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      Inhalt

       Zwei Outlaws fahren zur Hölle

       Freunde in Ketten

       Hölle am Rio Bravo

       Sechzig Meilen bis zum Galgen

       Keinen Cent für Murdocks Leben

       Jim unter Wölfen

       Ritt mit dem Teufel

       Ein Mann ohne Nerven

       Trail der Furchtlosen

       Ohne Posaune bist du verloren, Jericho

G.F. Barner – Staffel 1 –
Zwei Outlaws fahren zur Hölle

      Tote, dachte Dillon, spüren nichts. Nur die Lebenden haben Angst. Charly hat auch Angst, eine hündische Angst. Dabei habe ich es ihm zehnmal erklärt, daß Tote nicht beißen und der sicherste Platz der Welt um Mitternacht auf einem Friedhof ist. Wenn die Mitternachtsstunde schlägt, geht kein Mensch auf oder über einen Friedhof.

      Charly stöhnte, die Schaufel knirschte, als sie in die Kieserde des Grabes von Juan Montenero fuhr. Seltsame Gräber hatten sie, die alten Mexikaner, denen Colorado einmal gehört hatte, ehe es an die USA gefallen war. Hügel aus dicken Steinen, am Kopfende eine Granit- oder Marmorplatte mit dem Namen und den Daten.

      Die Gräber waren so alt, daß die Namen auf den Kopfplatten kaum noch zu lesen waren. Die in den Gräbern lagen, waren schon lange tot, manche über sechzig Jahre.

      Juan Montero war erst neununddreißig Jahre tot und ausgerechnet an einem Weihnachtstag gestorben.

      »Schöne Weihnacht«, sagte Mort Dillon. »Muß das eine schöne Weihnacht für seine Leute gewesen sein…«

      »Was?« fragte Charly Dillon und grub nicht weiter, sondern stieß die Schaufel nur noch einmal in die Kies­erde des alten Friedhofes von Aguilar. Er starrte seinen älteren Bruder an. »Was sagtest du?«

      »Nichts«, antwortete Mort finster. Er sprach jetzt so, wie man es bei seinem Aussehen erwarten mochte, denn er wirkte finster – er war es im Grunde auch. »Mach weiter, du mußt sie gleich haben!«

      »Sie werden uns noch holen«, stammelte Charly mit zuckenden Lippen und jener tierischen Angst in den Augen, die ein Merkmal der nicht gerade logisch und klug denkenden Leute war. »Eines Tages steigen sie aus ihren Gräbern und holen uns, weil wir ihnen nicht ihre Ruhe lassen.«

      »Hör auf, ehe du richtig anfängst!« zischte Mort Dillon böse. »Das kommt davon, wenn man als Kind von einem bockenden Esel fällt und dabei auf dem Kopf landet. Seitdem hast du Würmer in deinem verrückten Gehirn. Hier steigt niemand heraus, keiner steht auf und kommt uns helfen. Darum mußt du graben, ist das klar? Also – mach schon!«

      Charly schluckte, aber er gehorchte, wie er immer alles getan hatte, was ihm sein großer Bruder aufgetragen hatte. Es stimmte, er war als Kind auf den Kopf gefallen, das war keine bloße Redensart. Charly Dillon konnte weder lesen noch schreiben, doch er konnte gut rechnen. Und dann war er auch noch abergläubisch, wie viele Leute im Westen.

      Wortlos stieß Charly die Schaufel in die Kieserde des alten Grabes. Sein Blick flog über die anderen Gräber zu der niedrigen Mauer aus Felsbrocken und dann ins Tal zur Stadt Dort unten lag Aguilar mit seiner einzigen von West nach Ost laufenden Straße. Links standen sechzehn, rechts dreizehn Häuser und dahinter vier Heuscheunen. Eine Kirche war links am Stadteingang, wenn man von Osten kam und den Gonzales Creek heraufreiten wollte.

      Hier gab es noch viele spanische Namen und spanische Häuser.

      Sie werden uns eines Tages bestimmt holen, dachte Charly Dillon und fror, obgleich die Nacht so warm war, daß man es bequem im Hemd aushalten konnte und keine Jacke brauchte. Man soll den Toten ihre Ruhe lassen, aber Mort denkt nicht daran. Eines Tages landen wir noch in der Hölle, ich weiß es.

