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nach England zurückkehrten, war Madame noch immer Wittwe und schien auch nicht die mindeste Lust zu haben, ihren Stand zu verändern.

      Zuerst gingen wir nun nach der Besitzung in Yorkshire, wo sich meine Herrin indessen wenig zu gefallen schien. Wir kehrten deshalb nach Darrock-Hall zurück und knüpften hier mit der Nachbarschaft einen sehr lebhaften, geselligen Verkehr an, den Frau Norcross, so lange sie an ihren kränklichen Mann gefesselt war, entbehrt hatte.

      Bei ihrem Besuche in einer befreundeten Familie war es nun, wo sie damals einen jungen Mann kennen lernte, welcher den sehr wenig interessanten Namen James Smith trug. Er war sein großer, schöner, junger Mensch mit langem, glänzend schwarzem Haar und dem dunkelsten, dichtesten Backenbart, den ich je gesehen habe. Dazu hatte er einen kühnen, beinahe herausfordernden Blick, und dies und seine vorlaute, kecke Art zu sprechen, machten ihn zu einer ziemlich auffallenden Persönlichkeit. Herr Smith war, wie ich von seinem Diener hörte, ohne Vermögen, aber er gehörte einer bekannten, guten Familie an und war Gentleman sowohl durch Geburt, wie durch Erziehung. – Was meine Herrin an diesem Manne besonders gefiel, weiß ich nicht zu sagen, aber als sie beim Abschiede ihre Freunde einlud, sie zu besuchen, war Herr Smith bei dieser Einladung mit inbegriffen.

      Wir hatten damals eine lustige, heitere Zeit in Darrock-Hall und namentlich schien der fremde junge Mann sich bei uns sehr zu gefallen und sich ganz wie daheim zu fühlen. Ich war erstaunt über den vertraulichen Ton, in. welchem Frau Norcross mit ihm verkehrte und machte in der Stille meine Bemerkungen darüber – dennoch traf es mich unerwartet und wie, ein Donnerschlag, als ich nach einigen Monaten hörte, daß sie sich Herrn Smith verlobt habe und sich demnächst mit ihm verheirathen würde. Ich konnte mir anfänglich gar nicht denken, daß sie zu diesem unbesonnenem, nicht selten brutalen Manne, der keinen Pfennig besaß, heruntersteigen sollte.

      Dennoch wurde die Heirath kurze Zeit darauf geschlossen und nachdem die Neuvermählten mehrere Wochen aus einer Hochzeitsreise zugebracht hatten, nahmen sie ihren bleibenden Aufenthalt in Darrock-Hall.

      Ich wunderte mich darüber im Anfange, denn Darrock-Hall war ein einsamer, beinahe düsterer Ort, der zu Herrn Smiths heiteren, geselligen Gewohnheiten und zu seiner Ruhelosigkeit sehr wenig paßte, aber ich kam bald dahinter, daß es die Lage der Besitzung, d. h. die Nähe eines Seehafens war, die ihn zu dieser Wahl bestimmt hatte. Er kannte fast nur eine Leidenschaft und das war die, in einer Yacht auf dem Meere zu segeln. Alle anderen Amüsements, wie z. B. Musik, Lectüre u. s. w. waren ihm dagegen völlig gleichgültig. Auf dem Wasser zu fahren, schien ihm ein so über Alles gehendes Vergnügen, daß ich fast auf die Vermuthung gerieth, er habe meine Herrin nur geheirathet, um das zum Ankauf eines eigenen Fahrzeuges nöthige Geld in die Hände zu bekommen.

      Sei dem indessen, wie ihm wolle; Thatsache ist, daß er bald nach seiner Verheirathung seine Frau aufforderte, ihm eine hübsche Yacht zu kaufen, die gerade damals im Hafen lag. Frau Norcross, oder wie sie jetzt hieß, Frau Smith, zeigte anfänglich wenig Lust, auf seinen Wunsch einzugehen. Sie selbst fand wenig oder gar kein Vergnügen an dieser Art von Sport, denn sie litt sehr von der Seekrankheit, und da sie ihren Mann liebte, so konnte es ihr nicht gleichgültig sein, wenn er sich einem Amüsement hingab, an dem sie nicht theilnehmen konnte, das ihn also fern von ihr hielt. Dennoch setzte ihr Gatte seinen Wunsch durch. Er versprach, niemals ohne ihre Einwilligung zu reisen und niemals länger als acht oder zehn Tage auszubleiben, und schließlich ließ sich meine Herrin, die das gütigste, uneigennützigste Wesen von der Welt war, überreden, ihm das Fahrzeug zu kaufen.

      Während nun Herr Smith seinem Vergnügen nachging, verlebte seine Frau sehr stille Tage in Darrock-Hall. Die Nachbarn, mit denen sie in geselligem Verkehr stand, wohnten größtentheils so entfernt, daß sie dieselben nur sah, wenn sie von ihnen auf mehrere Tage eingeladen wurde, oder sie zu sich einlud, und in dem nahe gelegenen Dorfe gab es nur einen einzigen Menschen, den Frau Smith in ihrem Hause sehen konnte, nämlich den Geistlichen.

