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Bleib doch, liebes Hausgespenst. Marie Louise Fischer
Читать онлайн.Название Bleib doch, liebes Hausgespenst
Год выпуска 0
isbn 9788711719671
Автор произведения Marie Louise Fischer
Серия Hausgespenst
Издательство Bookwire
„Das nichts daran fehlt … daß es eben so ist“, erklärte Monika.
Sie hatten die Kreuzung erreicht, wo sich ihre Wege trennten. Vor ihnen, jenseits einer großen Wiese, lag das Haus am Seerosenteich, breit hingelagert. Auf den ersten Blick wirkte es wie ein oberbayerisches Bauernhaus. Es hatte ein tiefgezogenes Dach, dicke Mauern und kleine Fenster. Ein Balkon mit einem hölzernen, kunstvoll geschnitzten Gitter zog sich die ganze Front des ersten Stocks entlang. Aber daß es sich nicht um ein gewöhnliches Bauernhaus handelte, war schon daran zu sehen, daß die Stallungen nicht mit dem Haus verbunden waren, sondern sich, ein niedriges, langgestrecktes Gebäude, seitwärts daneben erstreckten. Sie waren teils als Garage, teils als Unterkunft für Monikas Pferd, den guten alten Bodo, ausgebaut. In der Scheune, die zwischen dem Stall und Haus lag, hatte Frau Schmidt, Monikas Mutter, sich eine Töpferei eingerichtet.
Das große Haus sah gemütlich und friedlich genug aus, wie es da im strömenden Regen vor Monika und ihren Freunden lag. Niemand, der es nicht wußte, hätte vermutet, daß ein Geheimnis über ihm schwebte.
„Also dann … bis morgen!“ Monika betrat den Weg, der um die große Wiese führte, die durch einen hölzernen Zaun in vier Abschnitte eingeteilt war, auf denen Bodo abwechselnd grasen konnte.
„Pfüat di!“ rief Ingrid ihr auf gut bayerisch nach.
„Auf Wiedersehen!“ rief Norbert.
Die beiden blieben noch einen Augenblick stehen und blickten Monika nach. Gerade wollten sie sich zum Gehen wenden, als sie etwas sahen, das ihnen die Augen fast aus dem Kopf fallen ließ: Über Monika hatte sich etwas wie ein unsichtbarer Schirm gebildet, der das Regenwasser zu beiden Seiten dichter herabfließen ließ. Monika wandelte trockenen Fußes wie durch eine Kuppel.
Jetzt merkte sie es selber. Sie blickte nach oben: Doch, es regnete noch, aber nicht auf ihr Haupt. Die Regentropfen platschten auf einen unsichtbaren Schild, teilten sich und strömten nach rechts und links.
Monika mußte lachen und drehte sich um sich selber. Sie sah, daß Ingrid und Norbert stehengeblieben waren und ihr nachstarrten.
„Bärig, was?“ rief sie ihnen zu.
Aber den anderen hatte es die Sprache verschlagen.
Erst als Monika das Haus schon fast erreicht hatte, brachte Ingrid einen Ton heraus. „Amadeus!“
„Höchste Zeit, daß gegen diesen Burschen was unternommen wird“, erklärte Norbert im Manneston.
„Bei so etwas kann selbst der vernünftigste Mensch verrückt werden!“ stimmte Ingrid ihm zu.
„Ich spreche heute noch mit meinem Vater.“
„Lieber nicht, Norbert. Warte ab, bis Moni grünes Licht gibt. Sie könnte sonst verdammt sauer werden.“
„Auch wieder wahr.“
Mit einem Abschiedswort trennten sich Ingrid und Norbert, Ingrid, um weiter nach Heidholzen und Norbert, um nach Gerretsried zurückzugehen. Nur ungern rissen sie sich von Monikas Anblick los, obwohl von ihrem Beobachtungspunkt schon nicht mehr zu sehen war, daß Monika trocken durch den Regen schritt.
Amadeus ahnt nichts Gutes
Monika erzählte zu Hause von ihrem Erlebnis im Regen. Andere Leute hätten es vielleicht unheimlich gefunden, aber die Schmidts – Hilde, die Mutter, Liane und Peter, Monikas ältere Geschwister – waren so an die Streiche des Hausgespenstes gewöhnt, daß sie darüber lachen konnten.
Amadeus ließ zum Zeichen, daß er anwesend war, die Teller auf dem gedeckten Tisch in der Wohndiele, dem Mittelpunkt des Hauses, tanzen. Monika bedankte sich freundlich bei ihm. Dann aber, als er die Suppenschüssel hochhob und durch den ganzen Raum fliegen ließ, entschloß sie sich, ein Machtwort zu sprechen.
