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waren, hatte sich sein Vorsatz noch verstärkt. Wer, wenn nicht er – der Nachbar von einem Vampir und zwei Halbvampiren –, sollte es besser wissen: Die Vampire waren unter uns. Über uns. Oder, wie in dem Fall, neben uns, nur ein Haus weiter.

      Schon mehrmals war es Dirk van Kombast gelungen, seine bissigen Nachbarn heldenhaft zu überwältigen, gefangen zu nehmen und … Na ja, beinahe war es ihm gelungen. Immer war in letzter Sekunde etwas Überraschendes, Unangenehmes dazwischengekommen. Ein deftiger Durchfall, die rumänische Polizei, ein fliegender Backstein oder, wie beim letzten Versuch, ein zorniges Nashorn (immerhin flog das nicht).

      Als Dirk van Kombast an diesen letzten Versuch dachte, rollte er vor Wut und Scham die Zehen in seinen hellblauen Puschelhausschuhen ein. Die Vampirschwestern und ihre beiden lausigen menschlichen Freunde hatten ihn hereingelegt und sogar noch dazu gebracht, ihnen aus der Patsche zu helfen. Aber wie hätte er es auch allein mit zwei Halbvampiren und einem ganzen Nashorn aufnehmen sollen? Er war zwar hauptberuflich ein gut aussehender, charmanter Pharmavertreter und nebenberuflich ein verwegener, erfahrener Vampirjäger – doch auch er hatte nur zwei Augen, zwei Arme (und noch ein paar andere durch wöchentliche Yogaübungen gestählte Körperteile) und war schließlich kein Superman.

      Doch so wie bisher, hatte Dirk van Kombast beschlossen, konnte es nicht weitergehen. Immer wieder gelang es den Vampiren, in letzter Sekunde zu entwischen. Nach dem missglückten Versuch vor ein paar Wochen im Nashorngehege des Bindburger Zoos hatte Dirk van Kombast lange über seine Methoden bei der Vampirjagd nachgedacht. Woran lag es, dass er den Vampiren zwar immer dicht auf der Spur war, sie aber nie zu fassen bekam? An den bisher nur ungenügend getesteten technischen Hilfsmitteln, die er für die Vampirjagd verwendete? An den schlechten nächtlichen Sichtverhältnissen? Oder an der Unverfrorenheit und Verschlagenheit seiner bissigen Beute? Am Instinkt, an der Willensstärke und an der Einsatzbereitschaft des Vampirjägers konnte es jedenfalls nicht liegen.

      Je länger Dirk van Kombast über die vergangenen Fehlschläge nachdachte, desto sicherer wurde er in seiner Vermutung. Schließlich meinte er genau zu wissen, woran es lag, dass der Erfolg bei der Vampirjagd bisher ausgeblieben war: Die Vampire waren immer in der Überzahl gewesen. Der Fall war klar. Dirk van Kombast war ein mutiger Einzelkämpfer, stand sozusagen allein wie ein Tennisspieler auf einer Spielfeldhälfte, während auf der anderen Seite mehrere Gegenspieler die Zähne wetzten und dazu noch fliegen und flopsen konnten. Ein solches Spiel würde selbst der Weltranglistenerste verlieren.

      Dirk van Kombast konnte gar nicht gewinnen. Und selbst wenn seine Gegner wie im Bindburger Zoo nur zwei dreizehnjährige Halbvampire waren: Sie waren zu zweit und der Vampirjäger stand ihnen allein gegenüber. Es war ein ungleicher Kampf, der logischerweise zu keinem befriedigenden Ergebnis führen konnte.

      Es war an der Zeit, sich für die Vampirjagd nach Verstärkung umzusehen. Auch wenn Dirk van Kombast ein Einzelkämpfer war und nicht gern im Team arbeitete – denn im Team musste man sich auf andere verlassen, ihnen vertrauen oder ganz und gar auf sie Rücksicht nehmen (und Dirk van Kombast vertraute am liebsten nur sich selbst). Doch all die Rückschläge hatten den Vampirjäger zu der Einsicht gebracht, dass er Hilfe brauchte. Es musste nicht gleich ein ganzes Team sein, aber ein Assistent oder ein Partner bei der Jagd auf die Vampire könnte erstmals Gleichgewicht in den Kampf bringen.

      Dirk van Kombast war entschlossen, sich Verstärkung zu suchen – und die Vampire damit endlich zu fassen.

      Vampirjäger gesucht

      Einen Vampirjäger zu finden, war nicht so einfach. Es gab keine Vampirjäger-Azubis, keine Vampirwissenschaft-Studenten und auch beim Arbeitsamt passte niemand auf diese Jobbeschreibung. Dirk van Kombast konnte nicht einfach das Branchenbuch nehmen und unter der Rubrik „Professionelle Vampirjäger“ nachsehen. Würde er eine Anzeige schalten, „Furchtloser Assistent für die erfolgreiche Vampirjagd gesucht“, würden sich sicher nur Knalltüten, die Polizei oder ein Psychiater bei ihm melden.

