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      Inhalt

       E-Book 86-90

       Morgen ist es zu spät

       Graf Freimund in Herzensnot

       Eine neue Ehe für Fürstin Viviane

       Mein Herz sagt: Ich liebe dich!

       Und die Hochzeitskutsche wartet ...

Fürstenkrone – Box 16 –
Morgen ist es zu spät

      Der Sturm rüttelte die alten Bäume, die um Schloss Langen standen, dass sie stöhnten und ächzten. Laut prasselten schwere Regentropfen gegen die breiten Fenster.

      Mit ernster Miene stand die junge Komtess Gwendolin von Osterburg in ihrem Zimmer und sah hinaus in das tobende Unwetter.

      Ihr sonst so heiteres Gesicht war bleich. Die großen braunen Augen, die sonst in kindlicher Unbekümmertheit lustig in die für sie noch so herrliche Welt lachten, trugen einen ungewohnt strengen Ausdruck.

      Schon seit Tagen herrschte eine bedrückte Stimmung auf Schloss Langen. Heute wurde der Bruder ganz plötzlich zum Vater gerufen. Bleich, aber mit einem unbeugsamen Zug um den Mund, war er der Aufforderung seines Vaters nachgekommen.

      Gwendolin fühlte ihr kleines Herz bis zum Hals klopfen. Sie ahnte, dass der Bruder nun hart um sein Glück kämpfen musste.

      Graf Holger von Osterburg war der einzige Sohn des Hauses und zukünftiger Herr von Langen. Seit Jahren war seine Heirat mit einer jungen Dame aus den ersten Kreisen beschlossen. Aber bis heute hatte der junge Graf seine Werbung noch nicht vorgebracht und war trotz der ernsten Mahnung seines Vaters nicht dazu zu bewegen.

      Nur eine im Schloss kannte den Grund, warum er nicht daran dachte, das Wort seines Vaters einzulösen, aber sie schwieg und verriet den Bruder nicht. Sie fand es empörend, was der Vater von dem Bruder verlangte. Heiraten ohne zu lieben, nur weil diese Ehe standesgemäß war – das war ja einfach entsetzlich. Du lieber Gott, als ob ein einfaches Mädchen nicht genausogut eine vorzügliche Gräfin von Osterburg abgeben konnte wie eine Komtess von Dahmen, die eine sehr nahe Verwandte des Fürstenhauses war.

      Es musste eine sehr erregte Auseinandersetzung sein, die sich zwischen Vater und Sohn abspielte. Zwei Trotzköpfe schienen hier aufeinanderzuprallen, und keiner wollte nachgeben.

      Ihre lauten erregten Stimmen schallten auf den Gang hinaus, und die Dienerschaft sah sich bedeutungsvoll an.

      Der arme junge Graf! All sein Kämpfen würde ihm nicht viel nützen. Am Ende würde doch der alte Graf seinen Dickschädel durchsetzen, oder aber der junge Graf musste dieses bürgerliche Mädchen so lieben, dass er bereit war, sein Erbe aufzugeben, um ihretwillen.

      Plötzlich wurde es still, beängstigend still.

      Die junge Komtess wandte sich ruckartig vom Fenster ab. Dann stand sie unbeweglich und lauschte angestrengt zum Nebenzimmer hin. Aber sosehr sie sich auch anstrengte, sie konnte nicht den geringsten Laut vernehmen. Ein sonderbares Angstgefühl kroch in ihr hoch und machte ihr das Atmen schwer.

      Plötzlich schlug eine Tür, hart wie ein kurzer scharfer Peitschenhieb nach der fürchterlichen Stille.

      Ein fast keuchender Atemzug hob die junge Brust des lauschenden Mädchens, das noch immer unbeweglich stand. Es hörte den festen Schritt des Bruders auf dem Gang, der dicht an ihrem Zimmer vorbeischritt.

      Sie eilte auf die Tür zu. Alles in ihr drängte sie, dem Bruder nun ein liebes, zärtliches Wort zu sagen, das etwas von der bitteren Härte des Vaters mildern sollte.

