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die drei Gestalten abgelenkt, die zum Strand zurückkehrten und einige große Kokosnüsse abluden.

      „He, holla“, sagte der Kreole und lachte. „Das war mal ein feiner Kampf. Ich hab’ eben noch mitgekriegt, wie die Queen zu Boden gegangen ist. Recht so.“

      „Halt’s Maul“, sagte Caligula. Er versuchte, ganz aufzustehen. Es gelang. Das Bein bereitete ihm jetzt weniger Schwierigkeiten, als er anfangs angenommen hatte. Mit einiger Überwindung konnte er sich aufrecht halten.

      Der Kreole dachte nicht daran zu schweigen. Er trat näher.

      „Da hast du ihr ein schönes Ding verpaßt“, sagte er. „Und was machen wir jetzt mit ihr?“

      Caligula fixierte ihn aus schmalen Augen. Nachdem die Black Queen die kleine Galeone aus Nombre de Dios mit den Silberbarren an Bord gekapert hatte, hatte sie auch fünf Kerle übernommen, die den Wunsch geäußert hatten, bei ihr anzuheuern. Vielleicht, dachte Caligula jetzt, ist das ein Fehler gewesen. Nicht jeder Kerl paßt zu uns, und auch die Hautfarbe allein genügt nicht, um ein guter Mann in der Crew der Queen zu werden.

      „Was willst du?“ fragte er lauernd.

      Der Kreole grinste schief. „Dich beglückwünschen. Es war höchste Zeit, diesem verrückten Weib mal was aufs Maul zu hauen.“

      „So?“

      „Und eine gerechte Strafe für das, was sie uns zugemutet und angetan hat, wäre, sie hier ein bißchen über den Strand zu schieben.“ Er lachte gemein. „Wir nehmen sie uns vor, einer nach dem anderen. Was hältst du davon? Ist das nicht eine gute Idee? So haben wir nach der Niederlage wenigstens ein bißchen Spaß.“

      Caligula schloß die Augen und öffnete sie wieder. Er war jetzt beinah dankbar, einen Kerl gefunden zu haben, an dem er seine aufgestaute Wut abreagieren konnte.

      Kaum hatte der Kreole ausgesprochen, trat Caligula auf ihn zu und riß die Fäuste hoch. Er knallte ihm einen Hieb gegen die Brust, den nächsten unters Kinn – und dann hatte der Kreole das Gefühl, in einen Hurrikan geraten zu sein. Caligulas Fäuste flogen und wirbelten und trafen immer wieder. Stöhnend sank der Kreole auf die Knie.

      Aber er setzte sich doch zur Wehr. Er packte Caligulas Beine und riß ihn um. Caligula brüllte vor Schmerz, er hatte das Gefühl, der rechte Schenkel werde von Flammen verzehrt. Er ging zu Boden und überrollte sich. Dann versuchte er, nach dem Messer zu langen, das er vorher hatte fallen lassen, um den Kerl mit den blanken Fäusten anzugreifen.

      Aber der Kreole warf sich auf ihn. Sie fluchten und droschen mit den Fäusten aufeinander ein. Sie lösten sich voneinander, sprangen wieder auf und standen sich mit gesenkten Köpfen und erhobenen Fäusten gegenüber.

      Der Kreole war ein tückischer Bulle mit einschlägiger Praxis im Raufen und sehr gutem Stehvermögen. Er wehrte sich nach Kräften – aber das steigerte Caligulas Wut nur noch. Er ließ den Kreolen auflaufen, steckte ein paar üble Hiebe ein, bearbeitete ihn dann aber mit einem Hagel von brettharten Schlägen.

      Caligula war mit seiner Oberschenkelwunde zwar nach wie vor behindert, aber das ignorierte er jetzt. Sollte die Blessur wieder aufbrechen, sollte das Blut in Strömen fließen – es war ihm egal!

      In einem wilden, brutalen Kampf schlug Caligula den Kreolen zusammen. Er selbst wurde auch angeschlagen, aber er stand noch, als der andere schwer zu Boden krachte.

      Caligula stemmte die Fäuste in die Seiten und blickte zu den anderen, die alles mit wachsender Spannung und Betroffenheit verfolgt hatten.

      „Hat noch jemand Lust auf eine Tracht Prügel?“ fragte er sie.

      „Nein, Caligula“, erwiderte einer der Unverletzten. „Aber ich frage mich, warum es böses Blut zwischen uns gibt.“

      „Das gehört dazu“, sagte Caligula rauh. Er schritt über den bewußtlosen Kreolen hinweg zur Black Queen, ließ sich neben ihr nieder und verfiel in dumpfes, brütendes Schweigen. Was sollte werden? Er wußte es selbst nicht.

