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und Gewürzen bedeckte Wand gelehnt, eine Speckseite hing über ihrem Haupt und ein mit Zitronen gefülltes Netz schaukelte vor ihrem Gesichte. War daher die Vorratskammer auch gerade nicht geräumig, so war sie doch gemütlich.

      »Wenn nun der Steward gerufen würde?« sagte sie, um ihn abzuwehren. »Laß es, Launce.«

      »Sei ganz ruhig. Wir sind hier sicher, wenn sie ihn auch rufen. Der Steward braucht nur auf dem Verdeck zu erscheinen und jeder Verdacht gegen uns muß schwinden.«

      »Laß mich in Ruhe, Launce! Ich habe dir sehr schlimme Nachrichten zu melden, und überdies wartet meine Tante darauf, daß ich mit meinem wieder angenähten Besatz zu ihr komme.«

      Sie hatte Nadel und Zwirn mitgebracht. Sie setzte sich auf die Vorratskiste, nahm den Rock ihres Kleides über ihre Knie auf, beugte sich darüber und ging emsig daran, den abgerissenen Besatz wieder anzunähen. In dieser Stellung zeigte ihre schlanke Gestalt ihre festen, und doch so weichen Formen im reizendsten Licht. Rasch fuhr die Nadel in den geschickten Fingern durch das Zeug. Die Vorratskiste war so breit, daß Launce einen Platz neben dem holden Mädchen fand.

      »Nun, Natalie, was hast du mir zu melden?« fragte der junge Arzt.

      »Er hat mit Papa gesprochen, Launce.«

      »Richard Turlington?«

      »Ja.«

      »Hol‘ ihn der Teufel.«

      Natalie fuhr zurück. Ein in den Nacken gesprochener Fluch, dem auf der Stelle ein Segenswunsch in Gestalt eines Kusses folgt, hat etwas Überraschendes, wenn man nicht darauf vorbereitet ist.

      »Tu‘ das nicht wieder, Launce! – Das Gespräch fand statt, während du auf dem Verdeck rauchtest und sie glaubten, ich sei fest eingeschlafen. Ich öffnete den Ventilator in meiner Kabinentür, lieber Junge, und hörte jedes Wort, das sie sprachen. Er wartete, bis meine Tante fortgegangen war, und er Papa ganz allein hatte; und dann fing er in seiner abscheulichen, rücksichtslosen Manier an: ‚Graybrooke, wie lange soll ich noch warten?«

      »Hat er das gesagt?«

      »Das waren seine Worte. Papa verstand nicht, Richard erklärte sich alsbald. Auf wen anders konnte er warten, als auf mich? Papa sagte etwas von meiner noch so großen Jugend. Aber Richard fiel ihm ohne Weiteres ins Wort: Mädchen seien wie Früchte; einige reiften früh, andere spät; einige seien erst mit zwanzig, andere schon mit sechzehn Jahren entwickelt. Es sei unmöglich mich anzusehen und nicht zu finden, daß ich nach meiner zweimonatlichen Seereise ein ganz neues Wesen geworden sei; und so weiter, und so weiter. Papa versuchte noch, einen Aufschub zu gewinnen. ‚Wir haben noch sehr viel Zeit, Richard, noch sehr viel Zeit.‘ – ‚Noch sehr viel Zeit für sie‘, lautete die Antwort des elenden Menschen, ‚aber nicht für mich. Denk‘ an alles, was ich ihr zu bieten habe‘ als ob ich mir etwas aus seinem Gelde machte – ‚und nun laß mich nicht länger in einem Zustand der Ungewißheit, den es für einen Mann in meiner Lage von Tag zu Tag schwerer wird zu ertragen.‘ Er war wahrhaftig ganz beredt, seine Stimme zitterte… Es ist kein Zweifel, lieber Launce, daß er verliebt in mich ist.«

      »Und dadurch fühlst du dich natürlich geschmeichelt?«

      »Sprich doch nicht solchen Unsinn. Ich fühle mich ein wenig erschreckt dadurch, das kann ich dir versichern.«

      »Erschreckt? Hast du ihn diesen Morgen beobachtet?«

      »Ich? Wann?«

      »Als dein Vater die Geschichte von dem über Bord gefallenen Matrosen erzählte.«

      »Nein. Was tat er da? Erzähle mir, Launce.«

      »Sag‘ mir zuerst: wie lief denn das Gespräch gestern Abend ab? Hat dein Vater ihm irgend etwas versprochen?«

      »Du kennst Richards Art. Er ließ ihm keine Wahl; Papa mußte ihm sein Versprechen geben, bevor er Erlaubnis bekam, zu Bett zu gehen —«

