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section> Butler Parker – 150 –

      »Darf ich mir erlauben, meine Herren, meiner zart aufkeimenden Irritation andeutungsweise Ausdruck zu verleihen?« erkundigte sich Josuah Parker in seiner überaus höflichen Art und lüftete die schwarze Melone. Er stand einer Gruppe von Soldaten gegenüber, die Gewehre und diverse Maschinenpistolen trugen. Einige dieser Männer schienen darüber hinaus bereit zu sein, Eierhandgranaten zu werfen.

      Diese Soldaten mußten bereits einiges hinter sich haben. Ihre Uniformen waren lehmverschmiert und eingerissen. Parker entdeckte einige frische Verbände, die offenkundig durchblutet waren. Die Gesichter der Soldaten waren rußgeschwärzt und wirkten ausgezehrt.

      »Was machen Sie denn hier?« fragte ein Sergeant und runzelte die Stirn, »haben Sie überhaupt ’ne Ahnung, was hier gleich los sein wird?«

      »Ich darf davon ausgehen, daß Sie meine Wenigkeit umgehend informieren werden«, gab Josuah Parker zurück.

      »Hier bricht gleich die Hölle los«, meinte der Sergeant, »verschwinden Sie möglichst schnell, bevor es sie erwischt.«

      »Läge es im Bereich Ihrer Möglichkeiten, meiner Wenigkeit den richtigen Weg zu zeigen?« fragte Parker, »ich dürfte wohl durch eine Verkettung unglücklicher Umstände in die letzte Woche des zweiten Weltkrieges geraten sein.«

      »Und wie!« Schräg hinter dem Butler erschien ein Offizier der deutschen Wehrmacht, der dem englischen Sergeant grüßend zunickte. »Beeilen Sie sich, Mann!«

      Der deutsche Offizier hielt eine Panzerfaust in der linken Hand. Seine Brust war mit Orden geschmückt. Er wandte sich um und winkte einigen Soldaten zu, die ebenfalls deutsche Uniformen trugen. Sie mühten sich mit einem Granatwerfer ab, den sie ein wenig umständlich in Stellung zu bringen versuchten.

      »Kommen Sie, ich bringe sie in Sicherheit«, schlug der englische Sergeant vor und deutete mit dem Lauf seiner Maschinenpistole auf eine schmale Gasse, die von zwei fast zerstörten Häusern gebildet wurden. Durch die leeren Fensterhöhlen quoll schwarzer Rauch.

      »Achtung, Schienen«, meinte der Sergeant und wies auf den Boden. Zwischen Schutt und Ziegelsteintrümmern entdeckte der Butler ein schmales Gleispaar, das keineswegs verrostet war. Parker lüftete erneut seine schwarze Melone und machte sich auf den Weg, das Trümmer- und Kampfgelände zu verlassen. Als er die Schienen überquerte, erklang hinter ihm ein ohrenbetäubendes Krachen.

      »Deckung«, rief der deutsche Offizier und warf sich zusammen mit dem Sergeant der englischen Armee in den Schutt. Josuah Parker wandte sich um und musterte den Einschlag, der offensichtlich das erste Stockwerk des Hauses hinter ihm getroffen hatte. Kleinere Steintrümmer sirrten durch die Gegend, dichter Rauch quoll aus der Wand.

      »Hauen Sie doch endlich ab«, schrie der Sergeant ihm zu, »Mann, Sie vermiesen die ganze Aufnahme.«

      »Wie Sie wünschen.« Parker schritt gemessen weiter und brachte sich im Flur eines gegenüberliegenden Hauses erst mal in Sicherheit. Er beobachtete die gegnerischen Gruppen, die sich voneinander trennten und Position bezogen. Sie verschwanden in den Trümmern der Häuserzeile.

      Parker wurde abgelenkt.

      Links von ihm an der Straßenecke erschien ein Patton-Panzer, dessen Ketten bedrohlich quietschten. Die Kuppel schwenkte herum, das Geschützrohr zeigte auf eine kleine Barrikade, hinter der einige Soldaten zu erkennen waren.

      Parallel zu diesem Panzer fuhr eine Art Draisine auf den Schienen. Auf der Plattform stand eine mächtige Kamera und bewegten sich Männer, die Jeans und Parkas trugen. Zwei gleißende Scheinwerfer, die auf der Draisine montiert waren, strahlten den Panzer an, dessen Luke sich öffnete. Kopf und Oberkörper des Kommandanten wurden sichtbar. Dieser Mann, dessen Gesicht von kleinen Blutfäden gezeichnet war, hielt eine Maschinenpistole in Händen und richtete sie auf die Barrikade. Im gleichen Moment stieg vor dem Bug des Panzers eine Erdfontäne zum Himmel, die giftig gelb eingefärbt war. Der Panzer hielt ruckartig. Der Kommandant des stählernen Ungetüms ließ sich aus der Luke rollen, fiel auf die Wanne des Panzers und landete schließlich auf dem schuttbedeckten Boden.

