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sie konnte nicht ahnen, dass Enrique im Sinn hatte, sie an einen Ehemann zu verschachern, von dem er sich Nutzen versprach. Die Prinzessin war beinah noch ein Kind, als sie Carlos von Viana, dem Prinzen von Navarra, versprochen wurde, der gut dreißig Jahre älter war als sie. Der Himmel hatte aber ein Einsehen mit der Kinderbraut, der Bräutigam starb ganz plötzlich an Schwindsucht. War der Erbe Navarras ein spindeldürrer Mann gewesen, so war der nächste Heiratskandidat Alfonso von Portugal das genaue Gegenteil: stiernackig, fettfingrig, kurzbeinig und dickbäuchig. Man hätte es kaum für möglich halten können, dass dieser schwammige Mann militärische Erfolge in Afrika erzielt hatte und daher den Ehrentitel »El Africano« trug. Gegen eine Eheschließung mit diesem Koloss wehrte sich Isabella zwar erfolgreich, konnte aber nicht verhindern, dass ihr der Stiefbruder sofort wieder einen zukünftigen Ehemann präsentierte, der diesmal aus den Reihen der Geistlichkeit kam. Pedro Giron war der verkommene Bruder des Großmeisters von Calatrava, ein im ganzen Land bekannter Wüstling, der vor keiner noch so widerlichen Untat zurückschreckte. König Enrique wandte sich unverzüglich an den Papst, der Giron von seinen Ämtern dispensieren sollte, um den Weg ins Ehebett frei zu machen. Don Pedro dauerte dies allerdings zu lang, er wollte auf Nummer sicher gehen und Isabella möglichst rasch zu seiner Frau machen, wenn nötig auch mit brutaler Gewalt. Aber auch diesmal war das Schicksal dem unglücklichen Mädchen gnädig, denn die treue Freundin Isabellas Beatriz de Bobadilla musste ihren geschliffenen Dolch gar nicht einsetzen, um den Bräutigam in der Hochzeitsnacht zu töten, wie der Plan gelautet hatte. Als Don Pedro nämlich in der Nähe von Jaen Rast machte, fiel ein riesiger Schwarm Störche ein, der den Himmel verdunkelte. Mit schnarrenden Geschrei zogen die Vögel zwar weiter, alle Anwesenden aber sahen in dem Vogelzug ein böses Omen. Und tatsächlich starb Don Pedro wenige Tage später an Halsbräune.

      Aber Enrique gab noch nicht auf, die Stiefschwester in seinem Sinne zu verheiraten. Diesmal stand der Bruder des französischen Königs Ludwig XI., der Herzog von Berry zur Debatte, denn Enrique hatte sich nach jahrelangen Querelen mit Frankreich mit Ludwig ausgesöhnt. Was gab es also Besseres, als noch durch eine private Verbindung diesen Kontakt zu festigen?

      Enrique hatte diesmal die Rechnung ohne Isabella gemacht: Sie war erwachsen geworden und beschloss, sich den Mann fürs Leben selber auszusuchen. Das stämmige Mädchen mit dem rotblonden Haar und den seltsam schräg geschnittenen grünen Augen hatte im Kloster Santa Ana in Avila eine hervorragende Ausbildung genossen, wobei man auch auf körperliche Schulung Wert gelegt hatte, denn die Prinzessin ritt wie eine Amazone. Isabella hatte sich zur selbstsicheren jungen Frau entwickelt, die für ihre Zeit völlig unüblich daran ging, dem Mann, der ihren Vorstellungen entsprach, einen Heiratsantrag übermitteln zu lassen. Der, den sie auserwählt hatte, sollte sie verstehen und in allem unterstützen, er sollte zielstrebig, aber nicht ehrgeizig sein, tapfer, aber nicht herrschsüchtig, klug und dennoch nicht weise, unternehmungslustig aber nicht tollkühn! Für Isabella gab es nur einen einzigen, der ihren Vorstellungen entsprach: Ferdinand, der zukünftige König von Aragón war der Mann ihrer Träume!

      Es war für Isabella nicht leicht gewesen, als Mädchen in der damaligen Zeit mit einem jungen Mann, der weit entfernt lebte, in Kontakt zu treten, noch dazu, wo der Stiefbruder sie auf Schritt und Tritt bewachen ließ. Außerdem wusste sie nicht, wie Ferdinand ihre Werbung aufnehmen würde, er war mit seinen siebzehn Jahren wesentlich erfahrener als sie, da er mit einer Mätresse schon zwei Kinder gezeugt hatte. Aber immerhin würden durch ihre Heirat die beiden Länder Kastilien und Aragón vereint werden, eine lohnenswerte Aussicht für den Prinzen!

