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verhalten. Da gibt es Kinder, die beiden Eltern gleichen, selbst wenn diese untereinander ganz verschieden sind; dann gibt es Kinder, die keinem von ihren Eltern ähnlich sehen, Kinder, die nur dem Vater und andre, die nur der Mutter ähnlich sehen, ja endlich auch Kinder, die Vetter Peter oder dem jungen Mann, der Provisor in der Apotheke war, ähnlich sehen – und das Ganze kann doch in Ordnung sein.

      Das Geheimnis ist wohl dies, daß die Kinder in den allermeisten Fällen ihren Eltern gar nicht ähnlich sehen, sondern daß die Umwelt, die gewisse Gesetze zur Beruhigung des Gemütes und die Gewißheit, daß alles mit rechten Dingen zugegangen ist, braucht, mit Fleiß einzelne an und für sich unbedeutende Phänomene heraussucht, die beiden Parteien, oder richtiger Eltern und Kindern, gemeinsam sind. Das geht so leicht, wenn Vater rothaarig ist und Peter dieselbe Kouleur hat. Mutters braune Augen sind lange kein so gutes Ähnlichkeitsmerkmal, sintemal es viele braune Augen in der Welt gibt. Aber das Prinzip ist dasselbe, ob es sich nun um die Farbe von Haar und Augen, die Form der Nase oder kleine innere Eigentümlichkeiten, wie Reizbarkeit, Lust die Unwahrheit zu sagen, oder Milde und Reinheit in Gedanken, die sie von der Mutter geerbt hat, handelt.

      Diese mehr allgemeinen Betrachtungen seien vorausgeschickt, damit der verständige Leser selbst aus dem Folgenden entnehmen kann, welche von den bei den Eltern hervorgehobenen Eigentümlichkeiten sich bei den Busgaardschen Kindern wiederfanden. Dadurch bleibt es dem Autor erspart, ein doch nicht völlig erschöpfendes Bild von etwas so schwer Bestimmbarem wie zwei jungen Mädchen von 18 und 22 und zwei Knaben von 14 und 10 Jahren zu geben.

      Vier Kinder gab es also in der Familie Busgaard. Die älteste war Martine Luthera getauft, so genannt nach dem Reformator von Wittenberg. Sie hätte ein Junge werden sollen. Wie erzählt war Busgaard ein bestimmter Mann; er hatte bestimmt, daß er vier Kinder haben wollte, zuerst zwei Knaben, dann zwei Mädchen. Es ging wie es immer geht, er bekam vier und auch zwei Jungen und zwei Mädchen, wie bestimmt, aber die Mädchen kamen zuerst, und doch wollte Busgaard die Namenliste nicht ändern. Der älteste, zu geistlicher Tätigkeit bestimmte Sohn wurde also eine Tochter und zu ihrem eignen Kummer und gegen ihren kräftigen Protest in der Kirche Martine Luthera getauft. Nummer zwei, die wir unter dem Namen Monny kennen, hieß Monradine, genannt nach dem Staatsmann, Krieger und Bischof Ditlev Gothard Monrad; das arme Kind trug sein Geschick mit einer gewissen Ergebung und sprach seinen Namen so aus, daß man glaubte, es sei Konradine. Allmählich gewöhnte sie sich an den flotten Namen Monny, der zu einer Zeit, wo die Engländer mit ihrem Tee, ihren Moden und ihrem Sport die Welt eroberten, ganz angenehm in Monnys Ohren klang.

      Schlimmer war es mit den Knaben. Nummer drei hieß Tyrus Dannebod Busgaard, und der jüngste hieß Margarethus. Leser, die dänische Geschichte kennen, werden dies begreifen und möglicherweise verzeihen. Die beiden armen Jungen hatten schon jetzt viel ihrer Namen wegen durchgemacht. Wenn die Eltern nur bedenken wollten, wie wehrlos die ungetauften Kleinen den Namenattentaten ihrer Väter, Mütter und Tanten preisgegeben sind, wenn sie nur bedenken wollten, wie wichtig es ist, daß Kinder zivilisierte Namen bekommen und welch große Bedeutung in einem Namen liegen kann.

      Aber es ist fruchtlos hier zu predigen; die Tatsachen müssen sprechen.

      Die praktische Folge von Gutsbesitzer Busgaards Bestimmtheit war die, daß seine Kinder nicht so genannt wurden, wie sie getauft waren. Die zu täglichem Gebrauch eingerichtete Namenliste war folgende: Tine, Monny, Tyr und Tut. Das klang etwas affektiert, aber es war der offiziellen Namenliste weit vorzuziehen.

      Auf gleichem Fuß mit der Familie und zu dieser gerechnet stand außerdem ein Hund, der Treu hieß, und eine glänzendschwarze Katze, die Knurre hieß, sowie ein landwirtschaftskundiger Verwalter mit Namen Hans Klemmesen. Er war ein Vollblut-Jütländer von dem langschädeligen Typus, der nach dem Vater der jütländischen Bewegung direkt von Walhalls Göttern abstammt und der Prototyp des homo sapiens, d. h. des Menschen ist. Dieser Typus findet sich hauptsächlich in Himmerland und sporadisch in Salling. Mittelgroß, blondgelockt, mit guten festen blauen Augen, die mehr Einfältigkeit vorspiegelten, als ihnen innewohnte, einem Paar starker Fäuste, die einen Pflug festzuhalten verstanden und niemals ein Fünförestück losließen, einem Kindergemüt, das einen Hamburger Börsenjuden sicher und arglos machen konnte, kurz die ganze liebenswürdige Mischung von Vortrefflichkeit und Niedertracht, die den Jütländer zu dem macht, was er ist, in seinen und seiner Gesinnungsgenossen Augen der einzige richtige Däne – in den Augen der andern nichts, denn man soll sich höllisch in acht nehmen, auch nur ein böses Wort über einen Jütländer zu sagen, wenn es einem in der Welt gut gehen soll.