      Natürlich hatte Dirk van Kombast einen Draht zur betreffenden Szene. Doch der letzte Vampirologenkongress in New York war schon einige Zeit her. Zwar hatte der vampirinteressierte Pharmavertreter dort einiges Interessante erfahren und sein Fachwissen erweitert, Kontakte aber hatte er kaum geknüpft. Die meisten Vampirjäger waren Einzelgänger und Einzelkämpfer, die unerkannt im finsteren Untergrund arbeiteten und sich nur alle paar Jahre trafen, um sich auszutauschen oder mit ihren Jagderfolgen zu prahlen.

      Dirk van Kombast wollte sein Glück bei der Suche nach einem Assistenten daher im Internet versuchen. Als Fachmann auf dem Gebiet der Vampirbekämpfung kannte er die einschlägigen Websites natürlich schon. Doch monatlich kamen neue dazu und heute wollte er den Suchbegriff etwas erweitern, um auf möglichst viele Gleichgesinnte zu treffen, die sich dem Kampf gegen dunkle Wesen mit übernatürlichen Kräften verschrieben hatten.

      Dirk van Kombast tippte auf eine beliebige Taste und der Bildschirmschoner verschwand. Der Vampirjäger ging ins Internet und begann mit der Suche. Er saß kerzengerade und seine schlanken Finger flogen über die Tastatur, als er mehrere Suchbegriffe eingab, auf Enter drückte und die Resultate begutachtete. Dirk van Kombast klickte, tippte, scrollte und überprüfte eine Internetseite nach der anderen. Dabei war er hoch konzentriert, blinzelte kaum und erfasste schnell, ob er auf dieser Seite fündig werden würde oder ob sie für seine Bedürfnisse nicht infrage kam.

      Es gab Websites, die sich über das Thema lustig machten. Websites, die nur Faschingskostüme verkaufen wollten, und Websites, die einzige Ruinen waren und an denen schon seit fünf Jahren nichts mehr geändert worden war. Dann stieß er noch auf äußerst gefährliche Internetseiten, die den Vampir romantisch verklärten und zum Liebesobjekt wandelten. Darüber konnte Dirk van Kombast nur den Kopf schütteln. Welche Frau, die noch ganz bei Verstand war, wollte schon einen sargschläfrigen, bleichen, muffigen Typen mit viel zu langen Eckzähnen küssen? Mal abgesehen von seiner Nachbarin Elvira Tepes, die ihren Verstand offenbar irgendwo in den transsilvanischen Wäldern gelassen hatte.

      Allerdings entdeckte er auch einige hervorragende Seiten, die sich ernsthaft, wissenschaftlich und gründlich mit dem Thema Vampire und anderen finsteren Wesen auseinandersetzten. Am interessantesten fand Dirk van Kombast eine Seite, deren Überschrift „Vom Außerirdischen bis zum Vampir. Über Mischwesen, Nachtgestalten und andere Geschöpfe mit übernatürlichen Fähigkeiten“ lautete. Diese Website bot nicht nur einen exzellenten historischen Abriss über das Aufkommen und die Verbreitung von Vampiren, sondern lud auch zur Diskussion mit anderen Interessierten im Chatroom ein.

      Normalerweise verbrachte Dirk van Kombast seine wertvolle Zeit nicht in Chatrooms, sondern in gut klimatisierten Arztpraxen, beim Yogaworkshop oder im Biosupermarkt (wo er allerdings selten gleichgesinnte Vampirjäger antraf). Wenn er Hilfe bei der Bekämpfung der Vampire finden wollte, so war dieser Chatroom vielleicht genau der richtige Ort.

      Mit ein paar Klicks loggte der Vampirjäger sich ein und war im Chatroom. Zunächst beobachtete er das Treiben dort eine Weile. Er musste vorsichtig sein und wollte sich die Gäste im Chatroom erst einmal ansehen, um sie einschätzen zu können. Schon bald fiel ihm ein Teilnehmer auf, der sich Galo nannte und besonders viel zum Thema Vampire postete. Galos Kommentare waren äußerst klug, zeugten aber auch von einem gewissen Tatendrang – genau die Mischung, die sich Dirk van Kombast von einem Assistenten erhoffte.

      Abermals flogen die schlanken Finger des Vampirjägers über die Tastatur, als er Kontakt zu Galo aufnahm. Galo schien sehr daran interessiert, einen echten Vampir einzufangen, und war hocherfreut, als sich Kombi007 (der Chatname von Dirk van Kombast) als erfahrener Vampirjäger zu erkennen gab. Galo war fest davon überzeugt, die Vampire ohne Weiteres überwältigen und gefangen nehmen zu können, wenn er doch nur mal einen aufspüren würde. Kombi007 meinte, das Aufspüren sei kein Problem, er wüsste genau, wo die Vampire hausten, nur habe er mit dem Einfangen der blutrünstigen Flieger ein Problem.

      Galo und Kombi007 wurde schnell klar, dass sie sich perfekt ergänzten. Sie beschlossen, ab sofort bei der Vampirjagd zusammenzuarbeiten. Sie tauschten ihre Kontaktdaten aus und Galo versprach, sich bald wieder bei Kombi007 zu melden. Kombi007 hatte die Vampire und Galo hatte einen Plan. Schon in den nächsten Tagen würde er zu dem Vampirjäger nach Bindburg kommen, um diesen Plan (einfach, aber todsicher, so Galo)

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