„Genug für heute, Amadeus!“ rief sie. „Gib Ruhe! Wir wollen jetzt endlich essen, verstanden! Wenn du nicht sofort mit dem Unsinn aufhörst, passiert was!“
Sie hatte zwar selber keine Ahnung, was sie hätte unternehmen können, wenn Amadeus sich nicht hätte einschüchtern lassen. Aber zum Glück ließ er es nicht darauf ankommen, sondem verzichtete darauf, sich weiter bemerkbar zu machen und stellte die Suppenschüssel unversehrt wieder auf den Tisch zurück.
Alle atmeten auf.
„Der raubt mir noch den letzten Nerv!“ seufzte Liane, während sie ihren Löffel in die Suppe senkte. Liane war vor wenigen Tagen sechzehn geworden. Sie hatte eine unverkennbare Ähnlichkeit mit Monika, aber sie wirkte hübscher. Ihre großen grünen Augen, die Monikas glichen, pflegte sie durch Tuschen der Wimpern und Nachziehen der ausgezupften Augenbrauen eindrucksvoller zu machen. Ihr Haar war hellblond und nicht rot wie Monikas, und sie war nicht spindeldürr wie die kleine Schwester, sondern ihre Formen hatten schon begonnen, sich reizvoll zu runden.
„Mich kann der schon lange!“ behauptete Bruder Peter, ein zwölfjähriger Junge mit struppigem blonden Haar, das, wie immer, in alle Richtungen auseinanderstrebte.
„Ihr solltet nicht so häßlich von Amadeus sprechen!“ schrie Monika und mußte schon wieder gegen Tränen kämpfen, die in ihr aufsteigen wollten.
„Du mit deinem Amadeus!“ erwiderte Liane abfällig.
Das Ölgemälde im Erker, der eine Stufe höher lag als der übrige Raum, begann zu wackeln. Dann löste es sich vom Haken und begann, quer durch den Raum zu fliegen. Es stammte aus dem 18. Jahrhundert und stellte einen Jungen mit weit auseinanderstehenden blauen Augen und einer weißen Perücke dar, sehr adrett gekleidet in einen blauen Seidenanzug, mit unter den Knien gebundenen Hosen, weißen Zwirnstrümpfen und schwarzen Schuhen mit silbernen Schnallen. Das Bild glich dem Hausgespenst, wenn es sich sichtbar machte, bis aufs I-Tüpfelchen, und Amadeus pflegte zu behaupten, eben dieser Junge zu sein.
„Schämt euch! Jetzt habt ihr ihn gekränkt!“ klagte Monika.
Die Mutter kam ihr zur Hilfe. „Ich finde auch, ihr solltet das lassen! Schließlich hat er euch nichts getan.“
„Im Gegenteil!“ rief Monika. „Ohne ihn hätten wir in diesem schönen Haus nicht mal zur Miete wohnen können … aber er hat alle anderen Leute vergrault! Und wenn er uns nicht den Schatz gezeigt hätte, hätten wir es niemals kaufen können.“
Liane ließ sich nicht beschwichtigen. „Ich pfeife auf das schöne Haus! Was hat man schon von einem Haus, in das man keine Leute einladen darf?!“
„Ach sei doch nicht so! Sicher kannst du das mal! Wenn du einen festen Termin angibst und ich vorher mit Amadeus spreche …“
Das Ölgemälde hatte eine Ehrenrunde durch den ganzen Raum hinter sich gebracht, um sich dann, so sanft, wie es sich gelöst hatte, wieder an den Haken zu hängen.
„Das wäre äußerst gnädig von deinem reizenden Gespenst“, sagte Liane in beißendem Ton.
„Es ist nicht mein Gespenst! Ich habe es nicht erfunden, das weißt du genau! Es war schon im Haus, als wir einzogen!“
„Das wissen wir doch alle“, sagte Frau Schmidt einlenkend, „laß dich nicht immer von den anderen provozieren, Monika. Sie wissen genau, daß sie allen Grund haben, dir und Amadeus dankbar zu sein.“
Monika schluckte ihre Tränen und lächelte der Mutter zu. „Danke, Mutti.“
„Und nun hört auf zu streiten und eßt die Nudelsuppe! Ich habe sie mit viel Liebe gekocht.“
„So schmeckt sie auch“, lobte Monika.
„Wenn ich glauben könnte, daß Sophia Loren ihre schlanke Linie wirklich den Spaghetti verdankt, würde ich sogar noch eine zweite Portion nehmen!“ erklärte Liane.
Alle lachten, und der Friede war wiederhergestellt.
Nach dem Essen machte Monika ihr Mittagsschläfchen. Sie hatte sich schon so dran