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er den Brief sorgfältig in die Schublade eines Tisches verschloß. »Beschäftigen wir uns jetzt einen Augenblick mit dem Mittagessen der beiden Turteltauben im Gastzimmer«, fuhr er fort, indem er sieh dem Bret zuwandte, – »ich muß mich doch überzeugen, ob die Köchin ihre Pflicht gethan hat,«– die Liebesleute sind ja nicht im Stande, diese Frage zu entscheiden.«

      Er nahm von einer der Schüsseln den Deckel ab und kostete zu verschiedenen Malen mit seiner Gabel von deren Inhalt. »Die Fleischklöße sind nicht schlecht«; dann hob er einen andern Deckel auf und schüttelte bedenklich den Kopf. »Da ist das Gemüse, ich halte nicht viel von Gemüse, das ist nichts für einen Mann in meinen Jahren.« Er setzte den Deckel wieder auf die Schüssel und kostete von einer dritten, in der sich Fische befanden. »Warum zum Henker hat die Person die Forellen gebraten, das nächste Mal soll sie den Fisch mit etwas Salz und einem Löffel voll Essig kochen.« Dann entkorkte er eine Flasche Sherry und goß den Wein in eine Krystall-Flasche. »Herrlicher Scherry«, rief er aus, indem er die Krystal-Flasche gegen das Licht hielt: »aber er könnte doch nach dem Korke schmecken, ich muß ihn doch einmal probiren! Das ist meine Pflicht als rechtschaffener Mann«, und er erfüllte diese Pflicht in so ausgiebiger Weise, daß ein ganz beträchtlicher leerer Raum in der Krystal-Flasche entstand.

      Ohne eine Miene zu verziehen, füllte Bishopriggs denselben wieder mit dem Inhalt der Wasserflasche auf.

      »Damit mache ich den Wein gerade um zehn Jahre älter, die Turteltauben werden sich darum nicht schlechter stehen und ich befinde mich um einen guten Schluck Sherry besser. Dem Himmel sei für alle guten Gaben gedankt.«

      Nachdem er dieses fromme Dankgebet verrichtet hatte, nahm er das Bret wieder auf und entschloß sich, nun den Turteltauben ihr Mittagessen zu bringen.

      Die während der Abwesenheit Bishopriggs in’s Stocken gerathene Unterhaltung war wieder in Gang gekommen. Zu ruhelos, um es lange an einem Platz auszuhalten, war Anne wieder vom Sopha ausgestanden und zu Arnold an’s Fenster getreten.

      »Wo glauben Ihre Freunde in Windygates, daß Sie hingegangen sind?« fragte sie plötzlich.

      »Sie glauben«, erwiderte Arnold, »daß ich nach meinem Gute gereist bin, um Besitz von demselben zu nehmen und meine Pächter kennen zu lernen.«

      »Und wie wollen Sie heute Abend noch Ihr Gut erreichen?

      »Ich denke mit der Eisenbahn! Beiläufig, was soll ich sagen, wenn ich Sie nach. Tische verlasse. Ganz gewiß wird die Wirthin sehr bald zu uns hereinkommen. Was wird sie sagen, wenn ich allein nach der Station gehe und meine Frau hier zurücklasse?«

      »Herr Brinkworth, wenn das»ein Scherz sein soll, so ist er ein sehr unpassender.«

      »Verzeihen Sie«, sagte Arnold.

      »Ueberlassen Sie nur mir Ihre Entschuldigung«, fuhr Anne fort. »Gehen Sie nach Süden oder nach Norden?«

      Plötzlich öffnete sich die Thür und Bishopriggs kam mit dein Essen herein.

      Anne trat rasch von Arnold weg.

      Bishopriggs’ sehendes Auge folgte ihr vorwurfsvoll, während er die Speisen auf den Tisch setzte. »Ich habe es Ihnen doch Beiden gesagt, daß ich dies Mal unmöglich anklopfen könne, also schelten Sie mich nicht, Madame! Mich nicht.«

      »Wo wollen Sie sitzen?« fragte Arnold, um Anne’s Aufmerksamkeit von den vertraulichen Reden Bishopriggs abzulenken.

      »Ganz einerlei, ganz einerlei,«« antwortete sie ungeduldig, indem sie einen Stuhl ergriff und ihn an das eine Ende des Tisches setzte.

      Bishopriggs aber nahm mit einer höflichen, aber sehr entschiedenen Bewegung den Stuhl weg und stellte ihn wieder an seinen ursprünglichen Platz.

      »Um’s Himmels Willen was machen Sie?« Das ist ja gegen alle Sitten und Gebrauche der Flitterwochen, sich so weit von seinem Manne wegzusetzen«, und damit wies er mit seiner Serviette auf einen der Stühle, die er so dicht wie möglich neben einander gestellt hatte.