      Er stieß die Schaufel wieder in die Kieserde und…

      Klirr!

      Das Klirren ließ Mort zusammenzucken. Mort hatte zum Grab an der Mauerecke geblickt und an James Flemming gedacht. Dort lag James Flemming in friedlicher Ruhe, aber auf der Steinplatte stand ein anderer Name, der von Miguel Servantes. Miguel war schon seit achtundzwanzig Jahren an diesem Platz.

      Was muß er doch für Langeweile gehabt haben, dachte Mort gerade, als die Schaufel auf den Eisenkasten klirrte, fünfundzwanzig Jahre immer allein sein? Nun hat er seit drei Jahren Besuch von James Flemming und kann sich mit ihm unterhalten!

      Mort Dillon kicherte vor sich hin, als er diese seltsamen Gedanken hatte. Vielleicht waren es die Gedanken eines Irren, ganz sicher aber waren es die Gedanken eines kaltblütigen Mörders, dessen Opfer man nie gefunden hatte.

      Wer wäre auch auf die Idee gekommen, die Toten dort zu suchen, wo längst andere lagen? Kein Mensch grub auf einem Friedhof jemand ein, der gar nicht dorthin gehörte. Das war nur eine von Mort Dillons »genialen« Ideen gewesen. Er hatte schon andere und bessere gehabt. Für die letzte waren er und Charly zweieinhalb Jahre ins Jail gegangen und erst vor einer knappen Woche wieder entlassen worden.

      Mort Dillon dachte nicht mehr an James Flemming, dessen silberne Tabaksdose der Marshal bei ihm gefunden hatte. Mort Dillon war mit vier Schritten neben dem alten Grab, dessen Kieserde jetzt schneller von seinem Bruder Charly ausgeschaufelt wurde.

      »Wer sagt es denn?« murmelte Mort sanft. »Zweieinhalbtausend Dollar sind verdammt mehr als die neunzig Dollar, die wir in der Tasche hatten, als dieser Hund von State-Marshal seine Handschellen um unsere Gelenke legte. Meinst du nicht auch, Charly?«

      »Jetzt sind wir wieder reich«, keuchte Charly. Er vergaß seine Furcht vor den Toten und dachte nur noch an das Geld, das ihnen ein prächtiges Leben erlauben würde. »Kaum angerostet, Mort. Es muß wirklich wenig geregnet haben, während wir ›verreist‹ waren.«

      Charly Dillon legte die Schaufel beiseite, kniete nieder und packte einen Seitengriff des Eisenkastens. Dann zog er ihn schnaufend aus dem nachrutschenden Kies.

      Die Dillonbrüder blickten eine halbe Minute stumm auf den Kasten, dann sahen sie sich an und grinsten. Auf die Idee, daß Flemmings Geld und das aus dem letzten Pferdediebstahl auf dem Friedhof von Aguilar vergraben sein konnte, war auch State-Marshal Bill Logan nicht gekommen, obgleich Logan alles andere als ein Dummkopf war. Der Marshal hatte sie sechs Tage nach dem Verkauf der Pferde erwischt, aber nur sechs­undneunzig Dollar bei ihnen gefunden. Dabei hätten es sechshundert sein müssen.

      »In Ordnung«, stellte Mort Dillon kurz fest. Der Kasten war nicht durch ein Schloß gesichert. Durch die Öse des Überfallhakens lief ein Stück Draht und war Sicherung genug. »Auch der Draht ist kaum angerostet. Na, dann wird die Ölhaut sicher ganz trocken geblieben sein. Vielleicht riecht das Geld ein wenig.«

      Mort Dillon stellte den Kasten beiseite, dann nahm er die Schaufel auf, tat die Kieserde in das Loch zurück und trat sie nach jeder dritten Schaufel kräftig fest. Charly ging in der Zwischenzeit zur Mauer, schaufelte mit bloßen Händen die dort locker umherliegenden Kiesel in seinen Hut und brachte ihn dann seinem Bruder.

      Was Mort Dillon tat, das machte er immer gründlich. Er hatte das Kastenloch durch Steine zu ersetzen, damit der

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