ТОП просматриваемых книг сайта:
Bravo, liebes Hausgespenst. Marie Louise Fischer
Читать онлайн.Название Bravo, liebes Hausgespenst
Год выпуска 0
isbn 9788711719664
Автор произведения Marie Louise Fischer
Серия Hausgespenst
Издательство Bookwire
„Ganz schön anstrengend, wie?“ sagte nach einer Weile eine wohlbekannte Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich um und sah Norbert erstaunt an. Auch er pflegte nicht mit dem Bus zu kommen, aber das Haus, in das seine Eltern gezogen waren, lag auf der anderen Seite von Geretsried.
„Ich wollte dich nur etwas fragen“, erklärte er.
„Und deshalb stiefelst du hinter mir her? Das hättest du schon vorhin tun können.“
„Da waren wir nicht allein.“
Monikas Augen wurden immer größer. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum Norbert mit ihr allein sein wollte.
„Hast du wirklich einen Freund?“ fragte er.
„Wie kommst du darauf?“
„Einen, der Amadeus heißt und nicht mehr zur Schule zu gehen braucht?“
Monika hatte es schon bereut, daß sie sich mit der Freundschaft von Amadeus aufgespielt hatte und es so schnell wie möglich vergessen wollen. Immerhin war es nicht gelogen gewesen. Aber unmöglich konnte sie Norbert jetzt erklären, daß dieser Amadeus ein Hausgespenst war, der behauptete, ein zwölfjähriger Junge zu sein und immer wieder französische Brocken in die Unterhaltung einfließen ließ. Das hätte Norbert kaum geglaubt, ganz davon abgesehen, daß sie ihren Eltern versprochen hatte, mit niemandem darüber zu reden.
„Warum willst du das denn wissen?“ fragte sie unbehaglich.
„Nur eben so.“
„Ich finde, es geht dich nichts an.“
„Dann hast du wohl nur angegeben?“ fragte Norbert.
„Denk, was du willst!“ Monika wandte sich ab und begann weiterzustapfen, sehr froh, daß sie ohne eine direkte Lüge davongekommen war.
Aber Norbert holte sie schnell wieder ein. „Du, ich komm dich mal besuchen, ja?“
„Lieber nicht!“ sagte Monika impulsiv, dann erst wurde ihr klar, daß Norbert sich durch diese Abfuhr gekränkt fühlen mußte. „Ich habe ein Pferd, weißt du, das ich selber versorgen muß“, fügte sie hinzu, „und überhaupt furchtbar viel zu tun.“ Sie hatte sich zu ihm umgedreht und sah seine Enttäuschung.
„Schade“, sagte er.
Sie begriff, wie einsam er sich in der fremden Umgebung fühlte und wie sehr er gehofft hatte, bei ihr Anschluß zu finden. „Vielleicht können wir uns mal irgendwo treffen“, schlug sie halbherzig vor.
„Wann?“
„Darüber sprechen wir morgen.“
„Oder magst du mich nicht?“ fragte Norbert. „Findest du mich auch komisch?“
„Nein, nein, bestimmt nicht. Du bist sehr nett, und das mit dem st ist auch gar nicht schlimm.“
„Ich versuche schon, es mir abzugewöhnen, aber das ist nicht leicht.“
„Glaub ich dir ja.“
„Also, wir sehen uns mal … außerhalb der Schule, meine ich?“
„Bestimmt“, versprach Monika, „aber jetzt mußt du wohl nach Hause gehen, sonst kriegst du Ärger.“
„Meine Eltern sind nicht so.“
„Wie schön für dich.“
Inzwischen hatten sie die Weggabelung erreicht, an der es links zum Weiler Heidholzen und geradeaus zum Haus am Seerosenteich ging, in dem die Familie Schmidt wohnte. Die Wege wären übrigens gar nicht mehr zu finden gewesen, wenn sie nicht auf beiden Seiten vorsorglich mit langen Schneestöcken gekennzeichnet worden wären. Das breite Haus lag geduckt unter dem Giebeldach, auf dem sich der Schnee türmte. Schnee lag auch auf der Brüstung des kunstvoll geschnitzten alten Balkongitters. Aus dem Kamin wehten Rauchfahnen. Auch jetzt im Winter wirkte das Haus mit seinen langgestreckten Nebengebäuden, dem Stall, in dem Monika ihr Pferd untergebracht hatte, und der Scheune, in der sich die Mutter ihre heißersehnte Töpferwerkstatt eingerichtet hatte, sehr eindrucksvoll.
