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Reisen unter Osmanen und Griechen. David Urquhart
Читать онлайн.Название Reisen unter Osmanen und Griechen
Год выпуска 0
isbn 9783843803519
Автор произведения David Urquhart
Жанр Книги о Путешествиях
Серия Edition Erdmann
Издательство Bookwire
18Alter Ausdruck, dessen Gegensatz das zur Erheiterung dienende Feuerwerk ist (Red.).
FÜNFTES KAPITEL
ANATOLIKÓ - TRIGARDON - MOOR VON LEZINI - SCHWIMMEN NACH EINEM KLOSTER - SENKUNG DER KÜSTE VON AKARNANIEN UND EPIRUS
In Anatolikó schliefen wir im Haus des Erzbischofs, wo wir wieder den ganzen Abend und den folgenden Morgen mit der Grenzlinie gepeinigt wurden, dem einzigen Gegenstand, über den zu sprechen das Volk Lust hat. Einigermaßen bekam die Angelegenheit immer eine neue Gestalt, und die Darstellung und Ansicht des kriegerischen Prälaten Porphyrios gewährte uns Unterhaltung. Er war früher Erzbischof von Arta gewesen, aber während der Revolution hatte er sich gegürtet, trug Pistolen im Gürtel und hatte bei mancher Gelegenheit einen Reiterzug angeführt, das Kreuz in der einen Hand, das Schwert in der anderen. Wir besahen in der Kirche die Stelle, wo glücklicherweise eine Granate einen Brunnen öffnete, während der Pascha von Skodra die Stadt belagerte und nahe daran war, sie zu erobern, weil es ihr an Wasser fehlte.
Gegen regelmäßige militärische Operationen muß Anatolikó viel leichter zu verteidigen sein als Messolonghi, das in der Tat durchaus nicht leicht zu verteidigen ist, obgleich es, wie der Erfolg bewiesen hat, für eine griechische Verteidigung und einen türkischen Angriff viel besser paßt. Die Griechen fürchten sich nämlich wenig vor Breschen und Sturmlaufen, aber sie haben Angst vor dem gewaltigen und unaufhörlichen Granatenregen, den die große Ausdehnung und der weiche Boden von Messolonghi weniger zerstörend machte als er es in dem beengten Raum und auf dem Felsenboden von Anatolikó gewesen sein würde.
Von Anatolikó nach Niochóri ist eine Stunde; von da nach Katóchi, wo man über den Aspropotamos kommt, wieder eine Stunde. Wir wandten uns nach links, gingen den Fluß hinab und kamen in einer halben Stunde zu den Ruinen von Trigardon, die in einem weiten Kreis von zyklopischen und hellenischen Mauern drei Hügel einschließen, die in früheren Zeiten eine der Inseln von der Gruppe der Echinaden gewesen sein müssen. Fast die Hälfte des Umkreises stößt an das große Moor von Lezini. An der Nordseite im Moor scheinen Überbleibsel eines Hafens zu liegen. Ein tiefer Kanal führt durch das Moor von der See bis zu diesem Punkt, und auf seinem Lauf sieht man nichts von dem Schilf, womit der übrige Teil des Moors, vom nördlichen Hügel zehn oder zwölf Meilen weit, gleich einer Ebene mit grünen Gesträuchen bedeckt ist.
Wir waren sehr erstaunt über die Ausdehnung und Pracht der Trümmer von Alt-Pleurona im Vergleich mit dem beschränkten Umfang der Gegend. Neu-Pleurona setzte uns noch mehr in Erstaunen. Aber Trigardon und die Menge der hellenischen Überreste, die wir jetzt nach allen Seiten hin erblickten, erfüllten uns mit Bewunderung. In dem Raum einer Tagesreise waren in diesem fast unbekannten Winkel Denkmäler des Reichtums und der Macht zusammengedrängt, die alles übertrafen, was von der Glorie des Peloponnes übrig geblieben ist. Wir müssen aber nicht vergessen, daß dies die Gefilde waren, denen des Augias Ställe den Dünger lieferten, wo Herakles’ Arm die Mistgabel führte, wo die in dieser mythologischen Sprache aufbewahrte Kunst des Ackerbaus und der Gewerbefleiß mit der Güte der Erde und dem Tribut der See gesegnet wurden. Kein Wunder daher, daß es hier gewesen sein soll, wo „der Überfluß mit seinem Füllhorn in das lachende Leben sprang.“ Deshalb waren solche Bauwerke errichtet, um die Güter zu schützen, welche die Götter verliehen, und nach dreieinhalbtausend Jahren Zeugnis zu geben von der Verfeinerung, die mit solcher Tatkraft verbunden war, von der Wissenschaft, die sich mit solchem Wohlstand vereinte.
