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       Am Silser- und am Gardasee

       Im stillen Hause

       In der Schule

       Des alten Schullehrers Geige

       Der ferne schöne See ohne Namen

       Ein trauriges Haus, aber der See hat einen Namen

       Ricos Mutter

       Am Silser See

       Ein rätselhaftes Ereignis

       Ein wenig Licht

       Eine lange Reise

       Es geht noch weiter

       Silvio wünscht mit Nachdruck

       Ein Rat zur Freude für viele

       Über die Berge zurück

       Zwei frohe Reisende

       Wolken am schönen Gardasee

       In der Heimat

       Sonnenschein am Gardasee

       Wie Wiselis Weg gefunden wird

       Auf dem Schlittenweg

       Daheim, wo's gut ist

       Auch noch daheim

       Beim Vetter-Götti

       Wie es weitergeht und Sommer wird

       Das Alte und auch etwas Neues

       Wie es dem Kranken und jemandem besser ging

       Es geschieht etwas Unerwartetes

      Johanna Spyri

      Heimatlos

      Zwei Geschichten für Kinder und solche, die Kinder lieb haben

      Impressum

      Covergestaltung: Helga Graziella Schwaiger

      Digitalisierung: Gunter Pirntke

      Illustrationen: Helga Graziella Schwaiger

      2016 andersseitig

      ISBN: 9783955019914

      andersseitig Verlag

      Dresden

      (mehr unter Impressum-Kontakt)

      Am Silser- und am Gardasee

      Im stillen Hause

      Im Ober-Engadin, in der Straße gegen den Maloja hinauf, liegt ein einsames Dörfchen, das heißt Sils. Da geht man von der Straße querfeldein, und hinten, ganz nahe an den Bergen, liegt ein kleiner Ort, der heißt Sils-Maria. Da standen ein wenig abseits im Felde zwei Häuschen einander gegenüber. Die hatten beide uralte hölzerne Haustüren und ganz kleine Fenster tief in der Mauer drinnen. Beim einen Haus war ein kleines Stück Garten, da wuchs Kraut und Kohl, und es standen auch vier Blumenstöcke darin, die sahen aber mager aus und waren aufgeschossen wie das Kraut. Beim anderen Häuschen war gar nichts als ein kleiner Stall neben der Tür; da krochen zwei Hühner aus und ein. Dies Häuschen war noch kleiner als das andere, und die hölzerne Tür war schwarz vor Alter.

      Aus dieser Tür trat jeden Morgen um dieselbe Zeit ein großer Mann, der mußte sich bücken, um hinauszukommen. Der große Mann hatte ganz glänzend schwarze Haare und schwarze Augen, und unter der schöngeformten Nase fing gleich ein so dichter schwarzer Bart an, daß man vom übrigen Gesichte nichts mehr sah als die weißen Zähne, die zwischen den Barthaaren durchblitzten, wenn der Mann einmal sprach; aber er sprach wenig. Alle Leute in Sils kannten den Mann, doch niemand nannte ihn bei einem Namen, er hieß bei allen nur »der Italiener«. Er ging regelmäßig den schmalen Weg querüber nach Sils hin und den Maloja hinauf. Dort wurde viel an der Straße gebaut, und da hatte der Italiener seine Arbeit. Ging er aber den Weg nicht hinauf, so ging er hinunter, dem Bade St. Moritz zu. Dort baute man Häuser, und er fand dort auch seine Arbeit. Dann blieb er den Tag über da und kehrte erst am Abend wieder ins Häuschen zurück. Gewöhnlich, wenn er am Morgen aus der Tür trat, stand hinter ihm ein Büblein. Das stellte sich auf die Türschwelle, wenn der Vater draußen war, und schaute mit den großen, dunklen Augen lange hinaus dem Vater nach, oder sonst wohin. Man hätte nicht sagen können, wohin er sah, denn es war, als ob die dunklen Augen über alles wegschauten, was vor ihnen lag, und auf etwas hin, das niemand sehen konnte.

      Am Sonntagnachmittag, wenn die Sonne schien, gingen die beiden auch manchmal miteinander aus dem Häuschen und nebeneinander her die Straße hinauf. Und wenn man sie so ansah, so sah man in den zwei Gestalten ganz dasselbe vor sich, nur bei dem Büblein alles im kleinen. Es war ganz wie vom Vater abgeschnitten, bis auf den schwarzen Bart, den hatte es nicht, sondern ein schmales, bleiches Gesichtchen war da zu sehen, mit dem schöngeformten Näschen in der Mitte, und um den Mund herum lag etwas Trauriges, als ob er nicht lachen möchte. Das konnte man beim Vater durch den Bart nicht sehen.

      Wenn nun die beiden so nebeneinander hergingen, dann sagte keiner zum anderen ein Wort. Meistens summte der Vater leise ein Lied, manchmal auch lauter, und das Büblein hörte zu. Wenn es jedoch am Sonntag regnete, dann saß der Vater daheim im Häuschen auf der Bank am Fenster, und das Büblein saß neben ihm, und sie sagten wieder nichts zueinander. Aber der Vater zog eine Mundharmonika hervor und spielte eine Melodie nach der anderen, und das Büblein hörte aufmerksam zu. Manchmal nahm er auch einen Kamm oder ein Baumblatt und lockte daraus Melodien hervor, oder er schnitt ein Stück Holz zurecht und pfiff darauf ein Lied. Es war, als gäbe es keinen Gegenstand, dem er nicht Musik entlocken könnte. Aber einmal hatte er eine Geige mit nach Hause gebracht, die hatte das Büblein so entzückt, daß es sie nie wieder vergessen konnte. Der Vater hatte viele Lieder und Melodien darauf gespielt, und das Büblein hatte unverwandt zugeschaut, nicht nur zugehört; und als der Vater die Geige weggelegt hatte, da hatte sie das Büblein leise genommen und probiert, wie man die Melodien herausbringe. Und es mußte es gar nicht so schlecht gemacht haben, denn der Vater hatte gelächelt und gesagt: »So komm!« und hatte seine großen Finger mit der linken Hand auf die kleinen gelegt und mit der

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