      Herr Meeke, so nannte sich der Prediger, war ein sehr eigenthümlicher Mensch. Er war noch sehr jung, fühlte sich sehr einsam in seiner Stellung hatte ein sanftes, melancholisches Gesicht und war schüchtern, wie ein Mädchen. Im Ganzen war er ein armer, schwächlicher Mensch und der schlechteste Redner, den ich je gehört habe. Das einzige, wozu er Geschick zeigte, war die Musik. Er spielte sehr gut Violine und dies Talent war es namentlich, was ihn meiner Herrin werth machte. Sie spielte selbst ausgezeichnet Pianoforte und war hoch erfreut, in Herrn Meeke Jemand gefunden zu haben, der sie accompagnirte und neue Compositionen mit ihr übte. In ihrer Einsamkeit war er allerdings ein Schatz für sie und der junge Geistliche fühlte sich, nachdem er seine anfängliche Schüchternheit überwunden hatte, in dem schönen Musiksalon von Darrock-Hall und in Gesellschaft einer so liebenswürdigen und zugleich gütigen Dame nur zu glücklich.

      So kam es, daß meine Herrin und Herr Meeke während der Abwesenheit Herrn Smiths sehr viel zusammen waren und mit einander musicirten. Es war das harmloseste, unschuldigste Verhältniß unter der Sonne , aber trotz seiner Harmlosigkeit sollte es die Veranlassung zu all dem Unheil geben, das späterhin hereinbrach.

      Herr Smith hatte den armen kleinen Prediger von vornherein ganz anders behandelt, als seine Frau. Der unruhige, heftige, laute Mann fand den stillen , schwachen, weibischen Geistlichen sehr wenig nach seinem Geschmack und gab sich keine Mühe, dies zu verbergen. Herr Meeke hingegen fürchtete sich offenbar vor der heftigen Sprache und den rauhen Manieren des Schloßherrn und so war es kein Wunder, daß er vorzog zukommen, wenn er die Gewißheit hatte, Frau Smith allein zu treffen. Meine Herrin dachte dabei nichts Böses, sonst würde sie wohl Sorge getragen haben, daß ihr Gemahl, wenn er entweder von einem längeren Spazierritt oder einer mehrtägigen Wasserparthie nach Hause zurückkehrte, nicht so oft den jungen Geistlichen bei ihr angetroffen hätte, wie es in der That geschah.

      Herr Smith schien die Sache anfänglich spaßhaft zu finden und begnügte sich mit einigen nicht eben zarten Witzen über den unzertrennlichen Gesellschafter seiner Frau, bald aber nahm seine Stimmung eine andere Färbung an. Er zeigte sich finster und ärgerlich, wenn er Herrn Meeke in Darrock-Hall antraf und machte schließlich kein Geheimniß daraus, daß er eifersüchtig war. Er sagte das allerdings nicht mit klaren Worten, aber er zeigte den Zustand seines Innern so deutlich, daß seine Gattin sich nicht darüber täuschen konnte.

      Frau Smith gehörte indessen zu jenen Frauen, die sich von denen, die sie lieben und achten, sehr leicht leiten und, lenken lassen, die sich aber gegen jede Ungerechtigkeit, gegen Druck und Tyrannei mit großer Festigkeit auflehnen und vertheidigen, Die bloße Vermuthung, daß ihr Mann einen entehrenden Verdacht hegen könnte, brachte sie in Feuer und Flamme, und sie wählte das für eine Frau natürlichste, aber in diesem Falle verderblichste Mittel, um einen solchen Verdacht zurück zu weisen. Je rauher sich ihr Gemahl Herrn Meeke gegenüber zeigte, desto gütiger begegnete sie ihm. Dies führte natürlich zu ernsten Auseinandersetzungen und schließlich zu einem heftigen Zank, dessen unfreiwilliger Zeuge ich war, denn er fand im Garten, dicht vor den Fenstern des Speisesaales statt, wo ich eben beschäftigt war, den Frühstückstisch zu decken.

      Ich will, was ich hörte, nicht Wort für Wort wiederholen. Um die Heftigkeit der Scene und die beiderseitige Erbitterung. zu schildern, wird es genügen, wenn ich sage, daß Frau Smith ihrem Manne vorwarf, er habe sie nur Geldes wegen geheirathet und halte sich nun so viel als möglich fern von ihr, während er sie zugleich mit einem Verdacht verfolge, der zu nichtswürdig sei, als daß eine ehrenhafte Frau ihn je vergessen und vergeben könne. Er antwortete mit gleicher Heftigkeit und verbot ihr in der entschiedensten Weise, jemals Herrn Meeke wieder zu empfangen.

      Frau Smith dagegen erklärte, daß sie sich der tyrannischen Laune eines Mannes niemals fügen werde, namentlich dann nicht, wenn er ihr befehle, einen achtungswerthen Geistlichen zu insultiren, indem sie ihm ihr Haus verschließe.

      Herr Smith antwortete darauf mit einem entsetzlichen Fluche, befahl, sogleich sein Pferd zu satteln und sagte, daß er nicht eine Minute länger mit ihr unter demselben Dache bleiben wolle, daß er aber sie und alle ihre Schritte sorgfältig bewachen lassen werde und daß er, wenn Herr Meeke die Schwelle des Hauses noch ein Mal überschreite, zurückkommen und ihn mit der Hundepeitsche hinaus peitschen wolle, trotz seines schwarzen Stockes. Mt diesen Worten ging er, schwang sich auf sein Pferd und ritt davon, um sich auf seine Yacht zu begeben. Frau Smith behielt ihre Fassung, bis er ihr aus dem Gesicht entschwunden war,

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