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hatte, eine Badestube in Augsburg aufsuchte, die im Besitz der Familie Bernauer war, um sich zu erfrischen und sich laben zu lassen. Und so wie es den Sitten der Zeit entsprach, kümmerten sich auch die Familienmitglieder des Baders, der Rat und Hilfe bei so manchen Verletzungen wusste, um die illustren Gäste, schrubbten ihnen die Rücken und sorgten dafür, dass sich die Badenden in den großen Holzzubern oder bei den anschließenden Massagen wohl fühlten. Besonders begehrt als Badefrau war die Tochter des alten Bernauers Agnes, die nicht nur durch ihre Schönheit auf alle Gäste wohltuend wirkte, sondern auch durch ihr liebenswürdiges Wesen die Sympathien aller auf sich zog. An diesem Abend allerdings kümmerte sie sich nur um den jungen Herzogssohn Albrecht. Es muss bei beiden Liebe auf den ersten Blick gewesen sein und schon bald ließ Albrecht erkennen, dass er die Absicht hatte, Agnes zu seiner Geliebten zu machen, wie das damals so üblich war, wenn die Standesschranken unüberwindlich schienen. Der Herzogssohn hatte gerade eine stürmische Liebschaft hinter sich, die für ihn unglücklich geendet hatte, denn seine Auserwählte war kurzerhand mit einem anderen durchgegangen. Was stand also einer neuen Liaison im Wege?

      Albrecht hatte nicht mit der strengen Moral der Baderstochter gerechnet, denn die Bader standen, wenn man sie auch immer wieder dringend benötigte, in keinem allzu guten Ruf, da sie Arbeiten verrichteten, die vielfach kein gesitteter Mensch übernehmen wollte.

      Das Schicksal wollte es, dass sich Albrecht ausgerechnet in eine Baderstochter bis über beide Ohren verliebt hatte. Und diese Badhur, wie Agnes schließlich von ihren Feinden abwertend bezeichnet wurde, gab dem Herzogssohn schon bald zu erkennen, dass es für sie keine losen Tändeleien geben konnte, dass sie niemals bereit sein würde, nur die Geliebte des Herzogssohnes zu sein, dass sie nur mit Gottes Segen an seiner Seite leben könnte. Je näher sich die beiden gekommen waren, umso mehr erkannte Albrecht, dass er sich eine Zukunft ohne Agnes nicht mehr vorstellen konnte. Er musste seinem Vater klar machen, dass sie allein die Frau war, mit der er sein Leben verbringen wollte.

      Herzog Ernst fiel aus allen Wolken, als der Sohn ihm eröffnete, er wolle die Baderstochter aus Augsburg zu seiner legitimen Gemahlin machen. In langen Diskussionen versuchte der Vater, dem Sohn den Plan auszureden, und als er nur auf taube Ohren stieß, ließ er eilig die Schwester Beatrix holen, die Gemahlin des Pfalzgrafen von Amberg, die Albrecht ins Gewissen reden sollte. Aber auch ihr hörte der verliebte junge Mann kaum zu, sie redete in den Wind, so dass man schließlich über sie berichtete, dass sie »… ganz zornig war von frau nessen wegen der hoch und grosfaisten Bernawerin wegen«. Es ist anzunehmen, dass Agnes Bernauer zur Zeit dieser Unterredung bereits ein Kind erwartete, denn wenig später schenkte sie einem Mädchen das Leben, das Albrecht stets als seine leibliche Tochter anerkannte.

      Da der Herzog von Bayern-München seinen Sohn zu kennen glaubte und annahm, dass es sich bei Albrecht so wie schon manchmal um ein kurzes Strohfeuer handeln würde, übertrug er Albrecht das Straubinger Ländchen und versuchte zunächst, die unleidliche Affäre innerlich beiseite zu schieben. Diesmal aber hatte er sich bei seinem Sohn gründlich verrechnet, denn kaum war Albrecht mit Agnes außer politischer Reichweite des Vaters, als er sich wahrscheinlich zu Beginn des Jahres 1433 heimlich mit ihr trauen ließ. Für beide schien eine Zeit des Glücks angebrochen, die niemand stören sollte.

      Dass sich der Sohn eine beinah legale Konkubine leistete, damit hätte sich Herzog Ernst noch abgefunden, als er aber von der heimlichen Hochzeit erfuhr, erkannte er den Ernst der Lage. Niemals würde eine Agnes Bernauer Albrecht erbberechtigte Kinder schenken können, die er als Nachfolger dringend brauchte. Denn ohne legitime Erben würde das Herzogtum Bayern-München an die beiden anderen bayerischen Herzogtümer fallen. Ernst wusste, er musste handeln, denn der Sohn hatte sich nicht nur über die Vorschriften des Vaters hinweggesetzt, er hatte durch diese unbotmäßige Heirat die Ordnung der Welt gestört. Dies bedeutete in den Augen des Bayernherzogs: Revolution innerhalb der Familie und den Tod für Agnes Bernauer!

