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in eine andere Sprache übersetzt!“, riet Lukas.

      „Nee, auch falsch!“, antwortete Mick. „Aber das kommt bestimmt noch.“

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      „Nun aber raus mit der Sprache, Papa!“, drängelte Emma. „Du machst es ja spannend.“

      „Das ist auch spannend, Emma!“, antwortete Mick. „Mein Kriminalroman wird verfilmt.“

      „Wie, verfilmt?“, staunte Sarah.

      „Na, verfilmt eben!“, sagte Mick stolz.

      „Cool, Papa!“, freute Emma sich. „Und wenn der Film fertig ist, gehen wir alle zusammen ins Kino.“

      „Der kommt nicht ins Kino, Emma, sondern ins Fernsehen“, antwortete Papa Mick. „Das zweite deutsche Fernsehen hat den Stoff gekauft. Und eine Filmproduktion aus Berlin kommt nächste Woche nach Ostfriesland, um mit mir über die Dreharbeiten zu sprechen.“

      „Das zweite deutsche Fernsehen?“, fragte Lukas und lachte. „Dann hat es wohl fürs Erste nicht gereicht, oder?“

      „Na, warte du kleiner Racker!“, lachte Mick. Er schnappte sich seinen Sohn und wirbelte ihn fröhlich im Kreis herum.

      „Und zur Feier des Tages machen wir jetzt endlich Picknick und essen den weltbesten selbstgebackenen Apfelkuchen von Mama. Mit den geklauten Äpfeln aus Nachbars Garten“, strahlte Emma.

      „Die sind nicht geklaut, Emma!“, erklärte Mama Sarah schnell. „Ich habe unserem Nachbarn Herrn Kunschewski sogar schon zwei Stücke rübergebracht.“

      Lukas zeigte zum Picknickkorb. „Dafür wird der Kuchen gerade geklaut.“

      Zwei Möwen stritten sich wild mit den Flügeln schlagend um den Apfelkuchen im Korb. Eine dritte Möwe ging dazwischen und flog mit einem großen Stück im Schnabel davon in Richtung Norddeich. Dabei fiel ein Apfelstück von oben herunter und landete in Papa Micks rotem Haarschopf. „Na, das war es wohl mit dem Picknick. Aber dann lade ich euch dafür ins Café ten Cate ein, ok?“

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      2.

      Sieglinde Krumm atmete tief durch. Sie hatte zwar viel Erfahrung mit Strafgefangenen, dennoch war ihre Arbeit im Moment eine ziemliche Herausforderung. Als Sozialarbeiterin war sie seit über fünfzehn Jahren in der Justizvollzugsanstalt beschäftigt. Doch so eine Situation wie jetzt gerade kannte sie kaum. Das Gefängnis war schlicht überbelegt und es mussten einige Insassen unter Auflagen entlassen werden.

      Lang und Finger saßen Frau Krumm in ihrem Büro gegenüber. Die Sozialarbeiterin mochte Kakteen. Sechs verschieden Arten davon waren im Raum verteilt. Neben ihr auf dem Schreibtisch ragte ein Feigenkaktus auf. Er war ihr ganzer Stolz. Er blühte. Genauso wie der Schusterkaktus auf der Fensterbank. Hinter ihr hing ein Foto an der Wand. Es zeigte einen Mann. Die beiden Gangster guckten wie zwei Schuljungen, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatten. Lang zeigte auf das Bild und fragte: „Ist das ihr Vater?“

      „Nein!“, stöhnte Frau Krumm. „Das ist der Bundespräsident.“

      Sieglinde Krumm kannte sich mit Strafgefangenen aus. Die beiden hier waren in ihren Augen zwar nicht besonders helle, aber auch nicht wirklich gefährlich.

      Sie legte Lang und Finger ein Papier vor, war sich aber unsicher, ob die beiden auch richtig lesen konnten.