      »Sehr schön«, dröhnte eine leicht verzerrte, überlaute Stimme, »das war’s. Gestorben. Wir drehen noch mal zur Sicherheit.«

      Der Kommandant des Panzers stand auf und ging zu den deutschen Soldaten hinüber. Der Leutnant reichte seinem Gegner eine Zigarette. Der englische Sergeant erschien vor der Barrikade und trank aus einer Cola-Flasche. Man schien sich ausgezeichnet zu verstehen.

      Josuah Parker wollte sich diskret vom Schauplatz der Ereignisse entfernen, als er plötzlich hinter sich ein scharrendes Geräusch vernahm. Er drehte sich um und sah sich einem englischen Soldaten gegenüber, der eine Maschinenpistole in Händen hielt.

      »Keine Mätzchen«, sagte dieser Soldat, dessen Gesicht rußgeschwärzt war, »das Ding hier ist scharf geladen, wetten?«

      »Meine Wenigkeit wettet recht selten«, erwiderte Josuah Parker in seiner höflichen Art, »darf man fragen, was Sie unter dem Vulgärbegriff Mätzchen verstehen?«

      »Na, eben so, Tricks und Maschen«, antwortete der Soldat, »bei mir aber nicht, ist das klar?«

      »Sie drückten sich zwar immer noch vage aus«, gab Josuah Parker zurück, »doch ich kann mir in etwa vorstellen, was Sie meinen.«

      »Okay, dann kommen Sie mit«, forderte der Soldat auf, »und wie gesagt, ich habe scharf geladen. Los, gehen Sie vor, gehen Sie da ’rüber zu dem Bunker! Klar?«

      »Ihr dringender Wunsch wird mir Befehl sein«, erwiderte der Butler, »darf man damit rechnen, daß Sie mir zu einem späteren Zeitpunkt erklären werden, was dieser Überfall zu bedeuten hat?«

      »Lassen Sie sich überraschen«, sagte der Soldat und grinste in einer Art, die Parker insgeheim als tückisch bezeichnete. Parker setzte sich in Marsch und schritt in die Tiefe des Hauses, die allerdings keine war.

      *

      Schon nach wenigen Schritten stand Parker wieder im Freien. Es zeigte sich, daß dieses angebrannte und zerstörte Haus nichts anderes war als eine Fassade. Mächtige, schräg stehende Stützbalken hielten die überaus echt und kompakt aussehende Vorderfront. Hier hinter dieser Fassade gab es Bretterstapel, Balken und eine Unmenge von Dekorationsteilen, die man im Augenblick nicht brauchte. Dazwischen standen Kriegsfahrzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg, Lastwagen, Jeeps, VW-Kübelwagen und Kettenfahrzeuge. Es gab sogar zwei Panzer, deren Ketten allerdings abmontiert waren.

      »Gestatten Sie, daß ich meiner Überraschung nachgebe?« fragte der Butler und blieb kurz stehen.

      »Schönes Durcheinander, wie?« Der Mann in englischer Uniform gab dem Wunsch des Butlers nach, drückte aber den Lauf seiner Maschinenpistole gegen Parkers Rückgrat.

      »Ein Chaos, das man nur als perfekt bezeichnen kann«, stellte der Butler fest. »Das Drehen einer Serie über den Zweiten Weltkrieg scheint recht kompliziert zu sein, wenn ich so sagen darf.«

      »Die Wirklichkeit ist unkomplizierter«, erwiderte der englische Soldat, »weiter, Parker. Ich will Ihnen noch ’ne Menge mehr zeigen.«

      »Könnten Sie meiner Wenigkeit wenigstens in groben Zügen verraten, worum es geht?« fragte Josuah Parker. Er schien die Maschinenpistole vergessen zu haben. Parker, etwas über mittelgroß, vollschlank und alterslos erscheinend, trug über seinem schwarzen Zweireiher einen schwarzen Covercoat. Über dem angewinkelten linken Unterarm hing der Bambusgriff seines Universal-Regenschirms.

      »Noch ein paar Minuten, Parker, dann wissen Sie genau Bescheid«, lautete die Antwort des Soldaten. »Gehen Sie endlich weiter!«

      »Sie würden schießen, wie ich vermute, falls ich mich Ihrem Wunsch widersetze?«

      »Darauf können Sie felsenfest bauen, Parker.«

      »Was könnte Ihren Willen erregt haben?« fragte der Butler weiter und setzte sich gemessen in Bewegung. Er stieg über einige Panzerfäuste und Maschinengewehre und ließ sich zu einem Bunker dirigieren, der rauchgeschwärzt war und einige schwere Granattreffer aufwies.

      »Wir wollen uns mal in aller Ruhe mit Ihnen unterhalten«, gab der englische Soldat zurück, »wir lassen uns nicht gern in die Suppe spucken.«

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