      Aber der junge Graf sah seine Schwester nicht, hörte nicht das Flehen in ihrer Stimme, als sie seinen Namen rief. Er stürmte wie von Furien verfolgt an ihr vorbei die Treppe hinunter.

      Wirr hing ihm das Haar in die Stirn. Sein Gesicht war aufgewühlt und von einer beängstigenden Blässe.

      Das Mädchen eilte hinter ihm her. Plötzlich hatte es das Gefühl, als müsste es den Bruder zurückhalten, als dürfte er in dieser Verfassung nicht aus dem Hause gehen.

      Aber Graf Holger von Osterburg hatte das Schloss schon verlassen.

      Kurz darauf klang Hufschlag auf.

      Angstvoll presste das Mädchen ihre Hände auf die Brust.

      Mein Gott – Holger ritt in diesem furchtbaren Wetter noch aus. Hoffentlich hatte er nicht Mimose, sein Lieblingspferd, genommen. Es scheute so schnell und würde in diesem Unwetter besonders nervös und erregt sein.

      Heiß schluchzte das Mädchen auf. Nun, wo die entsetzliche Spannung etwas nachließ, musste sie plötzlich weinen, und ihre Nerven versagten.

      Als sie eines der Mädchen auftauchen sah, floh sie überhastet in ihr Zimmer. Man brauchte ihre Tränen nicht zu sehen. Es ging keinen etwas an, dass sie sich Sorgen um den Bruder machte.

      *

      Während die Komtess um das Leben des Bruders bangte, trieb der Graf sein Pferd zu schneller Gangart an. Er ignorierte das tobende Unwetter, den Regen, der ihm ins Gesicht peitschte. In seinem Inneren tobte ein Aufruhr, der so wild und orkanartig war, dass alles andere dagegen unwesentlich wurde.

      Im gestreckten Galopp stob sein Tier durch die einsamen Straßen des Dorfes, das still und verlassen lag. Die Bewohner hatten sich alle hinter schützenden Mauern ihrer Häuser zurückgezogen. Selbst die kläffenden Straßenköter schienen sich in einen schützenden Winkel verkrochen zu haben, um das Unwetter abzuwarten.

      Naß und wirr hingen dem Grafen die Haare ins Gesicht, aus seinen Kleidern triefte das Wasser.

      Endlich schien er sein Ziel erreicht zu haben.

      Hart zog er die Zügel an, sodass sein Tier schnaubend den edlen Kopf zurückwarf und aufwiehernd steilte.

      Er sprang aus dem Sattel, band sein Pferd fest und ging schnell auf das kleine Haus zu, das einen freundlichen, gepflegten Eindruck machte.

      Gerade als er im Begriff stand, anzuklopfen, wurde die Tür von innen geöffnet. Ein alter Mann stand auf der Schwelle, ein freundliches Lächeln in den gütigen alten Augen.

      »Kommen Sie herein, Herr Graf«, sagte er herzlich.

      Mit einem Blick auf Holgers durchnässte Kleidung sagte er erschrocken: »Du lieber Gott, Sie sind ja völlig durchnässt. Sie können sich den Tod holen.«

      Bitter auflachend winkte der junge Mann ab.

      »Das wäre das Schlimmste nicht, Vater Uhlig«, stieß er ungeheuer bitter hervor, während er ins Haus trat. »Ist Phyllis da?«

      Der alte Mann nickte nur. Er stellte keine Fragen.

      Nur seine Augen hatten sich verschattet, während er mit einem langen nachdenklichen Blick hinter dem Mann hersah, der nun schnell durch den Flur ging und in einem der Zimmer verschwand.

      Phyllis war das Kind seiner einzigen Tochter, die im Kinderbett gestorben war. Das Leid um den Mann, den sie geliebt und dem sie vertraut hatte, und der sie bitter enttäuschte, hatte ihre Kräfte aufgerieben.

      Uhligs behielten das Kind bei sich und zogen es auf. Es wurde ihnen so lieb und teuer, als wäre es ihr eigenes. Seine Frau klammerte sich an das Kind, weil es das einzige war, was ihr von der geliebten Tochter geblieben war.

      Phyllis wurde ein sehr schönes Mädchen. Wundervolles Haar, das weich und seidig schimmerte, war

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