Ein hübscher junger Mensch, den wir in Katóchi um den Weg nach Trigardon fragten, erbot sich, uns zu begleiten. Er bestieg sein Pferd und zeigte uns die interessantesten Punkte, die allein aufzufinden uns vielleicht Tage weggenommen hätten. Wir bedauerten, daß wir unser Zelt vorausgeschickt hatten und so also nur wenige Stunden zum Umherwandern hatten. Die Dichtheit des Unterholzes und besonders des Schwarzdorns, der überall unser Erzfeind gewesen war, machte den Besuch jedes einzelnen Teiles schwierig und verhinderte uns geradezu, die Stelle zu untersuchen, wo der alte Hafen gelegen haben mußte. Ein großer Turm hellenischer Bauart, noch jetzt fast fünfzig Fuß hoch, verteidigt den Hafen, wie er früher war, gegen die Stadt, und vieleckige Mauern, die sich von der Stadt her strecken und den Hafen umkreisen, sind mit den Stadtmauern durch Erdaufwürfe verbunden, die sich ersichtlich aus anderer Zeit herschreiben. Unter diesen Ruinen herrschte die vieleckige Bauart vor, entbehrte aber gänzlich des charakteristischen Altertums, das man in den zyklopischen Überresten von Tiryns oder selbst von Mykenai findet. Die Steine sind fast von gleichen Größen, schön verbunden und an den Ecken ziseliert. Während wir über die den Hafen umgebende Mauer kletterten, kamen wir zu unserem größten Erstaunen zu einem Torweg in der vieleckigen Mauer mit einem Bogen darüber. Der Bogen war sehr flach, fast halbzirkelförmig; die ihn bildenden Steine bewahrten den Charakter des Vielecks.
Obgleich dieser Bogen in einer Mauer sich befindet, von dem Baustil, der dem entferntesten Altertum angehört, so möchte ich ihn nicht gleichstellen mit den Ruinen von Pleurona und Chalkis, nicht einmal mit denen aus dem Zeitalter des Perikles. Doch möchte ich ihn in eine Zeit vor der Ankunft der Römer in Griechenland setzen, und wäre das richtig, so würde es beweisen, daß, obgleich die Bögen gewöhnlich nicht angewendet wurden, sie doch wenigstens in Griechenland bekannt waren vor der römischen Eroberung. Die Ruinen von „Kyria Iríni“ bestätigen diese Vermutung. Die Ausfalltore in den Mauern sind gewölbt, wenn auch der Bogen zuweilen nur aus zwei Steinen besteht, die von jeder Mauerseite zusammenstoßen und in einen Halbzirkel ausgehöhlt sind; zuweilen ist der Bogen aber auch aus drei Steinen gebildet, wovon der mittlere dann einen regelmäßigen Schlußstein abgibt. In demselben Ort befindet sich eine geräumige Zisterne im Felsen, die von drei Mauern durchschnitten wird und in jedem derselben sind verschiedene Bogen; aber obgleich ihre Form gotisch ist, sind sie doch nach indischem Grundsatz gebaut. Das Gewölbe im Gebäude zu Mykenai, das man gewöhnlich Agamemnons Grab nennt, ist aus einer Reihenfolge von Kreisen gebildet, die je höher je enger werden, so daß jeder Kreis ein waagerechter Bogen ist.
Trigardon (ein verdorbenes slawisches Wort, das so viel bedeutet wie „Dreistadt“) muß das alte Oiniadai sein. Jeder Zweifel daran müßte schwinden, wenn man meine Beschreibung des Hafens mit der folgenden Stelle im Polybius vergleicht, aus den Kriegen Philipps des Zweiten mit den Ätoliern. Nach dem siegreichen Einfall in Ätolien und der Bestürmung von Thermus ging Philipp zurück nach Oiniadai, wohin er seine Flotte geschickt hatte, um die Rückkehr des Heeres nach der Küste zu erwarten. Die Ätolier rüsteten sich, diesen stark befestigten Platz zu verteidigen, aber Philipps Nahen erfüllte sie mit panischem Schrecken und sie räumten die Stadt. Philipp nahm sie in Besitz, verheerte von dort aus das kalydonische Gebiet und brachte die gesammelte Beute in die Stadtmauern. Der Geschichtsschreiber sagt: „Er bemerkte die bewundernswerte Lage der Stadt, die an den Grenzen Akarnaniens und Ätoliens liegt, an der Mündung des Achelous, an dem Eingang des korinthischen Meerbusens, nur hundert Stadien von der peloponnesischen Küste, und da die Stadt durch ihre Festungswerke und das sie umgebende Moor stark ist, so beschloß er, sie noch mehr zu befestigen. Er umgab daher den Hafen und die Schiffsstation mit einer Mauer und verband sie mit der Zitadelle.1
Unser Führer erzählte uns, daß an einigen Stellen sich unterirdische Klüfte oder Altäre2 befinden, zu denen man ihn als Kind mitgenommen habe; die Seiten seien mit Gemälden3 bedeckt, aber das seien keine Heiligenbilder. Er konnte sich aber auf den Platz nicht wieder besinnen. In den Felsen ist ein Theater eingehauen, dessen rechtes und nördliches Ende durch einen Aufwurf gestützt wird, und mit vieleckigem Mauerwerk versehen ist, so wie das südliche Ende mit hellenischem und einer Treppenflucht neben den Sitzen. Die Area hält etwa fünf und dreißig Schritte; zwanzig Reihen Sitze, dreieinhalb Fuß tief, laufen rund umher, und vielleicht doppelt so viele erheben sich hinter diesen. Die Stadt ist eben so vollständig untergegangen wie ihre Zeitgenossen, aber sie ist so mit Wald angefüllt und so weitläufig, daß sie nur mit Schwierigkeiten untersucht werden kann, und noch manche unerforschte archäologische Schätze enthalten mag.
Die Sonne war nicht mehr weit vom Horizont, als wir mit Widerstreben die Trümmer verließen. Wir mußten nach Katuna zurückkehren; von da waren es noch zwei Stunden nach dem Kloster Lezini und eben so