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      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-722-8

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Davis J. Harbord

Dem Norden entgegen

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       1.

      Das dänische Wachboot, das am Morgen des 2. April 1593 querab von Hornbaek oben an der Nordostecke von Seeland auf Patrouillenfahrt war, um den Sund zu bewachen und die Zollgebühren von den einlaufenden Schiffen zu erheben, hatte gegen neun Uhr eine merkwürdige Begegnung.

      Die kleine Schaluppe, die von Norden aus dem Kattegat heransegelte und sich anschickte, in den Öre-Sund einzulaufen, wirkte keineswegs ungewöhnlich, es sei denn, man empfand die Salzschicht, mit der sie total überkrustet war, als etwas Besonderes. Auch die Segel aus gelohtem Tuch waren grauweiß, aber mehr grau als weiß.

      Segler, die auf Langfahrt gewesen waren, sahen so aus, aber das waren Schiffe, keine Schiffchen wie dieses. Jedenfalls war das die Ansicht von Sverre Olsen, dem Leutnant und Kapitän des dänischen Wachboots.

      Sein Bootsmann fand das auch.

      „Sieht aus, als sei der einige Wochen zu lange auf See gewesen“, sagte er kopfschüttelnd.

      Und dann beäugten sie gemeinsam, jeder durch einen Kieker, die beiden Kerle, die offenbar als einzige dieses Schiffchen bevölkerten. Der eine saß achtern an der Pinne, der andere schien für Großschot und Fockschot zuständig zu sein oder für sonstwas. Vielleicht wechselten sie, wenn’s dem einen an der Pinne und dem anderen an den Schoten zu langweilig wurde. Das Schiffchen hatten sie jedenfalls gut im Griff, so was sah man, wenn man einen Blick dafür hatte, und den hatten beide, Bootsmann und Leutnant.

      Aber die beiden Kerle fielen auf – etwa wie zwei Disteln in einem Beet voller schöner Rosen.

      Der an der Pinne trug ein rotes Kopftuch und am linken Ohr einen großen goldenen Ring. Sein Gesicht mochte einmal sonnenverbrannt gewesen sein. Jetzt wirkte es eher grau mit bräunlicher Untertönung.

      „Ts, ts!“ äußerte sich Sverre Olsen, der Leutnant. „Der sieht scharf aus, wie?“

      „Mächtig scharf“, bestätigte der Bootsmann und fügte hinzu: „Der andere aber auch!“

      Ja, das stimmte. Der andere war ein blondhaariger Klotz von Mann, nur trug er keine gewöhnliche Seemannskleidung, sondern Felle und Riemensandalen, die um die Waden geschnürt waren. Sein Gesicht war kantig und hart und bärtig wie das des Kerls an der Pinne.

      „Du meine Güte“, murmelte Sverre Olsen irritiert, „so sind doch früher die Wikinger herumgelaufen.“

      „Vielleicht ist das einer“, sagte der Bootsmann dumpf.

      Sverre Olsen setzte den Kieker ab und fixierte seinen Bootsmann.

      „Quatsch“, sagte er kurz und bündig und rief dem Rudergänger zu, Kurs auf die Schaluppe zu nehmen.

      Der bestätigte den Befehl, legte Ruder und luvte an. Die Segel wurden dichter geholt. Mit halbem Wind über Steuerbordbug schäumte das Wachboot auf die Schaluppe zu, kreuzte aber nicht deren Kurs, sondern fiel dwars von ihr wieder ab, halste und ging auf Parallelkurs.

      Die beiden Kerle auf der Schaluppe blickten unwillig zu dem Wachboot, das jetzt in Luv von ihnen lag und ihnen den Wind wegnahm.

      „Stoppen Sie!“ rief Sverre Olsen zu ihnen hinüber. „Sundkontrolle!“

      Der Ohrring-Mann an der Pinne spuckte nach Lee über Bord, und der Fell-Mann drehte sich um und zeigte dem Wachboot den Hintern, indem er sich etwas beugte und den beachtlichen Achtersteven hochreckte.

      In der internationalen Sprache bedeutete das: Ihr könnt uns mal im Mondschein begegnen oder kreuzweise den Buckel runterrutschen – von anderen Aufforderungen ganz abgesehen.

      Sverre Olsen kriegte rote Ohren vor Zorn.

      Der Bootsmann sagte vorsichtig: „Wenn das noch ein Wikinger aus der alten Zeit ist, dann kann er nicht wissen, daß wir jetzt den Sund kontrollieren.“

      „Quatsch!“ schnaubte der Leutnant zum zweiten Male. „Aus der alten Zeit! So ein Quatsch! Da wäre er längst vermodert.“

      „Kann ja ’n Urenkel oder so was sein“, sagte der Bootsmann.

      Sverre Olsen hätte gern gestöhnt ob der Einfalt seines Bootsmanns, aber er mußte sich um die Schaluppe kümmern, denn die fiel jetzt ab, um der lästigen Windabdeckung zu entgehen.

      „Hau ihm einen Schuß vor den Bug!“ sagte er daher zu dem Kanonier an der Backbord-Drehbasse.

      Der zeigte klar, visierte kurz und feuerte.

      Rumms!

      Vier Yards vor der Schaluppe stieg eine Wassersäule hoch und fiel wieder in sich zusammen.

      Der Ohrring-Mann und der Fell-Mann freuten sich über die schöne Wassersäule – und segelten weiter. Bei dem Schuß waren sie nicht mal zusammengezuckt.

      „Die sind abgebrüht“, sagte der Bootsmann bedächtig und fügte hinzu: „Das waren die Wikinger auch.“

      „Zu der Zeit wurde noch nicht mit Kanonen geschossen!“ fauchte Sverre Olsen.

      „Das nicht, aber mit Pfeilen und Speeren“, sagte der Bootsmann.

      Sverre Olsen hätte ihn erwürgen können, befahl aber statt dessen dem Kanonier, noch einen Warnschuß abzufeuern, dieses Mal noch dichter vor den Bug.

      Rumms!

      Die Schaluppe segelte direkt in die zusammenfallende Wassersäule, und die beiden Kerle wurden überduscht.

      „Ohh!“ riefen sie, und der Fell-Mann drohte schelmisch mit dem Finger.

      „Sofort stoppen!“ brüllte Sverre Olsen mit überschnappender Stimme. „Wohl verrückt geworden, was?“

      Die beiden Kerle segelten weiter. Entweder waren sie schwerhörig oder stur oder beides. Und frech waren sie außerdem, weil es sich nicht gehört, einem dänischen Offizier den Hintern zu zeigen.

      „Klar zum Entern!“ rief Sverre Olsen seinen Männern zu und knirschte mit den Zähnen.

      Aber das klappte nicht.

      Als das Wachboot an die Schaluppe heranstaffelte, luvte diese unvermutet an und ging blitzschnell auf den anderen Bug. Das Wachboot schoß an ihr vorbei. Als es ebenfalls wendete, lief die Schaluppe schon wieder Südkurs und in den Sund.

      Der Ohrring-Mann und der Fell-Mann grinsten breit und schienen viel Spaß zu haben.

      Jetzt

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