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essen, trinken und schlafen, und wir alle wünschen uns Sicherheit und Schutz. Wir haben den Wunsch, mit anderen Menschen verbunden zu sein, aber auch das Bedürfnis, zu wachsen, unabhängig und erfolgreich zu leben. Und wir wollen Einfluss nehmen auf unsere Lebensumstände.

      Spannend ist, dass die Ziele, über die sich unsere Bedürfnisse ausdrücken, ganz unterschiedlich sein können – abhängig von unserer Bereitschaft, unseren Fähigkeiten und unseren Möglichkeiten, ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Nicht jeder kann immer alles überall erreichen. Aber wenn wir unsere Bedürfnisse kennen, finden wir einen Weg, passende Ziele zu wählen, die für uns auch erreichbar sind.

      Denken wir nur an Karl May, der lange Jahre seines Lebens aufgrund von Gaunereien im Gefängnis saß und sein Bedürfnis nach Freiheit nicht etwa auf Reisen, sondern in seiner Fantasie als Autor von Reiseerzählungen und Abenteuerromanen auslebte. Legendär sind seine Geschichten um den Indianer Winnetou. Karl May ist einer der meistgelesenen deutschen Schriftsteller mit einer weltweiten Auflage von über 200 Millionen.

      Es lohnt sich, einmal innezuhalten und sich zu fragen, welche Bedürfnisse wir mit unseren Zielen befriedigen wollen und welche Ziele zu unseren Bedürfnissen passen. Denn unsere Ziele können wir uns aussuchen. Unsere Bedürfnisse nicht.

      Vorhaben, die nicht zu unseren Bedürfnissen passen, sollten wir gleich sein lassen. Wir verfolgen zu oft Ziele, die uns eigentlich nichts bedeuten, um Leute zu beeindrucken, die wir eigentlich nicht mögen, und vergeuden damit Zeit und Energie, die wir nicht haben.

      Wenn wir uns auf das konzentrieren, was wir von ganzem Herzen erreichen wollen, wenn wir nach den Sternen greifen, auch wenn wir vielleicht nur den Mond erreichen, dann wird vieles viel einfacher. Dann sind wir auf einmal ganz dicht dran an unseren Bedürfnissen, an unserer Energiequelle. Und dann haben wir den Mut und die Kraft und die Ausdauer, auch »Unmögliches« zu erreichen.

      Probieren Sie es aus. Sortieren Sie die Dinge und fragen Sie sich nach Ihrem Warum. So finden Sie heraus, was Sie wirklich wollen, bekommen Zielklarheit, und es gelingt Ihnen leichter, einen Weg zu finden und Ihre Herzensziele im Auge zu behalten.

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      Wir haben unser Ziel erreicht: In Salah, Die Quelle des Heils. Hier gibt es Schatten und Wasser. In Salah ist einer der heißesten Orte in der Sahara. Eine extreme Hitzewelle beschert uns fast 60 Grad Celsius im Schatten. Wir können gar nicht so viel trinken, wie wir schwitzen. Die Proteine fangen an zu denaturieren. In Gesprächen erfahren wir, dass 17 einheimische Oasenbewohner in den letzten Tagen gestorben sind. Wir müssen weiter. Raus aus dem Hitzekessel. Ich denke mir: Einzelne Ziele sind nur Etappen auf einem Weg. Gleichgültig, wie anstrengend es ist, sie zu erreichen – es geht weiter.

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      Sommer 1990. Zentralsahara. Die Piste nach Tamanrasset ist teilweise schwer zu meistern. Raphael und ich sind auf unserer zweiten Saharadurchquerung mit Motorrädern unterwegs. Hier muss man damit aufhören, so zu fahren, wie man das von deutschen Straßen gewohnt ist. Was auf der Straße funktioniert, funktioniert im Gelände nicht.

      2. AUFHÖREN

      Wenn etwas nicht funktioniert,

      hör auf damit.

      Es ist verblüffend, wie viele Dinge wir tun, mit denen wir nur aufhören müssen, damit sie den Weg freigeben für das, was uns wirklich wichtig ist. Im Coachinggespräch geht es deshalb häufig um einen vermeintlich einfachen Tipp. Er lautet: Wenn etwas nicht funktioniert, hör auf damit.

      Wenn es nicht funktioniert, gleichzeitig konzentriert an einer Aufgabe zu arbeiten und die Neuigkeiten auf Facebook zu checken, dann hör auf damit, Facebook zu checken. Wenn es nicht funktioniert, schlanker zu werden und Chips zu essen, dann hör auf damit, Chips zu essen.