      Isabella hatte Glück! Ferdinand nahm ihre Werbung ohne Wenn und Aber an, vielleicht hatte ihn ihre Dynamik gereizt, die Prinzessin musste eine ungewöhnliche Frau sein! Sie hatte ihn neugierig gemacht. Und das war etwas, was Ferdinand ein Leben lang schätzte. Er wusste aber auch, dass es lebensgefährlich war, um die Prinzessin offiziell zu werben, bei ihrem Stiefbruder hatte er keine Chance. Nur mit List war es möglich, unerkannt zu Isabella zu kommen, die ihn sehnsüchtig erwartete. Als Eseltreiber verkleidet zog der spätere König von Aragón nur mit einer Handvoll Getreuer durch die Lande, schlief in billigen Kneipen unter fahrendem Volk und wäre beinah durch den Stein eines Stadtwächters ums Leben gekommen, der dem zerlumpten Burschen den Eintritt in die Stadt verwehren wollte. Isabella hatte sich vor dem Zorn des Bruders nach Valadolid geflüchtet, wo sie auf das Eintreffen des Bräutigams wartete. Dass dieser aber mitten in der Nacht ankommen würde und sie sofort zu sehen wünschte, hatte sich die Prinzessin nicht vorstellen können. Als die beiden endlich einander gegenüberstanden und sich gegenseitig ungeniert betrachteten, empfanden sie es als eine wunderbare Fügung des Schicksals, dass einer den anderen sympathisch, anziehend und vor allem begehrenswert fand. Einer gemeinsamen glücklichen Zukunft schien fast nichts mehr im Wege zu stehen!

      Erst nach seinem Tode sollte man den Kaiser geißeln …

      Denn der lebensfrohe Maximilian hatte niemals als weltabgewandter Asket gelebt, seine 72 »natürlichen Kinder«, von denen nur einige mit Namen bekannt sind, zeugen von seiner Freude am diesseitigen Leben.

      Eigentlich konnte sich niemand im Reich so recht vorstellen, dass Kaiser Maximilian, der schon längst zu einer Legende geworden war, einmal die Augen für immer schließen würde. Denn er war, wo er hinkam, ungewöhnlich beliebt wegen seiner fröhlichen, manchmal sogar leichtlebigen Art, ein Herrscher zum Anfassen, dem man aber trotz aller Leutseligkeit großen Respekt entgegenbrachte. Man lebte und litt mit ihm mit und kannte seine unendlichen Probleme, die ihm meist von den auswärtigen Mächten aufgezwungen worden waren, und seine damit verbundene Geldnot. Einige Städte wie das reiche Augsburg sahen augenzwinkernd darüber hinweg und gewährten dem Kaiser, wann immer er an die Tore klopfte, Einlass, obwohl man wusste, dass er sicherlich nicht die Zeche für sich und sein Gefolge zahlen konnte. Aber in der Stadt am Lech hatte man schon für den jugendlichen Maximilian eine Schwäche gehabt und hatte ihm auf seiner Brautfahrt nach Burgund großzügig unter die Arme gegriffen, so dass er die Liebe seines Lebens Maria von Burgund hatte heiraten können.

      Als Maximilian im Spätherbst des Jahres 1518 beschloss, sich einige Wochen der Ruhe in Augsburg zu gönnen, war man über das Aussehen des Kaisers entsetzt, obzwar schon das Gerücht sich verbreitet hatte, dass der Gesundheitszustand des Kaisers nicht zum Besten stand. Ein vom Tode gezeichneter Mann war mit großem Gefolge in der Stadt eingezogen. Verschiedene Leiden hatten ihn in den letzten Jahren gequält, nachdem er sich bei einem Sturz vom Pferd ein Bein schwer verletzt hatte. Obwohl er der »lateinischen Küche« seiner Ärzte nie ganz vertraut und mehr kuriose Heilpraktiken bevorzugt hatte, war es seinen Leibärzten gelungen, den Kaiser halbwegs wieder herzustellen. Daneben plagten ihn lange Zeit über ständig Verkühlungen, bei seinem »lustigen« Lebenswandel – der Kaiser verbrachte die meiste Zeit des Jahres bei jedem Wind und Wetter, bei Eisregen und glühender Hitze auf dem Rücken der Pferde – kein Wunder. Waren die Erkältungen zu stark, so suchte er, wenn nur irgend möglich, in die gute Luft der Tiroler Berge zu kommen, um die Beschwerden wenn schon nicht auszukurieren, so doch zu lindern. Nur ein Mensch mit einer robusten Gesundheit konnte bei dem Lebenswandel, den Maximilian führte, das damals biblische Alter von 60 Jahren erreichen.

      Denn der Kaiser war auch im fortgeschrittenen Alter kein Kind von Traurigkeit.

      Immer wieder überfiel ihn die Fleischeslust, für die er dann als Sünder, aber nicht als unbedingt Bereuender in der Beichte Gott um Verzeihung bat, manchmal sogar in schriftlicher Form: »Ich habe ziemlich viel getanzt, in Turnieren mit der Lanze gefochten und den Karneval genossen. Ich habe den Damen den Hof gemacht und große Gunst geerntet, ich habe sehr viel und sehr herzlich gelacht … Übrigens wird mich keine Dame nur von Herzen lieben … Nun ist Fastenzeit, und ich weiß nicht, was ich beichten soll, denn alles, was ich in diesem Fasching getan habe, spricht für sich selbst.«

      Jahrzehntelang war der Kaiser als vitaler Mann bekannt gewesen, der auf allen Turnieren glänzte und meist den Sieg errang. Und selbst den stärksten Mann der Welt, den französischen Riesenritter Claude de Barre hatte er im Zweikampf besiegt, eine Tat, die seinen Ruhm weit über die Grenzen des Reiches verbreitete. Aber jetzt, als er in Augsburg erschien, war Maximilian nur noch ein Schatten seiner selbst.

      Schon in den letzten zwei Jahren hatten verschiedene Unpässlichkeiten den Kaiser zu quälen begonnen, man hatte

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