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      Peter Gerdes

      Der Tod läuft mit

      Kriminalroman

      Zum Autor

      Peter Gerdes, 1955 geboren, lebt in Leer (Ostfriesland). Er studierte Germanistik und Anglistik, arbeitete als Journalist und Lehrer. Seit 1995 schreibt er Krimis und betätigt sich als Herausgeber. Seit 1999 leitet Peter Gerdes die »Ostfriesischen Krimitage«. Seine Krimis „Der Etappenmörder“, „Fürchte die Dunkelheit“ und „Der siebte Schlüssel“ wurden für den Literaturpreis „Das neue Buch“ nominiert. Mit seiner Frau Heike betreibt der Autor die Krimi-Buchhandlung »Tatort Taraxacum« in Leer.

      Impressum

      Personen und Handlung sind frei erfunden.

      Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

      sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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      Alle Rechte vorbehalten

      Originalausgabe erschienen 2006 im Leda Verlag

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © Drobot_Dean/stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-6416-4

      Widmung

      Für Heike

      Gedicht

      Wasser

      Brennende Nässe

      unter kühlem Blätterdach

      Ende im Frühling

      Feuer

      Der Flug durchs Helle

      ein Moment der Erhöhung

      der Weg endet hier

      Luft

      Dein Lauf wie ein Pfeil

      unbeirrt stolz, doch der Tod

      vollendet den Kreis

      Prolog

      Ich habe ihn wiedergesehen, heute früh. Er mich nicht. Ich habe ihn beobachtet, in aller Ruhe. Er stand einfach nur da, schien auf etwas zu warten, ich weiß nicht wo­rauf, und schaute in die Ferne, ich weiß nicht wonach. Auf mich wartete er sicher nicht, und er hielt auch nicht Ausschau nach mir. Und doch brach mir der Schweiß aus, das Herz klopfte mir bis zum Hals und meine Hände zitterten. Da wusste ich plötzlich: Es muss ein Ende sein. Er beengt mich, er nimmt mir die Luft, so lange schon. Er verfolgt mich, auch wenn er sich gar nicht rührt. Ich kann ihn nicht abschütteln, ihm nicht entkommen, auch wenn er keinen Schritt tut. Er ist schneller als ich, auch wenn ich renne. Wo immer ich mich vor ihm verstecke, er ist schon da. Er ist der Igel mit den giftigen Stacheln.

      Er ist in meinem Kopf. Wie soll ich ihn da loswerden?

      Loswerden muss ich ihn. Ein Ende muss sein. Muss. Ich will nicht mehr laufen, nicht mehr weglaufen vor ihm, will mich nicht mehr verstecken müssen, vor ihm, in meinem eigenen Kopf. Will nicht mehr der Hase, will der Jäger sein.

      Aber ich muss aufpassen. Er ist nicht dumm. Er weiß viel über mich, sehr viel, und wenn ich nicht aufpasse, dann ist er auch diesmal wieder schneller. Er ist stark, auch wenn man es ihm vielleicht nicht ansieht. Aber ich weiß, dass er auch Schwächen hat. Die kenne ich, seit ich gehört habe, wie er gelacht hat, gelacht über mich.

      Er wird nie wieder über mich lachen.

      Mein Herz klopft mir bis zum Hals, und ich schwitze. Ich bin der Jäger. Meine Hände dürfen nicht zittern. Es muss ein Ende sein. Es muss.

      1

      Es knallte furchtbar. Marian zuckte zusammen, obwohl er den Schuss doch erwartet hatte. Er hatte ihn sogar herbeigesehnt, wie eine Erlösung hatte er ihn sich erhofft, aber als er dann fiel, ein helles, scharfes, schmetterndes Geräusch, ungedämpfter Schmerz in den Ohren, schallgewordene Unwiderruflichkeit, da war Marian doch erschüttert. Einen Moment lang war sein Körper wie erstarrt, schienen seine Muskeln verkrampft, seine Glieder wie eingefroren. Dann überlief es ihn heiß und er warf sich nach vorn, einem kompromisslosen Fluchtimpuls nachgebend, der älter war als alles, womit sich Menschen über andere Lebewesen erhoben zu haben glaubten. Marian rannte los wie ein gehetztes Tier.

      Um ihn herum erklang ein Schnaufen, ein Fauchen, als würde Luft durch poröse Schläuche gesaugt und gepresst, und der Boden unter seinen Füßen begann leicht zu vibrieren. Er fühlte Hände auf seinem Rücken, Finger an seinen Armen, Stöße in seinen Rippen, eine streifende Berührung an seiner rechten Wade von einem nur um Haaresbreite fehlgegangenen Tritt. Von hinten, von allen Seiten drängte es heran. In Panik warf er sich nach vorn, beschleunigte seinen Schritt, ohne es wirklich zu wollen. Etwas schien seine Brust zu umklammern und er riss Lippen und Zähne auseinander, die er seit dem ohrenbetäubenden Knall aufeinander gepresst hatte, ohne es zu spüren. Der Laut, den er dabei ausstieß, ging in einem brausenden Geräusch unter, das an das Näherkommen eines vielbeinigen Untiers erinnerte. Schlagartig brach ihm der Schweiß aus.

      Er heftete seinen Blick, eingeengt wie von der Röhre eines Tunnels, an etwas Gelbes, das direkt vor ihm zu tanzen schien, zu wippen und zu wogen, das Falten und Wellen schlug und sich langsam entfernte, Raum schaffend, der schon Sekunden später von weißlich verwischten Keulenschwüngen ausgefüllt wurde, rudernden, bedrohlichen Bewegungen, abwehrend, abschreckend wie die Stacheln eines Igels oder die Zähne im Maul eines Hais.

      Unwillkürlich verhielt Marian seinen Laufschritt ein wenig, hob den Kopf leicht an und mit ihm den bisher gesenkten Blick. Im selben Moment traf ihn ein Schlag mitten ins Gesicht, ein Hieb wie von einer Peitsche, blendend über beide Augen, brennende Nässe hinterlassend. Er schrie auf. Ein keckerndes, gehässiges Lachen war die Antwort. Gleich darauf traf ihn ein spitzer Ellbogen von rechts in die kurzen Rippen. Er strauchelte, taumelte, scherte nach links aus, verließ den Strom, konnte wieder sehen, sah eine helle, massige Gestalt vor sich aufragen und prallte dagegen. Zwei mächtige Hände packen seine Oberarme, hielten ihn fest, stellten ihn sich zurecht. Aus.

      »Schon fertig?«, fragte eine wohlbekannte Stimme. »Ich dachte, es geht über zehn Kilometer.«

      Marian fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht, betrachtete seine Handflächen: Wasser, kein Blut. Regenwasser. Ein Zweig mit nassen Blättern, im leichten Wind federnd oder aus der Hand eines Konkurrenten geschnellt.

      Fahrig, wie der eines aus einer Trance Erwachten, huschte sein Blick über das breite, füllige Gesicht seines Gegenübers. »Stahnke«, sagte

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