      Arnold legte sich abermals in’s Mittel und verhinderte einen wiederholten Ausbruch der Ungeduld Annes. »Was liegt daran«, sagte er, »lassen Sie den Mann doch gewähren.«

      »Machen Sie der Sache, so bald wie möglich ein Ende«, erwiderte sie, »ich kann und will es»nicht länger mehr ertragen.«

      Sie setzten sich an den Tisch und Bishopriggs stellte sich hinter die Stühle in der zwiefachen Eigenschaft eines major domus und eines Schutzengels.

      »Hier ist eine Forelle«, rief er, indem er den Deckel mit einem Schwunge von der Schüssel nahm. »Vor einer halben Stunde hat sie noch im Wasser gezappelt und da liegt sie nun gebraten auf dem Tisch, ein Symbol des menschlichen Lebens; wenn Sie sich einen Augenblick mit etwas Anderem befassen können, als mit sich selbst, so denken Sie ein Bischen darüber nach!«

      Arnold nahm einen Löffel, um Anne mit einer Forelle zu bedienen.

      Bishopriggs aber setzte den Deckel plötzlich wieder mit dem Ausdruck eines frommen Schauders auf die Schüssel und fragte: »Will denn Keines von Ihnen das Tischgebet sagen?«

      »Lassen Sie«, sagte Arnold, »der Fisch wird ja kalt!«

      Bishopriggs schloß sein sehendes Auge in frommer Andacht und hielt den Deckel fest auf der Schüssel. »Gelobt sei Gott für Speise und Trank«, sagte er, öffnete sein Auge dann wieder und nahm den Deckel ab »Jetzt ist mein Gewissen beruhigt; nun greifen Sie zu.«

      »Schicken Sie ihn doch hinaus«, sagte Arme, »seine Vertraulichkeit wird unerträglich.«

      »Sie brauchen uns nicht mehr aufzuwarten«, sagte Arnold.

      »O, dazu bin ich ja hier«, wandte Bishopriggs ein. »Wozu soll ich erst hinausgehen und wieder hereinkommen, um die Teller zu wechseln?« Er dachte einen Augenblick nach, musterte seine Erfahrungen und gelangte zu einem befriedigenden Schluß in Betreff der Motive Arnold’s bei seinen Wünschen, ihn los zu werden. »Nehmen Sie sie nur ruhig auf den Schooß«, flüsterte er Arnold in’s Ohr »und füttern Sie ihn nur gern mit der Gabel, wenn Sie Lust haben«, fügte er zu Anne gewandt hinzu, »ich denke an etwas Anderes und sehe zum Fenster hinaus.« Er zwinkerte mit dem Auge und trat an’s Fenster.

      »Versuchen Sie doch einmal die komische Seite dieser Situation zu sehen, wie ich es thue!« flüsterte Arnold Anne zu.

      Bishopriggs trat wieder vom Fenster zurück und meldete das Herannahen eines neuen, für die Situation der Beiden störenden Elements »Meiner Treu«, sagte er. »Sie sind im rechten Augenblick hergekommen, es ist ein schlechtes Reisen hier im Gewitter.«

      Anne fuhr zusammen und sah sich nach ihm um. »Zieht ein Gewitter herauf?« rief sie.

      »Sie sind hier gut aufgehoben, seien Sie wegen des Gewitters unbesorgt. Sehen Sie da die Wolke im Thal?« fügte er hinzu, indem er zum Fenster hinauswies, »die von einer Seite herauszieht, während der Wind aus einer andern Richtung weht, das bedeutet ein herannahendes Gewitter, Madame!«

      Wieder wurde an die Thür geklopft Wie es Arnold vorausgesehen hatte, erschien dieses Mal die Wirthin. »Ich komme nur«, sagte diese, indem sie sich ausschließlich an Arnold wandte, »Um zu sehen, ob Sie Alles haben, was Sie wünschen.«

      »O, Sie sind die Wirthin? Alles sehr gut, Alles sehr gut!«

      Mrs. Inchbare hatte aber ihre besonderen Gründe jetzt hereinzukommen und sprach dieselben ohne alle weitere Vorrede aus. »Sie werden entschuldigen, mein Herr«, fuhr sie fort, »ich war nicht da, als Sie ankamen, sonst würde ich mir schon damals erlaubt haben die Frage an Sie zu richten, die ich jetzt thun muß; habe ich recht verstanden, daß Sie für sich und Ihre Frau, diese Dame, die Zimmer miethen?«

      Anne wollte antworten, aber Arnold brachte sie durch einen sehr ausdrucksvollen Händedruck unter dem Tisch zum Schweigen. »Vollkommen richtig, vollkommen richtig«, sagte er, »ich nehme die Zimmer für mich und diese Dame, meine Frau.«

      Anne versuchte zum zweiten Male zu reden. »Dieser Herr —« fing sie an. Arnold brachte sie zum zweiten Mal zum Schweigen.

      »Dieser Herr?« wiederholte Mrs. Inchbare mit Erstaunen, »verzeihen Sie einer einfältigen Frau, gnädige Frau, meinen Sie damit

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