      Unter einem fadenscheinigen Vorwand lud Herzog Ernst seinen Sohn zu einem Turnier nach Landshut, er selbst ritt mit großem Gefolge in Straubing, einer Stadt an der Donau, ein, wo Agnes im Schloss zurückgeblieben war. Es war ein leichtes, die wehrlose Frau zu verhaften und ihr einen kurzen Prozess zu machen, da die Zeit drängte. Man warf Agnes Bernauer vor, sie hätte durch Zaubertricks den Sohn des Herzogs in Bann geschlagen, ihre Schönheit weise außerdem darauf hin, dass sie nur eine Hexe sein könnte und darum das Leben verwirkt hätte. Abgesehen davon hatte sie angeblich dem regierenden Herzog, ihrem Schwiegervater, mit Gift nach dem Leben getrachtet. All dies reichte längst aus, um das Todesurteil nicht nur zu fällen, sondern es auch möglichst rasch zu vollstrecken.

      Noch am selben Tag wurde Agnes dem Henker übergeben, der die unglückliche junge Frau, für die es keine Gnade gab, band und von einer Brücke in die Donau stieß. Dabei lösten sich ihre Fußfesseln, so dass Agnes schwimmend das Ufer erreichte. Sie flehte die Gaffer, die sich eingefunden hatten, um das grausige Spektakel mitzuerleben, an, sie zu retten, aber die trauten sich nicht, ihr zu helfen. Die Furcht vor dem Herzog war größer als jegliches Mitleid. Der Henker eilte schnell herbei, wickelte das lange blonde Haar von Agnes um eine Stange und tauchte den Kopf der Frau so lange unter Wasser, bis sie kein Lebenszeichen mehr von sich gab.

      Als Albrecht von den schrecklichen Vorfällen während seiner Abwesenheit erfuhr und die geliebte Frau tot vor sich liegen sah, beschloss er in seiner verzweifelten Wut, gegen den Vater ein Heer aufzustellen, um den Tod von Agnes zu rächen. Herzog Ernst, der einen Bürgerkrieg auf sich zukommen sah, wandte sich an Kaiser Sigismund um Hilfe. Der Kaiser erkannte klar, dass eine mit Waffengewalt ausgetragene Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn womöglich einen Flächenbrand nach sich ziehen könnte. Daher übernahm er die Rolle des Vermittlers, wobei der Vater alles versuchte, um sich mit Albrecht auszusöhnen. Er gestattete dem Sohn, einen prunkvollen Grabstein für Agnes anfertigen zu lassen, auf dem die geliebte Frau in Lebensgröße als vornehme Frau dargestellt wurde, wobei man an ihrem Ringfinger deutlich den Ehering erkennen konnte.

      Da der Herzog von Bayern-München das leichtlebige Blut seines Sohnes kannte, wusste er, wodurch er den trauernden Witwer am besten trösten konnte: Er besorgte Albrecht eine neue Frau. Anna, die Tochter des Herzogs von Braunschweig, schien die richtige zu sein, die Albrecht standesgemäße Kinder schenken würde. Als Albrecht die neue Braut in Augenschein nahm, war sein Schmerz schnell vergessen, denn kaum ein Jahr nach den tragischen Ereignissen in Straubing im Oktober 1435 ließ er eine glanzvolle Hochzeit ausrichten. Überraschend schnell waren seine Wunden geheilt – aus dem zu tiefst trauernden Witwer war im Handumdrehen ein glückstrahlender Bräutigam geworden!

      So etwas gab es bisher noch nie: Hochzeit im Vatikan

      Die Residenz des Papstes war jahrhundertelang für Frauen tabu. Erst unter Innozenz VIII. kehrten neue Sitten ein, als er für seinen Sohn Franceschetto ein glanzvolles Hochzeitsfest im Vatikan veranstalten ließ.

      Giovanni Battista Cibo hatte wahrscheinlich selber am allerwenigsten damit gerechnet, dass ihm außer der Kardinalswürde auch noch ein Platz auf dem Stuhle Petri eingeräumt werden würde. Aber in der Verlegenheit, in der sich die Kurie im Jahre 1484 befand, da man sich weder auf einen Papst aus dem Hause Borgia noch auf Giuliano delle Rovere einigen konnte, wurde Cibo der lachende Dritte, der sich trotz seines eher flotten Vorlebens als Heiliger Vater Innozenz, der Unschuldige, nannte. Dass er einmal die Kardinalswürde erlangen könnte, das war bei den politischen Gegebenheiten in den einzelnen italienischen Stadtstaaten durchaus möglich, immerhin war es üblich, aus den begüterten Familien einen Sohn in Rom zum Kardinal küren zu lassen. Wie es um die religiöse Einstellung des Kandidaten bestellt war, darum kümmerten sich die Verantwortlichen herzlich wenig, denn das Heer von Kardinälen bildete nicht nur einen wirtschaftlichen Faktor in Rom, die Kirchenfürsten waren auch wichtige Mäzene für die Künstler der Renaissance, da sie über ein beträchtliches Vermögen verfügten. Daneben waren sie Brotgeber für eine Unzahl von Bedienten, ein Kardinal aus dem Hause Farnese beschäftigte nicht weniger als 306 Personen, und auch die anderen hohen kirchlichen Würdenträger besaßen Kutscher, Jagdaufseher und Jäger, Scharen von Köchen und Küchenhilfen, Speisenträger, Friseure und Ärzte kümmerten sich um das äußere und innere Wohl ihres Herrn und der Hauskaplan las täglich die Messe, da dem Kardinal meist die kirchlichen Weihen fehlten. Und da man im 16. Jahrhundert

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