      Lang tippte mit seinem Zeigefinger auf das Schreiben und fragte: „Was steht denn jetzt da drin?“

      Die Sozialarbeiterin goss sich eine Tasse Ostfriesentee ein. Finger interessierte sich mehr für die Kluntjes als für das Papier, denn es stand da eh nichts Gutes drin. Er mochte viel lieber das Knistern dieser groben Zuckerstücke, wenn heißer Tee darauf gegossen wurde. Finger lutschte die Stückchen auch gern pur, ohne Tee. Brauner und weißer Kandiszucker – gab es bessere Bonbons?

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      Die Sozialarbeiterin räusperte sich und sagte: „Also. Wenn ihr bereit seid, gemeinnützige Arbeit zu leisten, könnte ich euch auf Bewährung freilassen.“

      Lang überlegte und kratzte sich am Kopf: „Wie gemeinnützig? Wir sollen was Gemeines machen, damit Sie uns zur Flucht verhelfen?“

      Frau Krumm verdrehte die Augen. Manchmal wusste sie nicht, ob die beiden wirklich so schwer von Begriff waren oder nur so taten. „Mit ‚gemeinnützig‘ meinte ich nicht etwas Gemeines“, antwortete sie, „sondern etwas, das der Gemeinschaft nutzt. Könntet ihr euch zum Beispiel vorstellen, in einem Altersheim zu arbeiten?“

      Finger staunte und fragte: „Wir sollen in einem Altersheim einbrechen?“

      „Arbeiten bedeutet doch nicht, dass ihr da einbrechen sollt!“, stellte Frau Krumm entnervt klar.

      „Doch, für uns schon!“, erklärte Lang. „Was denn sonst? Wir sind Einbrecher von Beruf.“

      Finger winkte ab. „Ach, das ist eh eine blöde Idee. Da ist bestimmt nix zu holen.“

      Wütend schlug Frau Krumm mit der Handfläche auf den Tisch. Sogar die Teetasse klirrte. „Schluss jetzt!“, schimpfte sie. „Ihr werdet im AWO-Seniorenheim Norden arbeiten. Und mit Arbeiten meine ich: Ihr werdet die Pflegekräfte unterstützen. Zum Beispiel: Betten machen, Essen ausgeben, Gartenpflege, Spaziergänge mit den Bewohnern, sofern das möglich ist.“

      „Au ja!“, freute sich Lang. „Das mit den Spaziergängen mache ich. Den Rest kann ja Finger erledigen.“

      „Das werde ich ganz bestimmt nicht, du Furzknoten!“, maulte Finger.

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      „Nun kommt mal wieder schön runter, ihr beiden!“, versuchte Frau Krumm die Gangster zu beruhigen. „Es wird für jeden von euch einen ganz genauen Arbeitsplan geben. An den müsst ihr euch halten. Und wenn das nicht klappt, dann wandert ihr sofort wieder hier bei mir ins Gefängnis, kapiert?“

      Ohne zu zögern schnappten Lang und Finger sich das Schreiben von Frau Krumm und setzten ihre Unterschrift darunter. Lang kritzelte drei Kreuze aufs Blatt und Finger malte einen Totenkopf. Während die Sozialarbeiterin sich die Unterschriften verwundert ansah, nutzte Finger die Chance: Er griff schnell und heimlich in die Schale mit den Zuckerstücken und steckte sich eine ganze Handvoll in die Jackentasche.

      Frau Krumm legte das Schreiben zu ihren Akten und ermahnte die beiden: „Und nun beeilt euch. Macht euch fertig. In einer halben Stunde geht es schon los Richtung Norden.“

      Lang guckte enttäuscht und fragte: „Aber ich dachte, wir bekommen vorher noch Mittagessen. Heute gibt es zum Nachtisch Quark mit Erdbeeren. Und zwar mit richtigen Erdbeeren.“

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      3.

      Mitten im Sommer duftete es in der ganzen Villa Janssen wie in einer Weihnachtsbäckerei. Sarah Janssen scheuchte eine Möwe weg und schloss das Küchenfenster. „Nix da!“, schimpfte sie. „Heute klaut ihr uns den Apfelkuchen nicht.“

      Papa Mick lief aufgeregt durchs Haus, als sei er dort ein Fremder. Was er sich in seiner Fantasie vorgestellt und als Roman aufgeschrieben hatte, sollte bald im Fernsehen zu sehen sein. Er

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