      Da es jedoch nicht einfach ist, mit etwas aufzuhören, das uns in Versuchung führt und uns eine schnelle Belohnung verspricht, brauchen wir dafür einen guten Trick. Und den gibt es:

       Der 10-Minuten-Trick

      Wir können damit anfangen, aufzuhören, indem wir zehn Minuten warten, bevor wir einer Versuchung nachgeben, und damit etwas tun, das uns von dem abhält, was wir eigentlich machen wollen. Wir hören also gar nicht ganz damit auf, sondern fangen nur damit an, aufzuhören, indem wir warten und uns die Erlaubnis erteilen, nach zehn Minuten Wartezeit der Versuchung nachzugeben, wenn unser Verlangen dann noch immer so groß ist.

      Wenn wir beispielsweise an einer wichtigen Präsentation arbeiten und der Impuls groß ist, nach dem Smartphone zu greifen, um unsere Social-Media-Kanäle zu checken, dann können wir uns sagen: »Stopp. Ich warte zehn Minuten. Wenn mein Wunsch nach zehn Minuten immer noch so stark ist, kann ich der Versuchung nachgeben.« Bei diesem Trick ist es sehr hilfreich, wenn wir uns während der zehn Minuten Wartezeit das wichtige Ziel ins Gedächtnis rufen, das wir erreichen, wenn wir der Versuchung widerstehen und an unserer Präsentation weiterarbeiten, etwa: »Ich werde im Meeting den Vorstand überzeugen und habe dadurch Chancen auf eine Beförderung.« Nicht hilfreich ist es dagegen, wenn wir während der zehn Minuten ständig an die Versuchung denken.

      Zehn Minuten Verzögerung wirken Wunder! Wir können dadurch unser starkes Verlangen nach einer sofortigen Belohnung in den Griff bekommen. Die neurobiologischen Einzelheiten erspare ich Ihnen hier, aber Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass bereits zehn Minuten Wartezeit die Art, wie unser Belohnungszentrum im Gehirn reagiert, entscheidend verändern. Wenn eine unmittelbare Befriedigung erst mit zehnminütiger Verzögerung in Aussicht steht, behandelt das Gehirn sie wie eine zukünftige Belohnung. Dadurch wirkt das Belohnungsversprechen weniger stark, wodurch das unwiderstehliche Verlangen nach dem, was uns eine sofortige Belohnung verspricht, ausbleibt. So können wir der Versuchung leichter widerstehen.

       Der 10-Minuten-Trick

      Wenn ich das Verlangen spüre, etwas zu tun, das mich von dem abhält, was ich eigentlich tun will, warte ich zehn Minuten, bevor ich der Versuchung nachgebe. Zwei Dinge sind dabei hilfreich. Erstens: die Selbsterlaubnis, nach zehn Minuten Wartezeit der Versuchung nachzugeben, wenn mir dann noch danach ist. Und zweitens: während der zehn Minuten Wartezeit an mein Ziel denken, das ich erreiche, wenn ich der schnellen Belohnung widerstehe und das mache, was ich eigentlich machen will.

      Noch ein Tipp: Um die zehn Minuten Wartezeit durchzuhalten, hilft es, wenn wir einen räumlichen oder visuellen Abstand zum »Objekt der Begierde« schaffen, zum Beispiel indem wir das Smartphone in die Schublade oder die Chips-Tüte in den Schrank packen.

       Bei mir waren es Gummibärchen, die mir während meiner ersten drei Schreibjahre 20,4 Kilogramm mehr Gewicht auf der Waage beschert haben. Ich hatte immer eine große Familienpackung in Reichweite auf dem Tisch stehen. Es war so einfach – und so lecker. Sitzen, schreiben, Gummibärchen essen. Tag für Tag und Woche für Woche.

      Als der Knopf an meiner Jeans nicht mehr zuging und die Waage bedenkliche 95 Kilogramm anzeigte, habe ich den 10-Minuten-Trick genutzt. Gummibärchen in den Schrank. Immer, wenn ich den Impuls verspürte, aufzustehen, um eine Handvoll zu essen, habe ich zehn Minuten gewartet und mir selbst erlaubt, danach zuzugreifen, wenn ich dann noch wollte. In der Wartezeit habe ich an meinem Buch weitergeschrieben und mich so mit meinem eigentlichen Ziel beschäftigt. Das hat geholfen. Denn nach zehn Minuten war ich wieder so konzentriert bei der Sache, dass ich gar keinen Heißhunger mehr auf die Gummibärchen hatte.

      Es dauerte eine Weile, und neben dem 10-Minuten-Trick für die Gummibärchen brauchte ich noch einen anderen Trick, der mir beim Thema Bewegung geholfen hat, aber dazu später mehr. Nach und nach habe ich die 20 Kilogramm wieder abgenommen.

      Um leichter damit aufzuhören, einem plötzlichen Verlangen nach einer schnellen Belohnung nachzugeben, wirken zehn Minuten Warten verblüffend einfach. Wenn wir das nächste Mal konzentriert ein Fachbuch lesen wollen und das Verlangen verspüren, immer wieder auf unser Smartphone zu schauen, wenn wir weniger Zucker essen wollen,

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