      »Das Versprechen, dich diesem Turlington zum Weibe zu geben?«

      »Ja, eine Woche nach meinem nächsten Geburtstag.«

      »Eine Woche nach dem nächsten Weihnachtstage?«

      »Ja. Papa soll mit mir reden, sobald wir wieder zu Hause sind, und ich soll am Neujahrstage heiraten.«

      »Ist das dein Ernst, Natalie? Soll ich wirklich glauben, daß sie so weit gegangen sind?«

      »Sie haben sich über alles geeinigt: über die glänzende Einrichtung, die wir bekommen, und das große Einkommen, das wir haben sollen. Ich habe gehört, wie Papa zu Richard sagte, sein halbes Vermögen solle mir an meinem Hochzeitstage zufallen. Es war widerwärtig zu hören, wie viel sie von Geld und wie wenig sie von Liebe sprachen. Was soll ich tun, Launce?«

      »Darauf ist die Antwort leicht, mein Engel. Vor allen Dingen mußt du fest entschlossen sein, Richard Turlington nicht zu heiraten—«

      »Sprich vernünftig. Du weißt, ich habe alles getan, was ich konnte. Ich habe Papa gesagt, daß ich mir Richard wohl als Freund, aber nicht als Ehemann denken könne. Aber er lacht mich nur aus und sagt: ‚Wart ein bißchen und du wirst schon deine Ansicht ändern, liebes Kind!‘ – Du siehst, Richard ist ihm alles: Richard hat ihm immer seine Angelegenheiten besorgt und hat ihn vor Verlusten durch schlechte Spekulationen bewahrt; Richard kennt mich seit meiner frühesten Jugend; Richard hat ein glänzendes Geschäft und sehr viel Geld. Papa hat gar keine Vorstellung davon, wie ich Richards Hand ausschlagen kann. Dann versuchte ich es, mich hinter meine Tante zu stecken; ich sagte ihr, er sei zu alt für mich; aber alles, was sie mir antwortete, war: ‚Sieh doch nur deinen Vater an, er war viel älter als deine Mutter und doch war ihre Ehe so glücklich.‘ – Selbst wenn ich geradezu erklärte, ich würde Richard nicht heiraten, was hätten wir davon? Papa ist der beste, liebste alte Mann auf der Welt, aber – ach! – das Geld geht ihm über alles! Er glaubt an nichts anderes. Er würde wütend werden – bei aller seiner Güte, wütend – wenn ich auch nur andeuten wollte, daß ich dich liebe. Der Mann, der es sich einfallen ließe, um meine Hand anzuhalten, ohne ein ebenso großes Vermögen zu haben, wie das, welches ich ihm mitbrächte, würde von Papa wie ein Verrückter angesehen werden. Er würde es gar nicht für nötig halten, einem solchen Menschen auch nur eine Antwort zu geben; er würde einfach klingeln und dem Tollkühnen die Tür weisen lassen. Ich übertreibe nicht, Launce; du weißt, ich rede die Wahrheit. So weit ich sehen kann, gibt es keine Hoffnung für uns.«

      »Bist du fertig, Natalie? Dann möchte ich auch etwas sagen.«

      »Nun, sprich!«

      »Wenn es so fortgeht, wie es sich jetzt anläßt, weißt du, wie dann alles enden wird? Es wird damit enden, daß du Turlingtons Frau wirst.«

      »Niemals!«

      »Das sagst du jetzt, aber du weißt nicht, was zwischen heute und Weihnachten passieren kann! Natalie, es gibt nur ein Mittel, es außer allen Zweifel zu stellen, daß du Richard niemals heiraten wirst – heirate mich!«

      »Ohne Papas Einwilligung?«

      »Ohne irgend jemand ein Wort zu sagen, bis die Sache geschehen ist.«

      »O, Launce, Launce!«

      »Lieber Engel, jedes Wort, was du gesprochen hast, zeigt, daß es kein anderes Mittel gibt. Bedenke es wohl, Natalie, bedenke es wohl!«

      Es entstand eine Pause. Nataliens Hand entsank Nadel und Faden und sie bedeckte ihr Gesicht mit ihren Händen und sagte: »Ach, wenn nur meine arme Mutter noch lebte! Oder wenn ich nur eine ältere Schwester hätte, die ich um Rat fragen könnte, was ich tun soll.«

      Sie schwankte offenbar. Launce ließ sich den Vorteil ihrer Unentschlossenheit nicht entgehen. Er drang unbarmherzig in sie.

      »Liebst du mich?« flüsterte er ihr ins Ohr.

      »Du weißt, wie zärtlich ich dich liebe.«

      »Nimm Richard die Möglichkeit, uns zu trennen, Natalie.«

      »Uns trennen? Wir sind ja Blutsverwandte! Selbst wenn er den Versuch machen wollte, uns zu trennen, so würde Papa das nicht erlauben.«

      »Merk‘ wohl auf meine Worte: Er wird den Versuch machen. Er braucht ja nur

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