„Donnerwetter“, sagte Norbert, „das ist aber mal ein schönes großes Haus! Hast du ’ne Ahnung, wer da wohnt?“
„Ich!“ erklärte Monika nicht ohne Stolz.
„Ich dachte, du kämst aus Heidholzen!“
„Das Haus gehört zu Heidholzen.“
„Ach so. Wohnt ihr schon immer hier?“
„Nein, erst ein Jahr. Vorher lebten wir in München. Aber das ist eine lange Geschichte, die erzähl ich dir ein andermal. Jetzt mußt du wirklich nach Hause.“
„Warum?“ fragte Norbert erstaunt. „Ich kann dich doch noch ein S-tück begleiten!“
Monika begann nervös zu werden, denn sie wußte aus Erfahrung, daß sie gleich das Gebiet betreten würden, in dem Amadeus sein Unwesen oder, wenn man so will, sein Wesen treiben konnte. „Das möchte ich wirklich nicht“, erklärte sie mit Festigkeit. „Bitte, geh!“
„Meinst du, daß deine Mutter schimpfen könnte?“
Monika war nahe daran ja zu sagen, aber dann kam ihr diese Erklärung doch zu dumm vor. „Nein“, sagte sie, „ich möchte einfach, bevor ich nach Hause komme und alle auf mich einstürmen, erst noch ein bißchen allein sein, verstehst du das denn nicht?“
Norbert schnappte fast hörbar ein. „Du willst mich loswerden!“ sagte er beleidigt.
Er tat Monika leid, sie mochte ihn ganz gern und hatte ihn nicht kränken wollen. Dennoch sagte sie: „Nenn es, wie du willst, aber verschwinde!“
Das wirkte. Grußlos drehte Norbert sich um. Monika sah ihm nach, um sich zu vergewissern, daß er wirklich ging. Gleichzeitig zerbrach sie sich den Kopf, um ein versöhnliches Wort zu finden, das aber nicht freundlich genug war, ihn zurückzuhalten. Da flog ein wohlgeformter Schneeball über sie hinweg und traf Norbert – patsch! – mitten auf den Hinterkopf.
Norbert drehte sich um. Er dachte, daß Monika ihn beworfen hätte. „Wenn du eine Schneeballschlacht willst, die kannst du haben!“ Er bückte sich nieder.
Monika blickte vorsichtshalber hinter sich, aber es war genauso, wie sie schon geahnt hatte: Kein Mensch stand hinter ihr.
„Amadeus“, flüsterte sie böse, „muß denn das sein!?“
Norberts Ball flog an ihr vorbei, aber schon bückte er sich wieder, um den nächsten Ball zu formen. Monika blieb nichts anderes übrig, als es ihm gleichzutun, und nun flogen die Bälle lustig hin und her. Doch Norbert konnte sich bemühen, wie er wollte, zu ihm flogen doppelt soviel Bälle, wie er selber losschicken konnte, und er bekam die meisten Treffer ab. Bald sah er aus wie ein Schneemann. Endlich traf ihn ein Ball mitten in den vor Aufregung geöffneten Mund. Er mußte spucken und husten.
„Ich kann nicht mehr!“ rief er und legte sich, zum Zeichen seiner Niederlage, mit ausgebreiteten Armen auf den Rücken in den Schnee.
Dennoch traf ihn ein Ball noch mitten auf der Brust.
„Du bist gemein!“ rief er. „Ein ganz gemeines S-tück! Wo du doch siehst, daß ich nicht mehr kann!“
„Amadeus!“ zischte Monika. „Wenn du jetzt nicht sofort, wenn du nicht auf der S-telle …“ Sie merkte, daß sie unwillkürlich Norberts spitzes st übernommen hatte, und verbesserte sich: „… auf der Stelle aufhörst, spreche ich nie mehr ein Wort mit dir!“
„Mit wem redest du denn da?“ fragte Norbert erstaunt.
„Mit dir“, erwiderte Monika prompt, „ich habe mich bei dir entschuldigt.“
„Das hättest du ruhig