist. Das Geschäft florierte in dem biederen Augsburg, denn erlebnishungrige, aber ausgehungerte Garnisonssoldaten und depperte Provinzler versprachen sich in den »römischen« Bordellen einen Abglanz der überdrehten dekadenten Luststadt am Tiber. »Roma« heißt nicht zufällig umgedreht »Amor«.

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      Der Geist über den Wassern.Er lässt auch delikate Wege zur Heiligkeit zu.

      Nun überschlagen sich die Zufälle oder eben die Fälle von Gottes kluger und umsichtiger Fügung. Kaiser Diokletian verbot das Christentum und wollte eine Rückkehr zu heidnischen Göttern erzwingen. (Anmerkung: Heiden – das sind immer die anderen, aus der Sicht der jeweils herrschenden Religion betrachtet.)

      Da suchte der christliche Bischof Narzissus von Gerona einen Unterschlupf in der Not und Bedrängnis der Zeit. Amtsbruder Dionysius hatte ihm das Bordell seiner Schwester Hilaria und Nichte Afra empfohlen … beide waren ja (noch) im Besitz römischer Privilegien und Bürgerrechte. Um es kurz zu machen: Der Einfluss der prominenten Christen blieb nicht ohne Folgen bei den Frauen im Lustspielhaus. Halt, nun nur nichts Falsches denken! Hilaria und Afra wurden bekehrt und ließen sich taufen.

      Da standen sie alle auf der richtigen Seite – vor Gott. Was die irdischen Machtverhältnisse anbelangte, gehörten sie nun zur verfolgten Minderheit. Kein guter Stand in der Hoch-Zeit der Christenverfolgung.

      Neider, Abgewiesene und Perverse gab es genug: Die Damen wurden denunziert, Afra verhaftet und die nun christliche junge Schönheit stand bald vor dem Tribunal. Das gebärdete sich nicht liebenswürdiger zu seinen Glaubens-Gegnern als einige Jahrhunderte später die christlichen Tribunale sich zeigen sollten. Streng, grausam, verbohrt, sadistisch.

      Afra sollte entsagen, öffentlich ihrem Irrglauben, dem christlichen, abschwören. Aber nun hatte sie ihren Kopf. Oder ihren Glauben. Das Werk der frommen Männer in ihrer Mutter gastlichem Hause hatte nachhaltig Tiefenwirkung. Lieber wollte Afra sterben als nochmals sündigen.

      Die Gegenseite akzeptierte dies und verurteilte sie und ihr blühend junges Leben zur Verbrennung bei lebendigem Leibe.

      Die Legende berichtet, dass ihr Leib nicht vom Feuer angegriffen worden sei. Ein Phänomen, das bis in unsere Tage hinein vielen Wundergeschichten zugrunde liegt. Dennoch war Afra tot, erstickt in dem beißenden Qualm und in der Hitze.

      Heimlich holten ihre Anhänger den Leib von der Lechinsel und bestatteten ihn. Noch im achten Jahrhundert, so wird berichtet, befand sich das Grab der frommen Märtyrerin in der damaligen Afra-Kirche.

      Dann, im Jahre 1064, erfolgte die Heiligsprechung durch Papst Alexander II.

      Im gleichen Jahre 1064 entdeckte man einen Sarkophag in der Kirche, der verkohlte Gebeine enthielt. Daraus schloss man auf die Überreste der Märtyrerin (die Legende von der Unversehrtheit spielte hier keine Rolle).

      So steht der spätantike und wuchtige steinerne Sarkophag bis heute in der Krypta der Basilika St. Ulrich.

      Afra wird den Kerzenschein der vielen Gläubigen spüren. Und im Jahre 1961/62 ist vom Münchner Profesor Josef Wiedemann ein runder Kuppelbau am heil’gen Ort errichtet worden.

