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      Inhalt

       Ein Jäger in der Falle

       Jenseits des Berges

       Wo der Adler kreist

       Statt Rache nur Liebe

       Der Brautpirsch

       Der Wilderer von Perchwang

Wilderer und Jäger – Staffel 2 –
Ein Jäger in der Falle

      Ein schriller Pfiff gellte über die Felshänge des Raffen, die sich schroff über den grünen Matten der Schoberalm erhoben.

      Die Jesinger-Marthl, die gerade einen Eimer mit frischgemolkener Milch hinüber zur verwitterten, alten Sennhütte tragen wollte, hielt inne und lächelte. Sie hob ihren Blick zu den sonnendurchglühten Felsen, doch sie konnte keine Bewegung entdecken. Was mochte die Murmeltiere vertrieben haben? Sonst störten sich die scheuen Gesellen nicht an dem Leben auf der Alm. Sie schienen zu wissen, daß ihnen von dort keine Gefahr drohte.

      Jetzt hatten sie sich wohl blitzschnell in ihren Felshöhlen versteckt und warteten darauf, daß die Luft rein war. Marthl hob den Eimer mit der schäumenden Milch wieder auf. Es war still auf der Alm, fast feiertäglich. Die Glocke der Leitkuh klang herab, Bienen summten in den Blumen, sonst war kein Laut zu hören.

      Lautlos zogen zwei Adler ihre Kreise, ließen sich schwerelos vom sanften Wind tragen.

      Marthl liebte den Frieden hoch über den Höfen des Dorfes St. Marien. Die Einsamkeit störte sie nicht, denn das elternlose Madl hatte in seinem jungen Leben Schlimmeres erfahren, als allein zu sein. Sie war herumgestoßen worden als ungeliebtes Anhängsel. Die Verwandten, die sie aufgenommen hatten, hatten sie nur allzu deutlich spüren lassen, daß sie ihnen nicht willkommen war.

      Dieser Sommer war für sie der erste glückliche Sommer seit ihrer Kindheit. Endlich war sie ihr eigener Herr, seit sie für den Stirnthalerbauern als Sennerin auf der Alm schaffte!

      Marthl war entschlossen, dem Bauern trotz ihrer Jugend keinen Anlaß zur Klage zu geben. Gewissenhaft goß sie die Milch durch ein Seihtuch und wusch es aus.

      Als sie es zum Trocknen aufhängte, beschattete sie die Augen mit der Hand und sah zum Raffen hinauf. Doch von der Murmeltierkolonie war noch immer keine Spur zu sehen. Ob es an den Adlern lag, die beständig ihre Kreise zogen?

      Plötzlich horchte Marthl auf. Vom Bergpfad her klang ein Jodler! Wer mochte da heraufsteigen? Der Stirnthaler-Sepp, der Sohn des Bauern, konnte es noch nicht sein. Der kam immer erst am Wochenende, um Butter und Käse abzuholen und seit einiger Zeit auch gelegentlich ein Busserl!

      Marthl runzelte die Stirn, als sie daran dachte. Gewiß, der Sepp war ein fescher Bursch, den manches Madl gern genommen hätte. Schwarze Locken hatte er und feurig blitzende Augen, die so voller Verlangen dreinschauen konnten, daß Marthl ihnen kaum widerstehen konnte!

      Und doch! Sepp hatte etwas an sich, das Marthl abstieß, ohne daß sie selbst recht wußte, was es war. War es sein aufbrausendes Temperament, sein unsteter Blick, sein Leichtsinn?

      Ihr gegenüber war Sepp immer aufmerksam und zärtlich, doch Marthl wußte aus Erzählungen anderer, daß er im Wirtshaus Händel suchte.

      Plötzlich tauchte über den Felsen ein grünes Hütl auf mit einem Gamsbart. Keck saß es über einem gebräunten Gesicht mit lustig funkelnden blauen Augen.

      »Grüß dich Gott, schöne Sennerin!« klang der Ruf des fremden Burschen hell hinüber zu Marthl.

      »Grüß dich, Fremder! Was führt dich herauf zur Schoberalm?«

      Marthl wunderte sich. Der Kleidung nach war der Bursch ein Jäger. Noch konnte sie sich keinen Reim auf den Besuch machen. Nur selten verirrten sich Fremde zur Hochalm, und so blickte Marthl den Burschen ein wenig scheu und verlegen an, zumal er keinen Blick von ihr wandte.