      Klemmesen erhielt 1200 Kronen im Jahr und legte 1400 zurück. – Erkläre das wer kann, aber es war so.

      Außer den hier erwähnten, zur Familie gehörigen Individuen muß noch einer genannt werden. Ein junger, schöner und in vieler Hinsicht tüchtiger Mann, Ingenieur John Willumsen, der mit dem Furchtbaren, wovon oben die Rede war. Er war wegen einer elektrischen Installation auf den Hof gekommen. Der Gutsbesitzer hatte bestimmt, daß ein altes Mühlenwerk mit dazugehörigem Teich in eine elektrische Kraftstation umgewandelt würde. Dies geschah, und Willumsen kam auf den Hof als Obermonteur und Leiter. Er gewann augenblicklich durch sein ausgezeichnetes Klavierspiel das Herz des Gutsbesitzers. Anfangs waren auch die Mädchen froh darüber, denn so hatten sie Ruhe; aber als der Ingenieur begann die Kur zu machen, schlug die Stimmung um. Tine war fest und sicher an Vetter Thomas verankert; sie betrachtete den Ingenieur mit hellen blauen Augen, in denen deutlich eine Abweisung zu lesen stand. Monny war mehr echtes Weib, ihre braunen Augen sandten den Männern manchen raschen Blick, aber da auch sie – wie wohl bekannt – einen Herzenserwählten hatte, kam in die Blicke bald Zorn und zuletzt Haß. Es kränkte sie, daß der Ingenieur ihr den Hof machte, und er, der die kleinen süßen Eigentümlichkeiten der Frau kannte, glaubte nur: sie wollte sich kostbar machen. Kurz, es kam zum Krieg. Der Ingenieur war arm wie eine Kirchenmaus, verschuldet dazu, wie man in der Stadt meinte, und Monny fand nun heraus, daß er sie ihres Geldes wegen haben wollte. Das machte sie ganz unversöhnlich und je weiter die Zeit vorschritt – der Ingenieur war jetzt drei Monate im Hause – um so mehr spitzte sich die Situation zu.

      Schlimmer war es, daß Gutsbesitzer Busgaard ganz offen die Pläne des Ingenieurs begünstigte und ihn um der Musik willen gern zum Schwiegersohn gehabt hätte.

      So standen die Sachen, als die 2500 Kronen aus dem Sekretär gestohlen wurden.

      Zwei Rechtsgelehrte

      Die Vorstellung, die die Allgemeinheit in der Regel mit einem Kriminalassessor verbindet, ist wohl folgende: ein dürrer, infolge seines geringen Gehaltes etwas schäbig aussehender älterer Herr, dessen Sprache bissig und spitz, dessen Augen kurzsichtig aber böse, dessen Wesen schroff und abweisend ist, und der überhaupt der Inbegriff alles Menschenfeindlichen und Unangenehmen ist. Die Vorstellung war in alten Tagen kaum ganz unberechtigt, aber es sind neue Zeiten gekommen, und die große internationale kriminalistische Bewegung hat das Kriminal- und Polizeigericht ganz umgewandelt. Humanität ist die Losung des Gerichtes, sein Ziel die Welt zu verbessern und zugleich die Bürger gegen die Verbrecher zu schützen, seine Mittel sind freundliche Behandlung und Entfaltung von Klugheit und Scharfsinn, unterstützt von internationalem Wissen; in Wirklichkeit fehlen den Assessoren des Gerichts nur die weißen Flügel, um für Gottes Engel eintreten zu können.

      Jedenfalls gibt es Leute, die das meinen.

      Und zugleich hat sich der Typus in Aussehen und Lebensweise geändert. Ein Kriminalassessor ist ein untadelig gekleideter Herr, der zur besten Gesellschaft der Stadt gehört, bei Premieren im Theater zu sehen ist, an dem geistigen Leben in dessen Zentrum teilnimmt und aus ehrlichem Willen danach strebt, ein hervorragender und repräsentativer Bürger in einer hochkultivierten Gesellschaft zu sein.

      Jedenfalls gibt es einige, die das meinen.

      Zu diesen gehörte Dr. juris Kriminalassessor Thomas Klem. Schlank, elegant, ein Jon Chamberlain mit Monokel und ultramodernem Anzug, ein gewandter Causeur, ein vortrefflicher Tennisspieler, ausgezeichneter Turner und Schwimmer. Dunkel, über Mittelgröße mit leicht gelichtetem Haar und 35 Jahr alt, ein Mann mit Sinn für das Schöne id est schöne Frauen, schöne Kunst, prächtige Landschaften und gute Pferde und für das Gute id est französische Küche, guten Wein und gute Zigarren sowie alles andere Gute.

      Das

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