      Person:

      Afra

      Spuren:

      Augsburg: Basilika St. Ulrich und Afra

      Hingehen! Hochherrlich erhebt sich das mächtige Kirchenschiff der Basilika St. Ulrich und Afra mit dem kühnen hoch aufragenden Zwiebelturm über der Stadtsilhouette von Augsburg. Ein benediktinischer Ort auf altem Krafthügel. Wer je in der Krypta war, die steilen Stufen bei der Altarvierung hinabgeschritten ist und den energetisch hoch geladenen Sarkophag berührt hat, der wird in dem Moment sein Leben neu überdacht haben!

      Gedanken:

      Auch das Tor der Sünde hat manche spirituellen Querschläger schon zur Heiligkeit geführt. Dies sollte man aber nicht bewusst so anstreben.

      Himmlische Lebenshilfe:

      Du kannst dein Leben ändern – immer! Wer in der Gruft der heiligen Afra war und das ortsgebundene betörende Grundbrummen gespürt hat, der weiß: Die Zeit, sich auf die eigene Kraft zu besinnen, ist … Jetzt! Wann sonst.

      Gedenktag:

      7. August

      Die »Heilige« aus der Walpurgisnacht

       Walburga, Äbtissin von Heidenheim,aus deren Körper heilendes Öl tropft

      Walpurgisnacht! Wer denkt da nicht an gespenstisch den sturmzerzausten Nachthimmel zerreißende Nebelfetzen!

      Beängstigende Kulisse der gelebten Anderswelt, die vor dem weißen Licht des Mondes jenes magische Szenario des spirituell Betörenden, auch des Verbotenen abgibt; wer sieht nicht gleich vor dem irritierten und faszinierten geistigen Auge schauerliche Zusammenkünfte von wilden und sich keinerlei christlicher Norm fügenden Frauen, die kreischend und obszön auf besprochenen Besen durch schwarz verzauberte Lüfte reiten!

      Entfesselte, aber dem gehörnten Naturgott blind gehorchende Weiber aus verschworenen Zirkeln und dunklen Zusammenkünften, wie sie mit wirren Blicken geheime Rituale sowie betörende, aber seelenraubende Fruchtbarkeitstänze aufführen: naturgebundene Reigentänze immerzu an Magischen Orten, die einem wahren Christenmenschen das kalte Grausen über den frommen Rücken jagen!

      Halt, halt. Wir beschäftigen uns doch mit Heiligen in Bayern!

      Gar oft aber führt das genaue Hinsehen auf einen Heiligen und dessen unbändiges Potential zur geistigen Wandlung der Umwelt weit zurück zu vor-christlichen Wurzeln! Vor allem die gottgegebene Kraft iroschottischer Wandermönche wie etwa Alto: kernige, abgehärtete, glaubenswilde, vielleicht auch fanatisierte Männer, bisweilen auch Frauen, die mit der Urkraft des frühen Christentums auf die alte keltische oder germanische, stets ortmagische Naturreligion stießen …

      Sie leben weiter und leben wieder in unseren zerrütteten Tagen.

      Solch frühe Gottesmänner und -frauen fanden dies seltsam lockende Dunkel der Geschichte, nicht ganz klar fassbar und immerzu von einweihenden Sagen durchwoben. Jenes gefährliche Leben und sagenhafte frühe Tun der ersten Wandermönche in erdschweren Gefilden unserer herrlichen Heimat, es kündet in faszinierender Weise von dieser Zeit spiritueller Wandlung. (Wie in unserer Gegenwartswelt übrigens auch, nur geht es wieder in die andere Richtung.)

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      Den Blick nach vorne: Heilige und Hexen haben manches gemeinsam.Doch schweigen wir, so wie diese Krähe sinnend schweigt.

      Walpurgis. Walburga. Sprechen Sie den Namen einfach auf Fränkisch … und schon ist aus dem harten p ein weiches b geworden, Walburga eben. Walli und Burgl, urige bayerische Frauennamen, die eher drollig oder g’standen wirken denn hexisch oder heilig, (»hexheilig…?«), sie

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