      »Sakra! Wenn ich gewußt hätt, daß hier auf der Alm so ein fesches Madl wirtschaftet, wär ich schon eher gekommen!« lachte er. »Ich hab’ so eine alte, schiache Sennerin erwartet.«

      »Du hast meine Frage net beantwortet!« gab Marthl zurück. Eine zarte Röte überzog unter den Blicken des Fremden ihr Gesicht. Sie hätte diese Blicke als ungehörig empfinden sollen, doch sie selbst fühlte sich seltsam hingezogen zu ihm, geradeso, als hätte sie auf einen Mann wie ihn ihr ganzes Leben lang gewartet. Ihr Herz pochte wild in der Brust, doch gleichzeitig schämte sie sich dieser bisher unbekannten Gefühle. Nicht einmal Sepp, der doch eigentlich ihr Schatz war, versetzte ihr Innerstes in einen solchen Aufruhr!

      »Entschuldige!« rief der Fremde übermütig, »Ich hab’ mich noch gar net vorgestellt. Wie dumm von mir! Ich bin der Aufreiter-Johann, der neue Jäger!«

      »Dann ist der alte Franzl endlich in den wohlverdienten Ruhestand getreten? Hier heroben bekommt man wenig mit, was im Dorf vor sich geht!«

      »Freilich. Ich bin auch erst den zweiten Tag drunten im Forsthaus und hab’ noch lange net das ganze Revier erforscht. Zuerst hat’s mich allerdings hier herauf gezogen.«

      Unversehens war der junge Jäger ernst geworden. Seine blauen Augen hatten sich verdunkelt, ja, sie schauten fast zornig drein.

      Ganz erschrocken beobachtete Marthl die Veränderung, die mit dem Burschen vor sich ging.

      »Was hast denn auf einmal?« wollte sie wissen.

      »Ach, nix!« Der Bursch fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als wolle er etwas Unangenehmes verscheuchen. »Der alte Franzl hat mir nur einiges über den Raffen erzählt, das mir sehr zu denken gibt. Er selbst war zu alt, um den Dingen nachzugehen. Sicher wollte er so kurz vor der Pensionierung auch kein Risiko mehr eingehen und die Sach einem Jüngeren überlassen…«

      »Aber was meinst du denn?« fragte Marthl befremdet. »Hier heroben gibt’s nur Ruhe und Frieden, es ist der schönste Platz auf der Welt, den ich kenne!«

      »Na ja!« meinte Johann zweifelnd. Dann fügte er entschlossen hinzu: »Ich werde den Dingen schon auf den Grund gehen. Und wenn wirklich was net stimmt, dann werd ich für Ordnung sorgen!«

      Marthl wagte nicht, weiter in ihn zu dringen, denn der Jäger hatte sich von ihr abgewandt und ließ seinen Blick prüfend über die Felshänge oberhalb der Alm gleiten.

      »Gell, dort droben sind die Löcher der Murmeltiere!« murmelte er mehr zu sich selbst. Dann gab er sich einen Ruck. »Hast denn vielleicht auch einen Becher Milch für einen durstigen Wanderer?« fragte er freundlich.

      Marthl war noch ganz verwirrt.

      »Sicher!« rief sie ein wenig schuldbewußt. »Ich hätte dran denken sollen, dir etwas anzubieten!«

      »Kannst es ja nachholen!« Das lustige Funkeln war in die blauen Augen zurückgekehrt, und Marthl war richtig erleichtert, daß die zornige Entschlossenheit anscheinend wie ein böser Traum verflogen war.

      Sie brachte die Milch und setzte sich mit dem Jäger ein wenig auf die Holzbank vor der Sennhütte.

      »Du hast mir noch gar net deinen Namen verraten«, meinte er, nachdem er voller Behagen einen tiefen Schluck getrunken hatte.

      »Marthl. Jesinger-Marthl!« stammelte das Madl, und wieder schoß ihr das Blut in die Wangen.

      Johann sah es und schmunzelte vor sich hin. Sollte es möglich sein, daß ihn dieses Madl, das er vom ersten Augenblick an gern gehabt hatte, auch mochte? Sollte er etwa hier oben in den Bergen sein Glück finden?

      Er mahnte sich selbst zur Vernunft. Noch war er ganz neu in der Gegend und wußte nicht, ob

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