      Natürlich waren Zusammenstöße wie diese völlig unsinnig, das sah auch er ein. Aber mit dem Verlust des Zweimasters und ihrer mehr als trostlosen Lage auf dem kümmerlichen Eiland war bei allen einiges aus den Fugen geraten.

      In solchen Extremsituationen – was in gewissem Sinne auch für die Black Queen und Caligula zutraf – zerbröckelte der Kitt, der eine Piratenhorde wie diese zusammenhielt. Das war vor allem dann der Fall, wenn die eiserne Hand der Führung fehlte, so wie jetzt.

      Caligula aber wußte, daß die Queen sich erholen würde. Sie würde zu sich kommen, von der bisherigen Apathie zur Aktion übergehen und wieder mit herrischem Gebaren reagieren. Das wünschte er sich – selbst, wenn er dabei den kürzeren zog.

      2.

      Don Garcia Cuberas Miene drückte äußerste Besorgnis aus. Er, der Verbandsführer des spanischen Geschwaders, war ziemlich ratlos. Er hatte seine drei Offiziere auf dem Achterdeck der „San José“ zusammengerufen und hielt eine kurze Lagebesprechung mit ihnen ab.

      „Señores“, sagte er. „Die Lage bleibt weiterhin verworren. Schlimmer als das, sie wird noch rätselhafter, denn ich weiß mir nicht zu erklären, was diese Schüsse zu bedeuten haben.“

      Die Schüsse waren vor kurzer Zeit zu vernehmen gewesen, sie waren von Nordwesten zu dem Verband herübergedrungen – einmal in rascher Folge und kurz darauf noch einmal im Stakkato. Wer hatte sie abgefeuert? Auf wen? Was ging hier, im Nicolas-Kanal vor der Küste von Kuba, vor?

      Keiner wußte es, alle konnten nur Vermutungen anstellen.

      „Zweifellos waren es Drehbassenschüsse“, sagte der Erste Offizier. „Aber sie können uns nicht gegolten haben. Ich meine – es handelt sich keinesfalls um einen Angriff gegen eines unserer Schiffe.“

      „Wohl nicht“, sagte Don Garcia. „Aber zu denken gibt mir die Angelegenheit trotzdem. Was ist da los, Señores?“

      „Vielleicht sind es Piraten, die ihr Unwesen treiben“, sagte der Zweite Offizier.

      „Auf der Cay-Sal-Bank?“ fragte der Kommandant. „Von dort kamen die Schüsse.“

      „Mit Sicherheit“, sagte der Dritte Offizier. „Möglich, daß irgendwelche Schnapphähne einen Segler aufgebracht haben. Wir können uns aber nicht darum kümmern.“

      „Nein. Aber ich fürchte, es ist wieder der unbekannte Zweimaster, der herumspukt“, sagte Don Garcia. Daß ausgerechnet der Zweimaster von Don Juan de Alcazar versenkt worden war, konnte er nicht ahnen. „Ich hoffe, daß wir ihn früher oder später zu fassen kriegen“, fuhr er fort. „Und dann gnade Gott den Galgenstricken, die sich an Bord befinden. Sollte der Kahn noch einmal in unsere Nähe geraten, veranstalten wir ein Zielschießen auf ihn, das schwöre ich Ihnen.“

      Der Verband befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf Ostkurs im Nicolas-Kanal. Don Garcia Cubera hatte nach den letzten Ereignissen gewisse taktische Veränderungen vorgenommen, so daß die Schiffe nicht mehr den heimtückischen Angriffen aus dem Dunkel ausgeliefert waren – eine wichtige Sicherheitsvorkehrung, wie er seinen Offizieren und den Kapitänen der Schiffe auseinandergesetzt hatte.

      Von dem Kapitän der mittlerweile zurückgekehrten Karavelle war ihm gemeldet worden, daß man querab der Cay-Sal-Inseln in der See treibende Wracktrümmer gefunden habe. Die Karavelle hatte den Auftrag gehabt, nach jener Karavelle zu forschen, die in der letzten Nacht den mysteriösen Zweimaster verfolgt hatte. Über den Verbleib des Schiffes war nichts mehr bekannt gewesen – doch jetzt war klar, was geschehen war. Wieder hatte der unheimliche Zweimaster zugeschlagen – oder?

      Es gab keinerlei Zweifel über die Herkunft der Schiffstrümmer. Die Karavellenbesatzung hatte unter anderem ein paar Riemen mit den wie üblich eingebrannten Anfangsbuchstaben des Schiffsnamens aus dem Wasser gefischt. So stand es fest – die gesuchte Karavelle war gesunken. So und nicht anders mußte sich das Unglück abgespielt haben, es gab keine andere Erklärung.

      Cubera

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